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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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einem Auge zu. »Ab und an. Manchmal frag ich mich nur, ob JW sich nicht die eine oder andere zu viel genehmigt.«
    »Glaub ich nicht. Er hat den absoluten Überblick. Er hat Stil. Klasse. Du musst wissen, er hat mir viel von eurer Welt erzählt.« Jorge staunte über sich selbst. Hatte sich einer wildfremden Frau gegenüber geoutet.
    Sophie outete sich ebenfalls, erzählte ihm von ihren Befürchtungen. Dass JW ihr in der letzten Zeit so nervös vorkam. Dass er kaum für die Uni lernte. Sein Tagesablauf sich total verschoben hatte. Er schlecht schlief. Und dass sie ihn besser kennenlernen wollte, um ihm helfen zu können.
    Jorge hörte zu. Begriff, warum sie sich mit ihm hatte treffen wollen.
    Die Zeit verging wie im Flug. Sie unterhielten sich über andere Dinge: Filme, die Kneipen rund um Stureplan, Sophies Studium, JW s Outfit, Jorges Familie.
    Verrückte Kombination: gefakter Mestizenflüchtling, der König des Kokses in den Vororten. Zusammen mit der hübschesten Snobbraut der Stadt.
    Noch verrückter – sie verstanden sich prächtig.
    Es wurde zwölf Uhr. Sie hatten über drei Stunden zusammengesessen und geredet.
    Im Nachhinein dachte Jorge: Wie es der Zufall doch manchmal so will. Du triffst jemanden zum ersten Mal in deinem Leben. Einen Tag später siehst du dieselbe Person wieder. Oder du hörst ein Wort, das du noch nie zuvor gehört hast. Und ein paar Stunden später hörst du genau dieses Wort noch einmal. Oder jemand, den du kennst, erweist sich als naher Verwandter eines anderen Bekannten, ohne es je erwähnt zu haben. Oder genau in dem Moment, in dem du an eine bestimmte Person denkst, steigt just diese Person in dieselbe U-Bahn. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit? Aber es kommt tatsächlich vor.
    Oder vielleicht ist alles gar kein Zufall. Vielleicht spielt sich das Leben in einem grobmaschigen Netz aus Zufällen ab. Aus gesammelten Informationen. Gebündelt und an ihren Empfänger geleitet mittels dessen, was wir Zufall nennen.
    Jorge betrachtete das Ganze allerdings recht pragmatisch. Sein simples Credo:
Cash is king.
    Konnte es dennoch nicht seinlassen, sich zu wundern: Das, was er gerade eben im Sturehof erlebt hatte, muss reiner Zufall gewesen sein.
    Oder auch nicht.
    Eine Gruppe junger Schnösel kam vorbei. Jacketts, aufgeknöpfte Hemden. Gerade geschnittene Jeans. Manschettenknöpfe. Teure Armbanduhren. Breite Gürtelschnallen mit den Monogrammen der Luxusmarken.
    Am auffälligsten – die nach hinten gegelten Frisuren.
    Die aufstrebenden Goldjungs von Stureplan.
    Sophie stand auf. Umarmte und küsste einen nach dem anderen auf die Wangen. Kicherte über ihre Witze.
    Jorges Auffassung: ziemlich offensichtlich, wie übertrieben sie sich freute, sie zu sehen.
    Sie stellte ihnen Jorge nicht vor. Wäre vielleicht auch zu viel des Guten gewesen. Und dennoch versetzte es ihm einen Stich.
    Die Möchtegern-Snobs verschwanden in die O-Bar, den internen Partybereich des Sturehof.
    Er fragte: »Wer waren die denn?«
    »Ach, niemand Besonderes. Nur ein paar Bekannte.« Sophie wirkte verlegen. Jorge dachte: Sie schämt sich, weil sie mich ihnen nicht vorgestellt hat.
    »Freunde von JW ?«
    »Ein paar von ihnen kennen JW .«
    »Aha, und wer denn?«
    »Der mit dem Nadelstreifenjackett, das ist Nippe. Der mit dem schwarzen Mantel heißt Fredrik. Er ist übrigens ein Kumpel von Jetset-Carl. Kennst du ihn?«
    In Jorges Kopf: Jetset-Carl? Kam ihm irgendwie bekannt vor.
    Er dachte nach.
    Jetset-Carl.
    Merkte sich den Namen.
    Jätte Karl.
    »Jetset-Carl? Nee.«
    Sophie klärte ihn auf: über die Clubs und die Feste. »Jetset-Carl ist der größte Organisator von Partys auf Stureplan. Obwohl er sich, ehrlich gesagt, den Frauen gegenüber manchmal ziemlich schleimig benimmt.«
    Ihre letzten Worte ließen ihn aufhorchen.
    In Jorges Kopf: ein Ausruf – ähnlich dem der Matadore in dem Buch vom Stier Ferdinand, das immer am Weihnachtsabend vorgelesen wurde: Ihn wollen wir haben!

41
    JW stand zeitig auf. Spürte seine eigene innere Anspannung. Er hatte den Zeitplan im Kopf, heute würde es geschehen. Wenn alles glattging, würden sie die ganz großen Macher treffen. Diejenigen, die in direktem Kontakt mit den Kartellen in Südamerika standen. Die gigantische Lieferungen abwickeln konnten. Die JW einen kometenhaften Aufstieg in der K-Branche bescheren würden.
    Er saß allein im Frühstücksraum des Hotelrestaurants und wartete darauf, dass Abdulkarim und Fahdi herunterkommen würden, während er eine englische

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