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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Kavalierstart hin.
    Es gab also doch einen Gott.
    Die Sirenen kamen näher.

8
    Schon von Sturecompagniet aus konnte man die Schlange erkennen. JW war mit den Boys unterwegs; sie gingen die Sturegata hinauf. Sie waren richtig heiß, voller Energie und hatten Biss. JW spürte es im ganzen Körper – sie waren in Hochstimmung.
    Kurz zuvor hatten sie im Nox gegessen. Einen guten Wein zum Essen bestellt. Sie waren jetzt seit zwei Wochen nicht mehr unterwegs gewesen, und die unterdrückten Bedürfnisse der Boys machten sich bemerkbar: Putte wollte knutschen, Fredrik einen heben, Nippe Mädels jagen. JW war rastlos, er wollte seinen neuen Nebenjob austesten und sein Revier abstecken.
    Dreißig Gramm Eis, die ihm gehörten – auf Pump vom Araber – lagen in zehn Briefmarkentütchen verpackt, Red Line, jeweils drei Gramm. Im Augenblick hatte er sechs Gramm in der Tasche. Der Rest lag hinter einem Heizkörper im Treppenaufgang von Frau Reuterskiöld versteckt.
    Die Boys schlenderten die Straße entlang. JW machte raumgreifende Schritte und drehte dabei die Schuhspitzen nach außen. Dachte an den Soundtrack von
Men in Black.
    Die Schlange war eigentlich gar keine Schlange, sondern eher ein Organismus von menschlichen Körpern. Die Leute schrien, winkten, drängelten, rempelten sich gegenseitig an, kotzten, weinten, flirteten. Die Securityleute taten ihr Bestes, um Herr über die Massen zu werden. Wiesen alle Personen hinter den Absperrungen in unterschiedliche Reihen ein. Die Reihe für alle mit Kharma-Karte. Die Reihe für alle mit VIP -Kharma-Karte. Die Reihe für alle mit VIP - VIP -Karte. Der Rest brauchte sich gar nicht erst die Mühe zu machen. Es ist voll. Wir lassen heute Abend nur Stammgäste rein. Kapiert? Es ist VOLL .
    Breitschultrige Typen mit Footballstatur drohten mit Schlägen, Börsianer winkten mit zusammengefalteten Fünfhundertern. Mädels boten Oralsex. Doch ein Türsteher nach dem anderen ließ sie abblitzen. Über dem ganzen Trubel lag ein Ausdruck in der Luft, den keiner aussprach, den aber alle, die nicht durch das samtbezogene Seil hereingelassen wurden, nur allzu deutlich zu spüren bekamen: Selbsterniedrigung.
    Es dauerte allein schon fünf Minuten, sich nur bis zu den Türstehern vorzuarbeiten. Einige Leute verstanden die Gesten und machten den Boys Platz. Andere glaubten eher an Gerechtigkeit und versuchten sie zurückzuhalten. Setzten ihre Ellenbogen ein.
    Nippe nickte dem einen Doorman zu.
    Sein grenzenloses Selbstvertrauen, an dessen Nachahmung JW arbeitete, funktionierte wie erwartet. Sie passierten das Seil. Mit der Erniedrigung sollten sich die anderen herumschlagen. Ein Gefühl, noch schöner als Sex.
    An der Kasse erwartete sie Carl, ein großgewachsener Blondschopf mit klaren Zügen. Der Typ war Jetset hoch zehn. Wurde dementsprechend auch Jetset-Carl genannt. Ihm und einem Kompagnon gehörte der Club. Kharma, ein Stammlokal vor allem der Snobs.
    Nippe breitete die Arme aus. »Hallo, Calle. Der Laden läuft wie immer gut, wie ich sehe. Ziemlich viele Leute unterwegs heut Abend. Nicht schlecht.«
    »Tja, wir sind ganz zufrieden. Von Schwedler ist heute Abend da, ordentlich was los. Habt ihr einen Tisch?«
    »Selbstverständlich, wie immer.«
    »Schön. Wir reden später noch. Viel Spaß, Jungs.« Jetset-Calle ging wieder hinein.
    Nippe verlor für einen Moment die Fassung. Erst laberte der Typ dumm rum, und dann fertigte er sie einfach so ab. JW hingegen dachte: Hat doch funktioniert, also was soll’s.
    Das Mädel an der Kasse erkannte Nippe wieder. Sie winkte die Jungs vorbei.
    Drinnen war es halb leer.
    Nippe und JW wechselten einen Blick. Prusteten laut los. Die Rufe der Türsteher von draußen hörte man bis nach drinnen. »Es ist voll, heute Abend nur noch Leute mit Stammkarte.«
     
    Eine Stunde später kniete Nippe in der Herrentoilette über einen Klosettdeckel gebeugt, diverse Papierservietten unter sich auf dem Boden ausgebreitet.
    Putte nutzte die Gelegenheit, um heimlich eine Marlboro light zu rauchen, während er die Melodie des Eurotechnosongs von der Tanzfläche mitsummte. »Warum ist eigentlich gerade diese Art von Musik im Kharma so angesagt? Warum nicht was mit ein bisschen mehr Gesang, vielleicht RnB oder Hiphop. Oder ehrwürdiger alter Pop à la Melody Club. Aber nein, sie spielen im Prinzip immer nur diesen verdammt tristen Mainstream-Party-Eurotechno. Schund sozusagen.«
    JW langweilte Puttes Besserwisserei in Sachen Musik bisweilen. Der Typ hatte zu Hause über

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