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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Schwedisch, Englisch, Sozialkunde, Geschichte, Französisch. Aber die Schule war nie so richtig mein Ding. Ich wollte eigentlich Rechtsanwältin werden.«
    »Das kannst du doch immer noch, oder?«
    »Nein, inzwischen hab ich zwei Kinder.«
    JW klang aufrichtig erfreut. »Wie schön. Wie alt sind sie denn?«
    »Ein beziehungsweise drei Jahre, und das ist überhaupt nicht schön, denn mein Typ hat mich fünf Monate vor der Geburt des Jüngsten verlassen. Ich werd also hier in diesem Laden mein Dasein fristen, bis die Cellulitis mich aufgefressen hat.«
    »Das tut mir leid. Aber sag so etwas nicht. Letztlich ist alles möglich.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Klar. Ich kann es bestätigen. Kannst du nicht noch ein wenig mehr von Camilla erzählen?«
    »Aber warum? Die Polizei hat vor vier Jahren schon nach allem gefragt. Und ich weiß sowieso nichts.«
    »Okay, ganz ruhig. Ich bin nur neugierig. Du musst wissen, dass ich meine eigene Schwester kaum kannte. Deshalb interessiere ich mich natürlich dafür, welche Fächer ihr zusammen hattet und so weiter.«
    »Ich wär mit Sicherheit eine gute Rechtsanwältin geworden, ich kann nämlich wirklich gut argumentieren, wenn es nötig ist, aber dann kam Pierre und hat mir alles vermiest. Und jetzt steh ich hier. Weißt du, was eine Angestellte in so einer Boutique verdient?«
    JW dachte: Aus dem Mädel wäre nie und nimmer eine Juristin geworden. Sie hatte ja überhaupt keinen Plan.
    »Du kannst dich also nicht daran erinnern, welche Fächer ihr zusammen belegt habt?«
    »Mal überlegen. Ich glaube, wir hatten Schwedisch und Englisch gemeinsam. Haben zusammen Hausaufgaben gemacht, für die Prüfungen gelernt. Sie bekam gute Noten, obwohl wir ganz schön oft schwänzten. Und ich bekam Scheißnoten. Hab nie kapiert, wie Camilla das fertigbrachte. Aber ich kannte sie ja auch nicht besonders gut.«
    »Kennst du noch jemanden, mit dem sie öfter zusammen war?«
    Susanne zögerte etwas zu lange.
    »Eigentlich nicht.«
    JW schaute ihr in die Augen. »Bitte, Susanne. Meine Schwester bedeutet mir sehr viel. Hab ich denn nicht das Recht, dir diese Fragen zu stellen? Ich möchte einfach nur ein wenig mehr über Camillas Leben erfahren, bitte.«
    Susanne wand sich, schaute hinüber zu den leeren Kassen, als sei sie gezwungen, irgendeinem unsichtbaren Kunden weiterzuhelfen. Ziemlich genervt.
    »Ich glaub nicht, dass sie mit irgendjemandem in den anderen Kursen befreundet war. Camilla war eher eine Einzelgängerin. Aber sprich mal mit ihrem Schwedischlehrer Jan Brunéus. Vielleicht weiß er mehr.«
    »Prima. Unterrichtet er denn noch auf dem Komvux, weißt du das?«
    »Keine Ahnung. Manche haben es halt geschafft und andere nicht. Ich hab ja nie meinen Abschluss gemacht. Hab seitdem nie wieder meinen Fuß da reingesetzt und werd es auch nicht wieder tun. Also, keinen blassen Schimmer, was Jan macht. Es gibt ja auch Verkäuferinnen, die ’ne ganze Menge Kohle haben. Manche gewinnen zum Beispiel in Dokusoaps und anderen Shows. Camilla hätte sich da bestimmt auch gut gemacht.«
    Susanne gab ihm schließlich zu verstehen, dass sie zu tun hatte. JW kapierte den Wink mit dem Zaunpfahl und fuhr wieder nach Hause. Fragte sich, was Susannes letzter Kommentar wohl zu bedeuten hatte: Dokusoaps und Camilla – wo war da der Zusammenhang?
    Er kam zu dem Schluss, dass er sich wieder auf sein Studium und den Verkauf von K konzentrieren musste und nicht noch mehr Zeit in seine Detektivspiele investieren konnte. Die Susanne-Pettersson-Spur brachte ihn auch nicht weiter. Das Mädchen hätte bestimmt längst etwas gesagt, wenn sie etwas wüsste.
     
    JW saß gerade zu Hause über seinen Studienunterlagen, als Abdulkarim ihn auf seinem Handy anrief. Der Araber wollte ein Treffen vereinbaren – am liebsten noch heute. Sie verabredeten sich zu einem späten Mittagessen im Hotel Anglais in der Sturegata.
    JW widmete sich wieder seinen Büchern. Sein Studium durfte auf keinen Fall ins Hintertreffen geraten. Denn er hatte sich selbst geschworen: Schnupf gern ab und zu mal Kokain, verticke das Zeug, verdiene daran Millionen und amüsier dich – aber gib niemals die Universität auf. Er konnte es bei den Boys beobachten. Es gab zwei Sorten von Menschen, für die der Papa bezahlte. Die Gewissheit darüber, niemals unter finanziellen Sorgen zu leiden, ließ die einen träge, faul, dumm und geschwätzig werden. Sie schissen aufs Studium, fielen bei den Prüfungen durch und traktierten letztlich diejenigen, die Ambitionen

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