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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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zurück. JW musste sich also weiter um ihn bemühen. Es dauerte über eine Woche, bis er ihn persönlich erreichte.
    Schließlich kam es zu einem gemeinsamen Gespräch, das JW als absolut ernüchternd empfand. Der Rechtsanwalt besaß letztlich auch nicht mehr Informationen, als im Insolvenzverwalterbericht standen. Das Unternehmen verfügte über keine Buchführung, keine Angestellten und nur sehr knapp gefasste Jahresberichte. Der Wirtschaftsprüfer befand sich zum aktuellen Zeitpunkt außer Landes, und es schien insgesamt unklar, wer die Aktien des Unternehmens hielt.
    Alle Spuren in Richtung Ferrari endeten in einer Insolvenz, die geradezu nach Kriminalität schrie. Es war mehr als augenscheinlich, dass dort etwas nicht stimmte, aber nichtsdestotrotz entledigte sich JW für einige Tage des Gedankens an das Auto. Er konnte ja sowieso nicht viel machen.
    Er versuchte, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
     
    Es funktionierte nicht. Die Gedanken drängten sich ihm immer wieder auf. Immerhin war seine Schwester verschwunden, und es musste doch wohl möglich sein, mehr darüber herauszufinden.
    Es war jetzt vier Jahre her, dass ein Polizist JW s Familie über den Schicksalsschlag unterrichtet hatte. »Normalerweise verhält es sich leider oftmals so, dass, wenn wir eine verschwundene Person nicht innerhalb von einer Woche finden, diese Person tot ist. Das Risiko dafür liegt bei neunzig Prozent.« Der Polizist setzte seine Erklärungen fort. »Oftmals ist die betreffende Person allerdings keinem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen, sondern es handelt sich um Unglücksfälle wie Tod durch Ertrinken, Herzattacken, unglückliche Stürze. Den Körper finden wir immer irgendwann. Und falls das nicht der Fall sein sollte, kann es an und für sich nur darauf hindeuten, dass andere Umstände den Todesfall verursacht haben.«
    Die Erinnerung an das Gespräch mit dem Polizisten brachte JW auf eine Idee. Er wusste, dass Camilla zuletzt am Abend des 21 . April von sich hatte hören lassen, bevor sie verschwand. An diesem Abend rief sie nämlich bei einer Freundin an, Susanne Pettersson, die übrigens die einzige Bekannte Camillas war, die die Polizei in Stockholm hatte ausfindig machen können. Allerdings teilte diese der Polizei mit, dass sie nichts wisse. Ihr einziger Kontakt mit Camilla habe darin bestanden, dass sie gemeinsam die Schule für Erwachsenenbildung, Komvux, besucht hätten. Vielleicht hatte er sich deswegen nicht früher um sie bemüht.
    JW s Einschätzung zufolge konnte die Polizei ihre Arbeit nicht gerade sorgfältig durchgeführt haben, denn sie hatten garantiert auch die Fotos von Camilla im Ferrari gesehen. Und dennoch wurden sie in ihren Berichten, die auch JW s Familie zugänglich gemacht worden waren, nicht erwähnt. Also konnte es durchaus sein, dass man darüber hinaus auch noch andere Dinge versäumt hatte.
    JW klammerte sich an die Aussage des Polizisten – eine von zehn verschwundenen Personen war nicht tot.
    Möglicherweise existierte Camilla also noch.
     
    Er musste einfach mehr herausfinden, war es seiner Schwester schuldig. Eine Woche nach dem Bescheid über das verstorbene Vorstandsmitglied von Dolphin Finans AB rief er Susanne Pettersson an. Sie unterhielten sich eine Weile. Sie hatte ihren Abschluss auf dem Komvux nie gemacht. Heute arbeitete sie als Verkäuferin bei Hennes & Mauritz in einer Ladengalerie in Kista. Als er ein persönliches Treffen vorschlug, wollte sie es lieber bei dem Telefonat belassen. Es war offensichtlich, dass sie kein Interesse daran hatte, die Geschichte um Camilla erneut aufzuwärmen.
    JW fuhr dennoch nach Kista. Irrte in den breiten, hellerleuchteten Gängen herum, bis er die Boutique von H&M fand und nach Susanne fragen konnte. Er stellte sich ihr vor. Sie standen mitten im Laden. Es war gerade Mittagszeit und dementsprechend wenig los. JW überlegte, inwieweit das Geschäft überhaupt Gewinne abwarf.
    Susanne hatte blondiertes Haar, doch man konnte die ursprüngliche dunkle Farbe unschwer am Haaransatz erkennen. Sie trug enge Jeans, deren Aufschläge sie in langschäftige Stiefel gesteckt hatte, und dazu ein rosafarbenes Top mit einem Logo über der Brust: Cleveland Indians. Ihre gesamte Körpersprache signalisierte: Ich will nicht mit dir sprechen. Verschränkte Arme, den Blick auf irgendeinen Punkt außerhalb von JW s Blickfeld gerichtet.
    JW versuchte, sie höflich auszufragen. »Welche Fächer hattet ihr denn gemeinsam?«
    »Ich hab fast alle belegt. Mathe,

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