Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
Vom Netzwerk:
Happy von Clinique unter die Arme und benutzte Feuchtigkeitscreme von Biotherm fürs Gesicht. Am Schluss massierte er Wachs in seine Haare – das schmierige Zeug ließ sich so schwer von den Händen abwaschen. Dann schaute er in den Spiegel und dachte: Ich sehe gut aus.
    Er verließ das Bad. Fröstelte. Zog sich Klamotten an. Zog den Kaschmirmantel drüber – ein Typ mit Klasse. Steckte seinen neuerworbenen MP 3 -Player, einen Sony im Miniformat, in die Tasche und die Stöpsel in die Ohren. Sie hielten nicht besonders gut und wollten ständig wieder rausfallen. Also versuchte er, sie schräg reinzusetzen. Stellte einen Song von Coldplay ein und ging hinunter in Richtung Sturegata. Ein heller Tag. Es war bereits fünfzehn Uhr zwanzig.
     
    Das Restaurant im Hotel Anglais war halb leer. An einem der Tische saßen zwei Bedienungen und falteten Servietten für das Abendessen. Hinter der Bar stand ein Typ in Jeans und T-Shirt und sortierte Flaschen. Aus den dezent verdeckten Lautsprechern kam Musik von Sly and the Family Stone. Nur zwei Gäste befanden sich im Lokal. Abdulkarim schien noch nicht gekommen zu sein.
    JW setzte sich möglichst weit von den anderen Gästen entfernt an einen Tisch am Fenster und bestellte einen Kaffee. Schaute durch die bodentiefen Fenster nach draußen auf die Sturegata. Er dachte an das erste Mal, als er Sophie und Anna auf je eine Nase im Park eingeladen hatte. Das Eingangstor zu seinem Netzwerk. Es war erst fünf Wochen her. Er hatte in dieser Zeit weitaus mehr neue Menschen kennengelernt als in seinem ganzen bisherigen Leben. Sozusagen kokainkontrollierte Freundeskartelle.
    Auf der Straße waren am Nachmittag um diese Zeit relativ wenige Leute unterwegs. Ein paar gestresste Börsianer in dunkelblauen Anzügen hasteten vorbei. Zwei Mütter mit Kinderwagen in der einen und Handy in der anderen Hand spazierten in Richtung Park. Eine von ihnen war wieder schwanger. JW musste an Susanne Pettersson denken. An ihrer Stelle wäre er wahrscheinlich ebenso verbittert wie sie. Eine ältere Dame mit einem Mops an der Leine ging vorbei. JW lehnte sich in seinem Stuhl zurück und griff nach seinem Handy. Schrieb eine SMS an Nippe und fragte, ob er heute Abend schon etwas vorhatte: »Wie wär’s mit einem Drink im Plaza?«
     
    »
Salaam Aleikum.
Wie läuft’s mit dem Studium?« Abdulkarims helle Stimme, nahezu ohne Akzent. JW schaute von seinem Handy auf.
    Abdul stand an seinem Tisch. Mindestens genauso viel Wachs in den Haaren wie JW , nur ein anderer Schnitt. Eine Art Pagenkopf. Abdulkarim trug grundsätzlich Anzüge, wobei er den Hemdkragen immer über dem Jackett anordnete. Als sei er ein ehrenhaft arbeitender Börsenmakler oder Rechtsanwalt. Was ihn allerdings verriet, waren seine Hosen. Sie waren dreimal weiter als die aktuelle Mode und hatten Bundfalten. Offensichtlich hatte sich der Rest der Welt nach 1996 ohne Abdulkarim weiterentwickelt. Das Einzige, was ihm in angemessener Weise gelang, war, ein elegantes Seidentaschentuch adrett in seiner Brusttasche zu placieren. Abdulkarim hatte einen besonderen Gang, bei dem er stets Haltung bewahrte. Lief ständig mit einem Dreitagebart herum, während die Augen in seinem unrasierten Gesicht dunkel leuchteten. Für JW lag die Quintessenz auf der Hand. Der Araber war der Inbegriff eines blasierten Türkensnobs.
    JW antwortete: »Das Studium läuft gut.«
    »Findest du nicht, dass es ein bisschen gay ist zu studieren? Wann wirst du endlich einsehen, mein Freund, dass es auch schnellere Wege zum Erfolg gibt. Ich hatte eigentlich gedacht, dass du es so langsam begriffen hast.«
    JW lachte. Abdulkarim setzte sich. Winkte mit dem ganzen Arm, um die Aufmerksamkeit einer der Bedienungen auf sich zu lenken. Typisch Abdul. Er machte ständig ausladende Gesten, eine für Schweden völlig untypische Unverschämtheit.
    Abdulkarim bestellte in Streifen geschnittenes Rinderfilet in Sesammarinade mit Nudeln. Trendy. Schaffte es unterdessen, die Telefonnummer der Bedienung zu erbitten, sie dazu zu bewegen, die Musik zu wechseln, die im Lokal gespielt wurde, und sie zu fragen, ob das Rind auch wirklich gut abgehangen war. Über seine letzte Bemerkung lachte er geschlagene fünf Minuten.
    JW bestellte eine Fischsuppe mit Aioli.
    »Sehr gut, dass wir uns hier treffen können. Ich hatte nämlich keine Lust mehr, immer nur am Telefon mit dir zu quatschen.«
    »Du hast recht. Wir müssen uns treffen, um zu feiern. Rosige Zeiten, Abdulkarim. Und wenn du mehr organisieren

Weitere Kostenlose Bücher