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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Gedanke war verlockend –, pfiff aber drauf. Ging zu den Häusern runter.
    Auf der linken Seite floss ein Bach. Romantisch. Eine Brücke. Laubbäume. Kieswege. Ein roter Kiosk. Schien dichtgemacht für den Herbst, obwohl sie den Plastikmann mit der Eiswerbung draußen vergessen hatten. Weiter hinten drei größere Häuser, dazwischen eine Kiesfläche. Schilder an den Häusern. Alte Schule. Altes Gemeindehaus. Alte Gendarmerie. Ein Paar mittleren Alters betrat gerade die Schule. Hier war er nicht richtig. Hier gab es keine Sommerhäuser. Das Ganze war ein verdammtes Museum.
    Wieder auf die größere Straße zurück.
    Er ging eine Weile. Fünfzehn Minuten. Keine Häuser in Sicht.
    Noch einmal fünfzehn Minuten. Sah schließlich weiter oben zwischen den Bäumen Häuser.
    Kam näher.
    Das erste schien bewohnt zu sein. Ein Volvo V 70 parkte davor.
    Er ging zum nächsten. Rundherum Wald.
    Jorge fragte sich, ob es so klug gewesen war, hier rauszufahren. An einen völlig fremden Ort. Einfache Fakten über Jorge: Er war nicht gerade der Typ, der als Pfadfinder aufgewachsen war. Hatte nur begrenzt Ahnung von einer Welt ohne Asphalt und McDonald’s.
    Das Haus lag ungefähr dreihundert Meter entfernt. War von dem ersten aus nicht einzusehen. Kein Auto vor der Tür. Es war groß. Zwei Glasveranden. Verblichene rote Farbe. Weiße Giebel. Grüngestrichene Fensterrahmen. Die untere Veranda war durch die wild gewachsenen kleinen Bäume und Büsche hindurch kaum zu erkennen. Jorge ging die Auffahrt hinauf. Der Kies knirschte. Die Eingangstür befand sich auf der Rückseite und wies zum Garten. Perfekt. Er guckte in die Fenster. Keiner zu Hause. Klopfte an die Tür. Keine Antwort. Rief hallo. Keiner kam raus. Ging wieder zum Weg runter. Weder ein Mensch noch irgendein Haus zu sehen. Ging wieder rauf. Hielt nach einer Alarmanlage Ausschau.
Nada.
Zog seine Handschuhe an. Schlug ein Fenster ein. Streckte vorsichtig seine Hand hinein. Wollte sich nicht schneiden. Hakte den Riegel aus. Es funktionierte. Er öffnete das Fenster. Stemmte sich hoch. Sprang hinein. Horchte. Kein Alarm. Er rief noch einmal. Keine Reaktion. Easy.
    Nach zwei Tagen in der Hütte fühlte er sich wie zu Hause.
    Hatte sich ein Zimmer, das nach hinten ging, als Schlafplatz eingerichtet. Mied die anderen Fenster. Hatte die Speisekammer auf Essbares untersucht und zugeschlagen. Reis, Pasta, Konserven, Bier, eingelegter Hering. Alter Kaviar. Nicht gerade sein Lieblingsessen, aber es taugte.
    Tagsüber machte er Liegestütze und sprang Seil. Zusätzliches Training: Sit-ups, Rückenübungen, Dehnungen. Wollte in Form bleiben. Nachholen, was er in der Nachtherberge versäumt hatte.
    Nervosität. Die Ohren weit aufgesperrt. Er horchte nach Fahrgeräuschen. Knirschendem Kies. Stimmen vor dem Haus. Nahm eine ausgetrunkene Bierdose und stellte sie auf den Griff der Haustür – wenn jemand käme, würde sie mit einem Scheppern zu Boden fallen und ihn wecken.
    Alles war ruhig. Still. Kein Laut zu hören. Verdammt öde.
    In zehn Tagen würde er Mrado anrufen.
    In der folgenden Nacht konnte er nicht schlafen. Seine Gedanken hielten ihn wach. Was sollte er nur machen, wenn Radovan sich weigerte, auf den Deal einzugehen? Wie würde er anderweitig an Cash kommen? Vielleicht sollte er tatsächlich mit jemandem aus der K-Branche Kontakt aufnehmen. Ein paar Gramm verticken. Das Zeug auf den Markt werfen. Knete machen. Wieder in seine alte Branche einsteigen.
    Was war wohl aus Sergio geworden? Eddie? Seiner Schwester? Seiner Mutter? Er musste sich endlich bei ihnen melden. Ihnen zu verstehen geben, dass sie ihm wichtig waren.
    Er musste an den Sångväg denken. Sein erstes Paar Fußballschuhe. Die Rasenfläche unten am Frihetsväg. Den Aufenthaltsraum in der Turebergsskola. Den Kellerverschlag im Haus. Seinen ersten Joint.
    Mann, was sehnte er sich nach dem Zeug.
    Er stand auf. Sah aus dem Fenster. Draußen begann es hell zu werden. Vom Boden stieg Nebel auf. Absolute Idylle. Er, Jorge, das Straßenkind, genoss das schwedische Landleben und schwelgte. Draußen war es verdammt schön.
    In dem Moment pfiff er drauf, ob ihn jemand sah.

14
    JW entwickelte sich schnell zu einem ziemlich begehrten Typen. Nach dem Fest auf Lövhälla Gård breiteten sich die Gerüchte wie Kreise auf dem Wasser aus, und es wurde wochenlang über das wüste Gelage geredet. Wie krankhaft verrückt Nippe gewesen war, wie abgefahren Jetset-Carl aussah, als er so richtig einen im Tee hatte, was für coole Witze

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