Spuk im Netz
»Schlaf nicht wieder ein. Ich muss mich um deine Freunde kümmern.«
Er war zu schwach, um zu widersprechen. In seinem Kopf hämmerte ein dumpfer Schmerz, und ihm war noch immer schlecht. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so elend gefühlt.
Peter und Bob erging es nicht besser als ihm. Felicia musste mindestens zehn Liter Kaffee gekocht haben, und mindestens neun davon landeten wenig später im Eimer. Während sie den Eimer hinaustrug, lagen die drei ??? stöhnend auf ihren Feldbetten und konnten sich nicht rühren.
Nach einiger Zeit kam Felicia wieder herein und setzte sich auf das vierte Bett. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich wusste nicht, wie ich euch sonst wecken sollte.«
Peter hob eine zitternde Hand und wischte sich über den Mund. »Was ... was ist denn passiert? Wir haben ... wir haben etwas gegessen und dann ...«
» ... dann war alles schwarz«, sagte Bob. »Justus?«
»Ein ... ein Schlafmittel«, sagte Justus. »Im Essen.«
»Genauer gesagt, im Saft«, berichtigte Felicia und zeigte auf die Kanne. »Zum Glück habt ihr nicht alles ausgetrunken, sonst hätte ich euch nie aufwecken können.«
Peter stöhnte. »Wieso hast du uns überhaupt geweckt? Ich will weiterschlafen.«
»Nein, Peter, warte mal.« Allmählich fing Justus´ Gehirn wieder an zu funktionieren. »Felicia, wie spät ist es?«
»Fast halb vier«, sagte sie. »Die Nacht ist halb vorbei, die Sonne geht um sieben auf. Wir haben nicht viel Zeit, also das Wichtigste zuerst: Wo ist Andromeda?«
Bestürzt starrten sie sie an. »Sie ... sie ist nicht hier?«, fragte Bob erschrocken. »Aber –«
»Sie muss hier sein«, sagte Justus. »Übrigens heißt sie nicht Andromeda. Ihr richtiger Name ist Carol Bennett, und sie ist die Leiterin der Bücherei von Rocky Beach.«
»Das wusste ich nicht«, murmelte Felicia. »Ich kenne nur den Namen Andromeda. Aber wenn ihr nicht wisst, wo sie ist – und wenn sie nicht hier ist, wo ist sie dann?«
»Das werden wir schon herausfinden.« Justus versuchte, den bohrenden Schmerz in seiner Schläfe zu ignorieren, und schob die Beine vom Bett. »Ich brauche was zu trinken.« Er griff nach der Saftkanne und tappte zur Tür.
Draußen schlug ihm die kalte Bergluft entgegen. Er atmete tief ein, und seine Kopfschmerzen wurden noch schlimmer. Der Hof lag wie ausgeschnitten im weißen Licht des Mondes. Justus kniff geblendet die Augen zu und ging zur Toilette, wo er die Kanne ausleerte und über dem Waschbecken neu füllte. Auf dem Rückweg schaute er erneut über den Hof. Dort stand der schwarze Jeep Cherokee unter einem Vordach, und Justus fröstelte plötzlich.
Sparing, dachte er.
Rasch kehrte er in die Waffenkammer zurück, die ihm jetzt eher wie eine Gefängniszelle vorkam. Gut roch es hier wirklich nicht; und er wollte ganz sicher nicht auf Mrs Sparings Rückkehr warten; je früher sie verschwinden konnten, desto besser.
»Sparing ist hier«, sagte er, trank und gab die Kanne weiter an Peter und Bob.
»Ja«, sagte Felicia nervös. »Wir müssen uns beeilen!«
»Zuerst müssen wir reden«, sagte Justus und machte trotz der schlechten Luft die Tür zu. »Was geht hier vor, Felicia? Was ist das für eine Spukgeschichte mit der ›Weißen Frau‹, die du ausgeheckt hast?«
Felicia holte tief Luft. »Ich habe einen dummen Fehler gemacht und Androme... Mrs Bennett in Gefahr gebracht.«
»Miss Bennett«, sagte Bob.
»Also gut, Miss. Sie war auf der Suche nach etwas. Ich dachte, ich hätte es gefunden oder könnte es ihr verschaffen. Aber ich wollte anonym bleiben. Also schrieb ich ihr in einer E-Mail, die Weiße Frau im Haus des Kepheus könnte ihr helfen. Ich legte die Webseite an und baute die Kamera auf. Dann machte ich ein paar alberne Fotos und setzte sie als ›Beweis‹ für den Spuk auf die Seite. Diese Geisterjäger im Internet glauben ja alles, was man ihnen vorsetzt.«
»Warum waren dir denn die Geisterjäger wichtig?«, fragte Bob. »Du hättest doch einfach Miss Bennett in dieser E-Mail erzählen können, was du wusstest. Warum so ein Ablenkungsmanöver?«
Felicia wich seinem Blick aus. »Ich war eben noch nicht ganz sicher ... und ich wollte nicht entdeckt werden.«
»Von wem?«, fragte Justus.
»Das ist unwichtig«, sagte sie schnell. »Wichtig ist nur, dass ich meine Information so gut versteckte, dass – dass dieser Jemand sie nie finden würde. Und aufschreiben durfte ich sie auch nicht. Also dachte ich mir das mit der Webcam und dem Winkeralphabet aus.«
»Wo hast du es
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