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Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Candice, dann kein Wort darin, dass Nofretete ein Pharao gewesen sei. Zu radikal. Die Serie geht über Frauen in traditionellen Rollen im alten Ägypten. Nicht über weibliche Könige.«
    »Archäologen lassen Hatschepsut als Pharao gelten, weil die Fakten nun mal für sich sprechen«, fuhr Candice fort, während Glenn Verbandmull, Heftpflaster und eine Schere aus dem Verbandskasten nahm. Er war noch nicht fertig mit ihrer Wunde. Das bedeutete erneute Berührung, intime Nähe.
»Ein
weiblicher Pharao reicht der konservativen, männerorientierten Welt der Ägyptologen.«
    Glenn legte eine sterile Wundauflage auf die Schnittwunde, dann nahm er Candices Hand und führte sie dorthin, damit sie den Mull auf der Stelle hielt, wobei er ihr Handgelenk so behutsam anhob, als sei es aus Porzellan. »Und warum glauben
Sie
, dass Nofretete ein König war?«
    Ihr Blick löste sich von dem Portrait und glitt zu den geschlossenen Vorhängen, hinter denen der Regen an die Scheiben klopfte. Wie Glenn ihre Hand an den Hals geführt hatte! Aber er hat doch nur einen Wundverband angelegt, schalt sie sich innerlich. Und doch hatte es sich so zärtlich angefühlt. »Es ist in den Überlieferungen zu finden. Man hat Tempelreliefs ausgegraben, die neue und unerwartete Darstellungen von Nofretete zeigen. Auf einem dieser Reliefs zum Beispiel steht sie neben Echnaton und ist
genauso groß wie er
 – gewöhnlich wurden die Gemahlinnen der Könige kleiner dargestellt. Auf anderen Reliefs ist sie mit königlichen Insignien versehen, wie sie Gefangene auf einem Schiff mit der Keule erschlägt.«
    Schnipp. Schnapp.
Und ein Stück Heftpflaster wurde zart über den Mull geklebt. »Sie könnte einfach nur eine starke Königin gewesen sein«, meinte Glenn.
    Er musste den Kopf neigen, um zu sehen, was er da tat. Candice bemerkte, wie sorgfältig sein Haar zurückgekämmt war. Und da war wieder dieser Duft von Hugo Boss. Sie sprach rasch weiter. »Es gibt noch mehr. In dem Moment, da Nofretete aus der Geschichte verschwindet, taucht ein Mann namens Semenchkare auf.«
    Schnipp. Schnapp.
Das zweite Stück Heftpflaster war an seinem Platz und fertig. »Echnatons homosexueller Geliebter.«
    »Das ist die vorherrschende Theorie, die auf Reliefs basiert, auf denen Semenchkare auf Echnatons Schoß sitzt und ihn küsst. Aber war Semenchkare wirklich ein junger Mann oder war es Nofretete in ihrer neu gewählten Rolle als Mit-Regentin? Semenchkare trug den Throntitel
Nefer-neferu-Aton
, denselben wie Nofretete.«
    Glenn lehnte sich zurück und inspizierte sein Werk. »Dieser Verband ist besser«, meinte er ein wenig stolz und auch erleichtert darüber, dass er jetzt ein bisschen Distanz zu Candice halten konnte. »Es wird schwierig sein, Beweise dafür zu finden. Die Amarna-Gräber sind inzwischen alle erforscht.«
    Candice war von seinem Wissen beeindruckt. »Wir schauen weiter, über die Amarna-Gräber hinaus. Echnatons Tempel und andere Gebäude wurden nach dem Zusammenbruch der Achtzehnten Dynastie allesamt abgerissen, und auf den Sockeln wurden neue Tempel errichtet. Wir haben bisher nur wenig Beweise gefunden, aber wir werden noch mehr finden.«
    Glenn ließ den Deckel des Verbandskastens zuschnappen. »Und natürlich werden
Sie
sie finden und Nofretete zur Wiederherstellung ihres verdienten Ruhms verhelfen?«
    »Ja.« Candice hätte gern mehr über die Frau erfahren, die mit ihm zusammen Berge erklommen hatte. War sie bei seinem Unfall dabei gewesen, traf er sie noch? Eigentlich ging sie das ja nichts an. Und einfach so danach fragen konnte sie auf keinen Fall.
    Sie schaute auf seine schönen schlanken Hände, als er die Verbandsreste zusammenräumte, und bemerkte eine merkwürdige Narbe an seiner rechten Hand, gleich neben dem kleinen Finger. Stammte die Wunde von einem seiner Einsätze? Eine verirrte Kugel vielleicht …
    »Ich bin mit Polydactylie geboren worden«, erklärte er, als er ihren Blick bemerkte.
    »Ich wollte nicht unhöflich sein.«
    »Ist schon gut. Ich hatte einen überzähligen Finger. Er wurde mir mit neun Jahren abgenommen.«
    »Mit neun! Warum so spät?«
    »Meine Mutter wollte nicht, dass er entfernt wird. Da war sie unerbittlich.«
    »Warum?«
    »Es lag in ihrer Familie, ihr Vater hatte ebenfalls sechs Finger an der rechten Hand. Vielleicht war sie stolz darauf. Am Ende siegte jedoch mein Vater, und der extra Finger wurde entfernt.«
    »In der Schule haben die Kinder Sie bestimmt dumm angemacht deswegen.«
    »Im Gegenteil, sie

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