Spur ins Eis
?«
»Statt geschäumter Milch.«
»Hm, das habe ich noch nie gehört, aber das ginge wahrscheinlich. Sie sind die Kundin.«
Er würde nicht den Mund halten können, wie er gehofft hatte, und er kannte sich gut genug, um zu wissen, dass er etwas Explosives und Schreckliches tun würde, wenn er einfach nur geduldig dabeistand und wartete, wie damals in Juarez.
Javier öffnete den Mund, sagte allerdings nicht, was er eigentlich sagen wollte, sondern nur etwas, um sich selbst herunterzufahren.
»Haben Sie es schon einmal mit normalem Kaffee probiert ?«, fragte er fröhlich. Die ganze Familie drehte sich zu ihm um. Javier lächelte, spürte aber gleichzeitig, wie der Hass durch seine Zähne entwich. »Heute Abend gibt es die Jubiläumsmischung. Sie sagen einfach nur ›Jubiläumsmischung, bitte‹. Keine komplizierte Bestellung. Und wissen Sie was ? Der Barista muss einfach nur einen Becher nehmen, oder eine Tasse, wenn es für hier ist, und sie füllen. Und dann sind Sie fertig, und die nächste Person kann bestellen.«
»Ich brauche lange, nicht wahr ?«, sagte die Mutter. »Entschuldigung.«
»Ist dies Ihr Lieblingsgetränk ?«
»Erwischt ! Ich trinke pro Tag zwei Chai Latte mindestens.«
»Ah.«
»Darf ich Sie zu Ihrem Kaffee einladen ? Für die Unannehmlichkeiten ?« Er sah ihr nicht an, ob es ihr wirklich leidtat oder ob sie ihn für ein Riesenarschloch hielt, aber er bewunderte, wie sie mit der Situation umging, auch wenn er sie eigentlich verachtete.
»Nein, danke.«
Aus dem Starbucks kam eine Familie mit einem Tablett voller Getränke.
Rachael beugte sich vor und hängte ihre Arme aus dem Fenster. Das Kinn stützte sie auf die Gummiabdichtung. Sie hob einen Arm und ließ ihn mit einem Knall gegen die Tür fallen.
Die Familie war schon an ihr vorbeigegangen, ohne Notiz von ihr zu nehmen.
Erneut hob sie den Arm und knallte ihn gegen die Tür. Der kleine Junge blickte sich um, und als er sie sah, kniff er die Augen zusammen.
Hilf mir. Er legte den Kopf schräg und starrte sie an. Rachael drückte ihr Gesicht an die Tür. Ihre Haut war leichenblass, sie schwitzte und schielte.
»Hilf mir«, formte sie mit den Lippen.
Der Junge trat an die Tür.
»Hilf mir«, flüsterte sie. »Ich gehöre nicht hierher.«
»Du siehst komisch aus«, sagte er. »Was ist mit deinen Augen los ?«
Rachael kämpfte gegen eine erneute Ohnmacht an.
»Dannie, komm endlich ! Du hältst alle auf !«
»Dad, mit der Frau stimmt irgendwas nicht.«
Oh, danke, danke. Das Heroin raste durch ihr Blut. Ihr wurde wieder schwarz vor Augen, und es fiel ihr zunehmend schwerer, sich auf den Jungen zu konzentrieren. Er schien in Devlins Alter zu sein. Jetzt stand ein Mann neben ihm und blickte sie mit gerunzelter Stirn an. Er war weich und rund, ein junger Vater, der erst noch seinen Babyspeck verlieren musste, in einer Khaki-Shorts und einem gelben Polohemd. Seine Lippen bewegten sich, aber es dauerte einen Moment, bis sie die Bewegungen mit den Lauten koordinieren konnte, die aus seinem Mund kamen.
»… brauchen Sie einen Arzt ?« Holen Sie mich hier heraus. »… ist derjenige, der Sie fährt, im Wagen ?« O Gott. Bitte. »… ich verstehe kein Wort.«
Der braunhäutige, blauäugige Mann, der sie entführt hatte, trat hinter den Jungen und seinen Vater.
Rachael versuchte, den Blick von seinen Stiefeln zu heben – anscheinend waren sie aus der schwarz-gelb gefleckten Haut von Krustenechsen gemacht.
Der Junge sagte : »Was hat sie ?«
Javier lächelte. »Das ist eine persönliche Angelegenheit, mein Sohn.« Er trat ans Auto, hob Rachaels Kopf sanft von der Gummiumrandung und küsste sie auf die Wange. »Schlaf jetzt weiter, Liebes.« Rachael stöhnte und wehrte sich gegen ihn mit allem, was sie hatte. Aber das war nicht viel. Er öffnete die Tür, ließ die Scheibe wieder hochgleiten und schloss die Tür. Als er sich umdrehte, standen der Junge und sein Vater immer noch da. Das Fenster ging wieder herunter.
»Helfen Sie mir«, sagte Rachael und stöhnte so laut, dass alle es hören konnten.
»Was ist hier los ?«, fragte der Vater des Jungen.
Javier seufzte, blickte einen Moment lang zu Boden und studierte einen Ölfleck auf dem Asphalt.
»Meine Frau ist heroinsüchtig«, sagte er schließlich. »Und sie hat sich einen Schuss gesetzt. So weit …« Er hielt Daumen und Zeigefinger dicht zusammen. »… von einer tödlichen Überdosis entfernt. Ich fahre sie zum Entzug in Salt Lake.«
»Oh, das tut mir leid. Das muss
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