Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
Stan«, sagte ich, »sondern eher, als hättest du deinen kleinen Baumwollpflückerverstand verloren. Guten Abend.«
Ich stürzte das Glas hinunter, hatte keine Lust mehr auf dieses Gespräch. Auf gar kein Gespräch. Guten Abend an alle. Ich ging nach Hause.
Mein Zuhause fühlte sich etwas wohnlicher an, nachdem ich den Kamin sauber und ein Feuer gemacht hatte. Meine Laune besserte sich, ich legte Musik auf, Clementine Liprandi, eine Stimme wie eine weit entfernte Trompete. Im Gefrierschrank fand ich vier kleine italienische Rindswürstchen vom besten Metzger in der Smith Street, die sich in ihrer eisigen Höhle aneinanderdrängten, miteinander verbunden wie siamesische Zwillinge. Ab in die Mikrowelle zum Auftauen. Würstchen mit Kartoffelbrei. Im Korb Kartoffeln, die noch fest waren. Ich schälte, viertelte, setzte auf, ging zum Wagen hinaus, um den Karton mit Heathcote Shiraz aus dem Kofferraum zu holen. Regen hing in der Luft, war die Luft selbst, durchfeuchtete die hupenden, brummenden, klagenden nächtlichen Laute der Stadt.
Das Glas in der Hand, drückte ich den Knopf am Anrufbeantworter. Rosa. Drew, nur um ein paar Minuten verpasst. Keine Linda.
Keine Linda.
That's the way it's gonna be, liddle darlin, sagte ich zu mir selbst und schaltete den Fernseher an, um die Nachrichten zu sehen. Eine Reporterin mit weit aufgerissenen Augen führte uns durch ein kleines Geiseldrama in North Balwyn. Im Allgemeinen hatte die Polizei, gesegnet mit einem ausgeprägten Sinn fürs Theatralische, es ganz gern, wenn jemand das Ende eines Geiseldramas filmte. Wie auch immer, der Protagonist kam mit eingekniffenem Schwanz heraus und wurde abgeführt, lebend und unversehrt. Weiter zu einem Busunfall in Queensland, nur sehr wenige Tote; zwei Offiziere, die des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurden; Rücktrittsforderungen an einen Football-Funktionär; ein feindlicher Empfang für den Premierminister bei einer Wohltätigkeitskonferenz.
Ich verpasste den Sport, während ich Kartoffeln stampfte. Als ich zurückkam, lief gerade der »18 : 30-Report«. und Dermott O'Sullivan befragte den Bundesfinanzminister, David Maclay. Es ging um Geld, Macht und Politik.
O'Sullivan: Also gibt es in Ihrer Partei keine Unzufrie denheit darüber, dass Leute ohne Mandat großen Einfluss haben, Mr. Maclay?
Maclay: Absolut nicht. Dermott, wir sind eine Partei der Konsultation und des Konsenses. Wir hören alle unsere Mit glieder und Unterstützer an. Und wir hören auf alle Wähler Australiens. Das haben wir immer getan, und das werden wir auch immer tun.
O'Sullivan: Aber manche finden doch mehr Gehör als andere.
Maclay schüttelte traurig und zugleich ungläubig den Kopf: Dermott, im Ernst. Natürlich haben einige Mei nungen mehr Gewicht als andere! Ich frage ja auch nicht die Leute in der Schlange an der Kasse im Supermarkt da nach, was ich mit dem Zinssatz machen soll. Sucht denn etwa ABC die Leute für die Kommentarsendungen nach dem Zufallsprinzip aus dem Telefonbuch raus?
O'Sullivan, den Kopf etwas schräg gelegt, lächelte: Und Sie stehen mit Sicherheit jeden Tag im Supermarkt an der Kasse Schlange, Herr Minister. Aber ich wollte darauf hi naus, dass Menschen aus Ihrer Partei, gewählte Vertreter, ih rer Besorgnis darüber Ausdruck verliehen haben, dass nicht gewählte Personen über sehr großen Einfluss verfügen.
Maclay: Dermott, Sie enttäuschen mich jetzt wirklich. Warum nennen Sie das Kind nicht beim Namen? Warum spielen Sie hier Versteck mit mir? Die Idee, dass eine Spit zenkraft der australischen Wirtschaft, und ich beziehe mich hier ausdrücklich auf Steven Levesque, angeblich unge bührlich viel Einfluss auf die Regierung haben soll, haben Sie von Ihrer schlecht informierten Kollegin, Ms. Linda Hil lier, übernommen. Die Menschen erwarten mehr von ABC , Dermott.
Gab es denn kein Entkommen von Steven Levesque? Erst Linda und jetzt Dermott.
Maclay machte weiter: In den zwanzig Jahren, die ich schon in der Politik bin, Dermott, habe ich nie davon gehört oder gar erlebt, dass Steven Levesque irgendwelchen Ein fluss ausüben würde. Sollten Sie etwas wissen, was ich nicht weiß, dann sagen Sie es mir bitte.
O'Sullivan lächelte, sein trockenes Lächeln dieses Mal: Seine Unternehmen gehören in allen Staaten zu den größ ten Spendern Ihrer Partei, sein früherer Geschäftspartner ist der Generalstaatsanwalt, dem Premier von Victoria sagt man nach, dass er nicht mal seine Krawatte aussucht, ohne ihn zu konsultieren. Und Sie
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