Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
Rennen in Caulfield.
»Manche Leute sind einfach blind«, sagte Wilbur Ong von hinten. »Die sehen einen Elefanten nicht, bis er furzt. Clarrie Kendall ist Crofts Schwager. Dieses Pferd von Croft taucht in drei von den letzten vier Rennen auf, in denen Kendall Gäule laufen hat. Und was soll er da? Er soll zusehen, dass Kendalls Ponys eine Chance bekommen. Und du unterstützt so was auch noch. Du bist ein verdammter Spender, das bist du.«
»Typisch«, sagte Norm O'Neill, während er seine Kappe zurechtrückte. »Du suchst immer an der falschen Ecke nach einer Antwort. Das ist dein Problem, Wilbur, ist es immer schon gewesen, wird es immer sein. Nimm nur mal dieses Pferd, Dunedin Star …«
»O mein Gott«, stöhnte Eric Tanner. »Nicht schon wieder Dunedin Star. Wenn ich das noch einmal höre, springe ich aus dem Auto.«
»Noch zehn Minuten bis zum Stopp am Wettbüro, Männer«, sagte ich. »Ich schlage vor, ihr konzentriert euch jetzt auf eure Wetten. Und macht euch keine Sorgen wegen dem Zweiten.«
Zweiter Juni. Der Geburtstag von Cams Cousine. Das Pferd lief in Caulfield. Seine Formtabelle lieferte keinen Grund zu der Annahme, dass das Tier heute seine Trainingsgebühren verdienen würde.
»Hast du was?«, fragte Wilbur. »Was Heißes, oder?«
»Schwelend«, gab ich zurück. Tipps weiterzugeben ist gefährlich. Andererseits hatte ich in den letzten vier Jahren nur drei Tipps von Cam bekommen. Bilanz 3 : 0.
Vor dem Wettbüro sagte ich: »Fly Tonight, Nummer 6 im Zweiten. Auf eigene Verantwortung. Keine Garantien.«
Heftig nickend ging Norm voran.
Innerhalb von zehn Minuten saßen alle wieder im Auto. Niemand hatte irgendwas im ersten Rennen gesetzt. Wir trafen in derselben Sekunde auf dem unheiligen Boden ein, als die Pferde des Zweiten aus den Startboxen kamen. Schweigen im Wagen. Elf Pferde, zwölfhundert Meter.
Fly Tonight strapazierte die Vorkriegsherzen in keinster Weise, führte vom Start bis zum Ziel, gewann mit zweieinhalb Längen.
Der Jubel war ohrenbetäubend. Als sie fertig damit waren, mir auf die Schultern zu klopfen, sagte Norm: »Weißt du was, Jack, mein Junge. Ich hatte schon selbst ein Auge auf das Pferd geworfen.«
»Lieber Gott, nein«, stöhnte Eric. »Nicht noch ein Dunedin Star.«
Waverley Park, der Sturm peitschte den Regen horizontal auf die Anzeigetafel. Es war kein Tag für schönen Football. Wir fanden ein Fleckchen am Rand der großen Menge von Saints-Fans. Nicht unmittelbar bei ihnen, aber eindeutig nicht bei den anderen. Geelong schoss zwei frühe Tore gegen den Wind. Die Saints bummelten ein wenig herum, dann fingen sie an, Tore zu schießen. Der Jugendclub sagte kein Wort dazu, bis das sechste ohne Gegentor fiel.
»Verdammte Memmen«, sagte Norm. Er hob seine Stimme ein wenig: »Macht sie fertig, Sainters.«
»Go Saints«, sagte Wilbur sanft.
»Hat sich stark verbessert, die Mannschaft«, urteilte Eric bedächtig.
Der Lark beförderte ein durchnässtes, aber zufriedenes Quartett nach Hause. Die Saints hatten mit drei Toren Vorsprung gewonnen. Die gute Laune besserte sich durch einen Stopp beim Wettbüro noch erheblich, wo wir die Gewinne abholten.
»Mein Gott, Jack«, sagte Eric. »Die geben dir das Geld da ja mit der Schaufel. Wie machst du das nur?«
»Die Farm«, erklärte ich. »Geschichte meines Lebens.«
Wir tranken noch ein paar Bier im Prince, redeten über das Spiel, ohne größere Meinungsverschiedenheiten. Die Loyalitäts-Transplantation konnte noch nicht als erfolgreich bezeichnet werden, solange der Jugendclub nicht anfing, Urteile über Spieler von St. Kilda abzugeben, über Taktiken, den Trainer, die Schiedsrichter, das Club-Management, die Qualität des Gegners und welche Mannschaften die Saints am meisten hassen müssten.
Stan kam zu uns rüber. Er war wieder zu seiner normalen, griesgrämigen Laune zurückgekehrt, heute Abend gab es keinen jovialen pickwick'schen Gastwirt. »Hab mit meinem alten Herrn geredet«, sagte er. »Ich werd nicht schlau aus dem. Will einfach nicht verkaufen. Die verdammte Sonne da oben hat ihm das Hirn verbrutzelt.«
Ich sagte: »Bei dem Thema war er, seit ich ihn kenne, noch nie anderer Meinung.«
Er stützte die Ellbogen auf den Tresen und beugte sich zu mir vor: »Jack, ein so gutes Angebot kriegen wir für dieses Loch hier nie wieder. Rede mit ihm, ja?«
Ich sah mich um, betrachtete die Stammgäste. In zehn Jahren wären die meisten nicht mehr hier. »Lass mich mal darüber nachdenken«, sagte ich. »Lass mich
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