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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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streckte er eine große Hand aus, pflückte die Zigarette zwischen Chernovs Lippen ab und steckte sie in die Coladose.
    Zischen, Rauchwölkchen aus der Dose.
    »Es ist höflich, vorher zu fragen«, sagte Cam. »Die Antwort lautet ja, es stört uns. Jetzt gebe ich Ihnen noch eine Chance, uns zu sagen, warum Sie das Rennen verloren haben. Nicht das, was Sie dem Trainer erzählt haben. Wenn mir Ihre Geschichte nicht gefällt, dann gehe ich mit Ihnen raus zum Parkplatz und suspendiere Sie von ein paar Rennen. Vielleicht von fünfzig, vielleicht auch von hundertfünfzig.«
    Versteinerte Miene.
    Cam streckte wieder seine Hand aus, packte das schmale Kinn des Jockeys mit Daumen und Zeigefinger, presste es zusammen und drehte seinen Kopf zu uns herum.
    »Die Menschen haben Ihnen vertraut, Johnny. Ihr Geld auf Sie gesetzt. Erzählen Sie uns, warum Sie dieses Vertrauen verdienen.«
    Chernov legte seine rechte Hand auf Cams Handgelenk, versuchte, Cams Griff zu lösen, und scheiterte. »Okay«, sagte er, »okay, okay.«
    Cam nahm seine Hand weg, hinterließ bleiche Abdrücke an Chernovs Kinn.
    Der Wirt kam mit einem Plastikteller, auf dem sich ein Gebäckteilchen befand, mit einer rosafarbenen Schicht überzogen, die wie Kerzenwachs aussah. Er stellte ihn ab und kehrte gleich darauf mit zwei Tassen wässrigen Tees zurück.
    Als er wieder weg war, sagte Chernov: »In der Kurve sind die Jungs vor mir auf einmal langsamer geworden, dann kamen die drei von hinten und haben sich an mich gehängt, da bin ich nicht mehr rausgekommen. Hat uns dann alles überrollt.«
    Cam schüttelte den Kopf. »Nein, Johnny, das ist wieder dieselbe Geschichte. Der Film zeigt was anderes. Der Film zeigt, dass Sie zwei Gelegenheiten hatten, da rauszukommen. Dieser kleine Mundall, was hat der zu Ihnen gesagt, als sie da alle zusammen um die Kurve geschippert sind?«
    Chernov antwortete nicht, starrte auf sein Gebäckteilchen, drückte mit einem langen Zeigefinger darauf, mit einem gepflegten rosafarbenen Nagel.
    »Wir sind fertig hier«, sagte Cam. »Ich glaube nicht, dass ich den Tee hier riskieren werde. Recycelte Teebeutel. Was verschweigen Sie, Johnny?«
    »Ich könnte morgen tot sein«, sagte Chernov. »Mein Gott, heute Abend schon. Ich hab jetzt ein Kind.«
    »Das wäre mittel- bis langfristig tot«, erklärte Cam. »Ich rede von kurzfristig.«
    »Ich geb Ihnen das Geld«, bot Chernov an. »Was Sie verloren haben. Bar.«
    Cam beugte sich zu dem Mann vor: »Johnny, seien Sie nicht albern. Das Geld. Wir sind nicht wegen dem Geld hier.«
    »Haben Sie das von Brent Chick gehört?«, fragte Chernov. »Der in diesem Aberfeldie Park in Essendon eine Runde laufen gegangen ist, ganz in der Nähe von seiner Wohnung, und seinen Sohn mitgenommen hat? Auf seinem kleinen Fahrrad. Ein Auto hat Brent zwanzig Meter weit geschleudert, hätte den Jungen auch erwischt, hätte Brent ihn nicht noch weggestoßen. Ein Wunder, wenn der jemals wieder reitet. Das rechte Bein gebrochen, Hüfte gebrochen, Rippen angeknackst. Den Typen haben sie nie gekriegt. Das Auto war geklaut.«
    »Das habe ich gelesen«, sagte Cam.
    »Haben Sie auch gelesen, dass Pat Moss' Haus abgebrannt ist? Mitten im Sommer, kein Kaminfeuer, keine Heizung angestellt. Absolut rätselhaft. Hatte noch Glück, dass er überhaupt rausgekommen ist. Er und seine Frau. Nur die Arme verbrannt.«
    »Nein«, erklärte Cam. »Davon hab ich noch nichts gehört.«
    Chernov zog das Zigarettenpäckchen heraus, musterte es, wollte es wieder wegstecken.
    »Rauchen Sie nur«, sagte Cam.
    Chernov zündete sich eine an, blies den Rauch zischend aus. »Da sind noch mehr«, sagte er. »Jungs vom Land, Trainer, alles kleine Krauter.«
    Cams Blick traf meinen.
    Ich wandte mich an Chernov: »Haben Sie das über Kevin Devine gehört? Dass jemand seinen Trailer gerammt hat?«
    Er nickte. »Er ist einer davon. Gibt noch andere, die Ärger hatten.«
    »Wollen Sie uns einen Namen nennen?«, sagte Cam.
    Chernov blickte nach unten, schüttelte den Kopf. »Das müssen Sie verstehen«, sagte er, sah wieder auf, straffte die Schultern. »Ich bin im dritten Stock, falls Sie mit mir hochkommen wollen.«
    Cam streckte die Hand aus und tätschelte dem Mann den Arm. »Dazu besteht keine Veranlassung. Wir verstehen schon.«
    »Und was jetzt?«, fragte Chernov. »Wollen Sie die Knete?«
    »Nein«, sagte Cam. »Was weg ist, ist weg, Johnny. Es kommen auch wieder andere Zeiten.«
    Chernov stand auf, das klebrige Teilchen war unberührt. »Dann will

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