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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Aufenthalt in der Psychiatrie war nach einem Selbstmordversuch durchaus angesagt und schien nicht auf eine Entführung hinzudeuten. Ein Gespräch mit der Klinik, sobald sie herausgefunden hatten, um welche es sich handelte, oder mit ihrem Therapeuten würde letzte Zweifel ausräumen. Er machte Anstalten, sich zu verabschieden.
    Sie kam ihm zuvor. »Haben Sie schon gegessen?«, erkundigte sie sich. »Wir könnten zusammen kochen, wenn Sie mögen.«
    Er hob erstaunt die Brauen, sein Blick flog vom Herd zu ihr und wieder zurück. Er konnte nicht widerstehen, Kochen war schließlich weit entfernt von jedem unethischen Verhältnis zu einer potenziellen Zeugin, und nickte knapp, um seine Einwilligung zu signalisieren. Sie sprang auf, ging zu diesem phantastischen Kühlschrank, öffnete ihn und winkte ihm, ihr bei der Inspektion des Inhalts zu helfen. Er hätte schwören können, dass ihr etwas Schelmisches anhaftete, auch dies ein Wort, das ihm im Zusammenhang mit ihr sonst niemals in den Sinn gekommen wäre.
    ***
    Katharina Martens saß rauchend am Küchentisch, den Blick unverwandt auf das Handy vor ihr gerichtet. »Wer wird Millionär« hatte sie noch abgelenkt, doch als Michael im Anschluss nach einem Buch gegriffen hatte, war sie runtergegangen. Sie hätte sich nicht konzentrieren können.
    Als sie vorhin an die Haustür gegangen war, um abzuschließen, hatte sie automatisch die Ärmel aus Michaels an der Garderobe hängender Jacke gezogen – eine blöde Angewohnheit, dass er nie darauf achtete – und war dabei gegen etwas Hartes in der Seitentasche gestoßen. Sie hatte hineingegriffen und ein Handy zutage befördert. Ein Handy, das eindeutig nicht ihm gehörte. Sie war fast sicher, dass es sich um Franziskas handelte. Sie hatte die Anschaffung lange verweigert, aber Katharina hatte so oft auf sie eingeredet, sich auf alle erdenklichen Notfälle berufend, bis Franziska nachgegeben und ihr eines Tages dieses altmodische, großformatige Ding präsentiert hatte. Ohne ihre PIN-Nummer zu kennen, konnte sie es nicht einschalten, um durch einen Anruf zu prüfen, ob es wirklich ihres war, aber sie würde den Teufel tun und den Fund gegenüber irgendjemandem erwähnen.
    Vielleicht hätte ihre Anwesenheit Franziskas Verschwinden wirklich nicht verhindert – aber wäre der letzte Freitag ein ganz gewöhnlicher gewesen, gäbe es zumindest keine Zweifel an der Unschuld ihres Mannes, Zweifel, die sie nicht teilte, und die dennoch an ihr zu nagen begannen wie die ersten Anzeichen einer Migräne. Was sonst hielt sie davon ab, ihn wenigstens darauf anzusprechen?
    Es gab mit Sicherheit eine harmlose Erklärung dafür, dass das Handy in Michaels Jackentasche gelandet war. Sie wusste doch, wie schusselig er war, wie oft er Dinge verlegte oder eben gedankenlos einsteckte. Gott, einmal hatte er ihren Schlüsselbund mitgenommen, zusätzlich zu seinem in der Hosentasche steckenden, und sie hatte die Kunden durch den Privateingang lotsen müssen, weil niemand, der einen weiteren Schlüssel besaß, zu erreichen gewesen war. Im selben Maß, wie Lieblingskugelschreiber verschwanden, tauchten billigste Stifte auf, deren Werbebotschaft an ihn komplett verschwendet war, weil er sie schlicht nicht wahrnahm. Franziska konnte ihr Handy einfach vergessen haben, und er hatte es eingesteckt in der Annahme, es sei seines. Nur – er war gar nicht hier gewesen. Angeblich.
    Sie versuchte, die schwindelerregende Achterbahnfahrt ihrer Gedanken zu bremsen, das führte zu nichts.
    »Darf ich dir beim Sinnieren Gesellschaft leisten?«, rief Michael, und die Treppe knarrte unter seinen sich nähernden Schritten.
    Sie öffnete die Tür des Backofens und legte das Handy hinein, bevor sie sich ein Glas Wein einschenkte und sich ihm zuwandte.
     
     

9
    Etwas Schweres fiel auf ihr Bett und verursachte ein Beben mittlerer Stärke. »Findest du nicht, dass du jetzt mal aufstehen solltest? Wir haben noch etwas vor«, sagte es.
    Marilene fuhr auf und rieb sich die Augen. Arne saß beinschlenkernd am Fußende, bereits fertig angezogen, und grinste schadenfroh. »Wie spät ist es überhaupt?«, fragte sie schlaftrunken.
    »Fast halb acht.« Empörung lag in seiner Stimme. »Dein Papa ist schon lange auf.«
    »Senile Bettflucht«, murmelte sie unhörbar.
    »Was heißt senil?«
    So viel zum Thema unhörbar. »Nichts, was dich kümmern müsste«, erklärte sie und setzte sich auf. »Husch«, befahl sie, »geh beim Frühstückmachen helfen. Ich komme

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