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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Aufzeichnungsgeräte und Aktentasche aus dem Kofferraum.
    Zinkel nahm die Tasche an sich. Das Gebäude sah genauso inspirierend aus wie die vergleichbarer Unternehmen in Wiesbaden oder Frankfurt. Im Rhein-Main-Gebiet waren Glas und Beton die bevorzugten Baumaterialien, hier waren es Glas und Klinker. Irgendwie hatte er anderes erwartet, etwas mehr Seele. Spinner, schalt er sich. Sein Blick fiel auf eine Skulptur rechts vom Eingang: Ein breitschultriger Jüngling lag lasziv in der Gegend herum, seliges Nichtstun propagierend, das rechte Bein wie verschämt aufgestellt, um seine Blöße zu verbergen. Doch vielleicht war er unter der Schneedecke auch komplett bekleidet, überlegte Zinkel, firmenphilosophisch betrachtet wäre das sicher angemessener. Sie gingen hinein.
    Die Empfangshalle wirkte edel, jedoch ebenso seelenlos. Der Weg zum Schalter war lang genug, dass ein Besucher niemanden überraschen würde. Der Fußboden wirkte dermaßen sauber, dass man davon essen könnte. Entweder war die Belegschaft zu einem Betriebsausflug aufgebrochen oder hinter einer der Türen lauerte ein mit Wischmopp bewehrter armer Tropf, der die Spuren ihrer Stiefel beseitigen würde, sobald sie außer Sicht waren.
    Die Empfangsdame telefonierte. Sie war eine Idee zu alt, um dem gängigen Klischee zu entsprechen, schien dafür aber Kummer gewöhnt, denn sie zuckte nicht mal mit der Wimper, als Lübben seinen Ausweis auf den Tresen knallte, um das Telefonat abzukürzen. Es funktionierte. Sie verwies sie an den Personalchef im ersten Stock und deutete auf die Treppe. Zinkel trottete Lübben hinterdrein. Auf dem Treppenabsatz drehte er sich nochmals um, bückte sich, um besser sehen zu können. Kein dienstbarer Geist am Werke. Und die Empfangsdame telefonierte. Allerdings wirkte sie jetzt weitaus weniger gelassen.
    Hinnerk Busboom schien der Grund dafür zu sein. Der Personalchef wollte womöglich gerade die Tür zu seinem Büro abschließen und sich verdrücken, argwöhnte Zinkel. Kopf und Hals des Mannes waren von einem knalligen Rot überzogen, das den Choleriker verriet und mit seinem rotblonden, etwas verfrühten Haarkranz kollidierte. Lübben vereitelte die Flucht, indem er den freien Arm als Schranke einsetzte, dabei jedoch naturgemäß zu hoch griff, sodass Busboom das Hindernis hätte unterlaufen können, doch der bremste theatralisch, wie um zu demonstrieren, dass er so klein nun auch wieder nicht war.
    »Wollen Sie zu mir?«, erkundigte er sich scheinheilig.
    »In der Tat.« Lübben blickte auf ihn hinab und zog den Moment in die Länge. »Kripo Leer«, stellte er sie unvollständig vor, »wir brauchen ein paar Namen.«
    »Da kann ja jeder kommen«, wandte Busboom ein. »Auf welcher Grundlage überhaupt?«
    »Wenn Sie darauf bestehen, kommt auch jeder, und zwar per Vorladung nach Leer, ein Betriebsausflug der etwas anderen Art«, entgegnete Lübben ungerührt. »Alternativ rufen Sie die Teilnehmer an der Fortbildung der Unternehmensberatung Gentner im November zusammen und stellen uns einen Raum zur Verfügung, in dem wir die Zeugen befragen können.« Er bedrängte Busboom, bis der zurück in sein Büro wich.
    »Ist das wenigstens mit dem Vorstand abgeklärt?«
    »Von mir nicht, aber tun Sie sich keinen Zwang an. Ich gebe Ihnen zehn Minuten.« Lübben stellte die Aufnahmegeräte ab, verschränkte die Arme und klopfte dezent mit den Fingern einen unhörbaren Rhythmus auf die Ärmel.
    Busboom schnaufte schwerfällig, bevor er sich einen sichtbaren Ruck gab, sich setzte und seinen PC konsultierte. Er druckte eine Liste aus und reichte sie Lübben. »Kommen Sie«, sagte er, »ich bringe Sie in den Konferenzraum und schicke die Teilnehmer zu Ihnen, ehe Sie hier durchs ganze Haus irren.«
    Zinkel lugte an Lübben vorbei auf das Blatt Papier. Fünf Namen. »Die Liste ist nicht vollständig«, erklärte er.
    »Quatsch«, dementierte Busboom.
    »Inka Morgenroth fehlt«, beharrte Zinkel.
    »Ach so die. Die können Sie nicht sprechen, sie ist krank.«
    »Sonst noch jemand, der dabei war und krank ist? Oder nicht mehr hier arbeitet?«
    »Nein, das sind alle«, brummte Busboom und ging voran bis zum Ende des Flurs, wo er eine Tür aufschloss und sie mit ausladender Geste an sich vorbeiließ.
    Lübben drückte die Tür mit dem Fuß zu. »Ich traue ihm nicht«, murmelte er und baute auf dem überdimensionierten Konferenztisch die Geräte auf.
    »Nein«, pflichtete Zinkel ihm bei, »und es hat fast den Anschein, als sei, was immer dort

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