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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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»Die Vormieterin hatte ein Faible für Räucherstäbchen, deren Gestank heute noch in allen Ritzen steckt, sodass mir gar nichts anders übrig blieb.« Sie holte ihre Zigarettenpackung aus der Handtasche und ließ sich Feuer geben.
    »Sie haben gesehen, dass sich nebenan ein Notariatsbüro befindet?«
    »Das bietet sich an. Ich bin auch im selben Haus mit einem.«
    »Ja.« Spieker verschluckte sich und musste husten. »Dieses hier gehört meinem ältesten Freund, noch aus Studienzeiten, und auch er wird sich in den Ruhestand verabschieden. Er hat bereits einen Nachfolger gefunden, der sogar die Immobilie übernehmen und an Sie untervermieten würde.«
    »Das wäre mir sehr recht«, sagte Marilene, die Untertreibung des Jahres gelassen formulierend. Für die Übernahme der Kanzlei sollte sie ausreichend kreditwürdig sein. Sofern die Bank nichts von ihrem Hang, sich in gefährliche Situationen zu begeben, erfuhr.
    »Im Haus befinden sich noch zwei große Wohnungen«, fuhr Spieker fort, »eine davon steht bereits leer, die andere wird im Sommer frei. Der neue Eigentümer würde Ihnen die Wahl überlassen. Oder wollten Sie nach Wiesmoor ziehen?«
    »Nein, das hatte ich nicht vor.« Aber wäre es nicht allzu leicht, die Freizeit mit Arbeit auszufüllen, wenn es kaum räumliche Trennung gab? Andererseits war der Gedanke, dass man nicht bei jedem Wetter aus dem Haus musste, ziemlich verlockend. Der Lebensdauer ihres Autos käme das auch zugute. »Darf ich sie sehen?«, fragte sie und drückte ihre Zigarette aus.
    »Sicher.« Spieker legte seine Pfeife ab, stand auf und ging voraus.
    Marilene folgte ihm durch eine Tür neben dem Empfang in den Hausflur. Das Notariatsbüro befand sich auf derselben Ebene im hinteren Bereich des Hauses. Blanke, seltsam ausgetreten wirkende Steinstufen führten in den ersten Stock. Spieker schloss die altertümliche Wohnungstür aus dunklem Holz auf und ließ sie an sich vorbei.
    Die Kanzleimiete, vermutete sie, würde sie sich leisten können. Die für diese Wohnung wohl kaum – allein der Flur war annähernd so groß wie ihr derzeitiges Wohnzimmer. Im Eingangsbereich quadratisch, führte er in einem schmaleren Gang am Außenflur vorbei in den zur Straße weisenden Bereich der Wohnung, in dem sich drei Zimmer und ein geräumiges Bad neueren Datums samt Wanne und Dusche befanden. Die Dielen knarrten unter ihren Füßen, als sie zurückging, um pro forma auch den Rest anzusehen. Die Küche, ausgestattet mit einer Einbauküche im Landhausstil, bot noch ausreichend Platz für einen Esstisch. Und das ihre gewohnten Dimensionen sprengende Wohnzimmer war einfach ein Traum mit seinen auf den Garten zeigenden hohen Fenstern und einem Kaminofen. Sie seufzte sehnsüchtig. Ihre Möbel würden hier verschwinden. Dennoch …
    »Einen Balkon gibt es leider nicht«, unterbrach Spieker ihre Träumerei, »aber der Garten ist groß genug, dass beide Parteien sich dort ungestört aufhalten können, so sie das wollen.«
    »Es ist keine Frage des Wollens«, erklärte Marilene bedauernd, »ich fürchte nur, dass ich mir eine so große Wohnung gar nicht leisten kann.«
    »Vielleicht doch? Kommen Sie, Sie müssen noch eine Tasse Tee trinken, und dann reden wir über Zahlen.«
    ***
    Er musste zurück. Eben war er mit Mühe und Not der Entdeckung entgangen. Das war verdammt knapp gewesen. Zunächst hatte er den beiden Männern, die vor ihm die Klinik betreten hatten, keine Beachtung geschenkt, doch sie schlugen denselben Weg ein wie er, und dann erst hatte er überlegt, dass es eher ungewöhnlich war, wenn zwei in etwa gleichaltrige Männer gemeinsam einen Krankenbesuch machten. Obwohl er sie nur von hinten sehen konnte, waren sie ihm auf einmal irgendwie bekannt vorgekommen. Es war der Größenunterschied zwischen den beiden, der ihm auf die Sprünge geholfen hatte: Das waren die Männer vom Vorabend, die zu Inka gewollt hatten. Wenn er nur eine Minute früher eingetroffen wäre, hätten sie ihn entdeckt, sie hätten die Geschichte mit dem Bruder, als der er sich ausgegeben hatte, überprüft und keinen gefunden. Soweit er wusste jedenfalls.
    Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen. Sie waren zu Inkas Zimmer gegangen und hatten mit dem Polizisten gesprochen. Er hatte kehrt gemacht, war beinahe mit einer Schwester zusammengestoßen, einer, die ihn wenigstens noch nicht kannte, sonst hätte sie seine Hast, fortzukommen, womöglich seltsam gefunden und ihn angesprochen. Aber sie hatte ihn kaum eines Blickes gewürdigt

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