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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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von Spaß?« Zinkel wollte mehr wissen. »Was genau hat ihr denn keinen Spaß gemacht?«
    »Einem Spielverderber macht einfach gar nichts Spaß!«, ereiferte Wesseling sich. »Sie hätte nie mitfahren dürfen.«
    »Konnte man sich der Veranstaltung denn entziehen?«, fragte Lübben. »Oder hätte das Konsequenzen für die Karriere bedeutet.«
    »Meiner Meinung nach war Inkas Karriere sowieso beendet. Sie hat das bloß nicht gemerkt.«
    »Wieso das?« Die plötzliche Gehässigkeit erstaunte Zinkel.
    »Dazu kann ich nichts sagen.«
    »Können Sie nicht oder wollen Sie nicht?«
    Wesseling wand sich, blieb jedoch unnachgiebig. »Beides. Ich bin nicht lebensmüde.«
    »Und Inka halten Sie für lebensmüde?«, beharrte Zinkel.
    »Sagen wir mal so, sie hängt sich gern mal zu weit aus dem Fenster.«
    Wenn die Bemerkung angesichts der Umstände nicht so makaber gewesen wäre, hätte er gelacht. Zinkel behielt Wesseling im Auge, doch der schien nicht zu wissen, was er sich da gerade geleistet hatte. Und schwieg. Ausdauernd. Zinkel verdrehte die Augen und verständigte sich stumm mit Lübben darauf, ihn gehen zu lassen.
    Lübben nickte. »Gut, danke«, sagte er, »schicken Sie uns bitte den Kollegen herein.«
    Wesseling sprang auf wie angestochen und verließ fluchtartig den Raum.
    Mario Terveen hätte ein Bruder Wesselings sein können, nicht nur, was die uniforme Art, sich zu kleiden, anbelangte – grauer Anzug, helles Hemd, Schlips und blank gewienerte Lederschuhe, die sicherlich nie mit Schnee in Berührung gekommen waren –, sondern auch, was ihr Gehabe betraf. Die gleiche Art, sich zu bewegen, zu sprechen, der gleiche Blick sogar, wachsam, wenn nicht auf der Hut. Vermutlich hatten Begriffe wie alert oder smart das Anforderungsprofil ihres Jobs ausgeschmückt, und mit beiden würde Zinkel nicht in Verbindung gebracht werden wollen, ums Verrecken nicht. Er war voreingenommen, gestand er sich ein.
    »Wir möchten Ihre Version von den Vorkommnissen bei der Fortbildung im November hören«, sagte Lübben gerade, bedeutungsvoll das Wort ›Ihre‹ betonend, »aber Sie müssen nicht antworten, wenn Sie sich durch Ihre Aussage selbst belasten«, fügte er der Ordnung halber hinzu.
    »Wie, selbst belasten?« Terveen legte rechtschaffene Empörung an den Tag.
    Lübben und Zinkel schwiegen einträchtig.
    »Aber«, Terveens glatte Fassade bröckelte zusehends, »ich habe doch gar nichts gemacht!«
    Wie kindisch, dachte Zinkel und hob in gespieltem Erstaunen die Brauen.
    »Ach«, sagte Lübben und tat es ihm gleich.
    »Natürlich habe ich gemerkt, dass der Leiter sie auf dem Kieker hatte, aber sie hat es ihm auch sehr leicht gemacht.«
    »Sie sprechen von Inka?«, vergewisserte Lübben sich.
    »Ja klar. Wissen Sie, sie hat einfach alles in den Dreck gezogen, hat permanent gelästert über die ihrer Meinung nach schwachsinnigen Aufgaben für schwachsinnige Männer, die sich endlich mal ganz groß fühlen wollten. Sie hat jedes Rollenspiel verweigert und jede Gesprächsrunde torpediert. Sie hat versucht, Josi auf ihre Seite zu ziehen, aber die wollte nicht, es war eben kein Männer-Frauen-Ding oder so. Inka war richtig zickig, und da war es kein Wunder, dass Martin zurückgeschlagen hat. Verbal, meine ich.«
    »Martin Gentner?« Nun war es an Zinkel, sich Klarheit zu verschaffen.
    »Hm, hm«, Terveen nickte langsam, »seltsamer Typ eigentlich, man hatte das Gefühl, dass es ihm Spaß gemacht hat, sie kleinzukriegen, das war wie ein Wettkampf für ihn.«
    »Und er hat gewonnen?«, fragte Lübben.
    »Schon, ja. Merkwürdigerweise glaube ich, dass er das gar nicht unbedingt wollte, er schien irgendwie enttäuscht, als sie sich nicht mehr gewehrt, sondern einfach aufgegeben hat.«
    »Gegen die verbalen Attacken gewehrt?«, hakte Zinkel nach.
    »Auch. Ja.«
    »Wogegen noch?« Lübben wurde lauter. »Ihre Version, los jetzt.«
    »Scheiße«, sagte Terveen, schob seine Hände unter die Beine und blickte zu Boden. »Martin wollte, ich meine, er hat äh …«, stammelte er, »… es ging um Bestrafung. Und ich weiß auch nicht, wie es dazu gekommen ist und wer überhaupt das vorgeschlagen hat, ich kann mir das Ganze heute echt nicht mehr erklären, aber wir haben ihr nichts getan, wirklich nicht!«
    »Sie ist bestraft worden? Für ein paar despektierliche Bemerkungen? Wie?« Meine Güte, dachte Zinkel ungläubig, was war das hier, »Herr der Fliegen«?
    »Die, wir – also wir haben sie ignoriert, total, so als wär sie Luft, manche

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