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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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was er soeben erlebt hatte.«
    »Sie sind Kunden in der Buchhandlung Martens?« Dem Blick nach, den Patrizia ihm zuwarf, schien sie ernsthaft an seinem Verstand zu zweifeln.
    »Ja. Nein, eher mein Mann. Ich bestelle hin und wieder telefonisch etwas, aber mein Mann holt es meist ab.«
    »Ist klar. Wegen des Hundes gehen Sie ja nicht aus dem Haus.« Patrizia setzte sich und nahm ein Plätzchen. »Lecker, selbst gemacht?«
    »Natürlich.«
    Die Antwort hätte entrüsteter klingen sollen, fand Hartmann, und vor zwei Minuten wäre das auch noch der Fall gewesen. »Das heißt, Sie kennen die Mitarbeiter im Buchladen praktisch gar nicht?«
    »Nein.« Sie bat ihn, Platz zu nehmen, und schenkte den Tee ein.
    Patrizia rührte lautstark um. »Liest er viel, Ihr Mann?«
    »Vielleicht sagen Sie mir einfach, worum es geht, statt um den heißen Brei herumzureden.« Sie schlug die Augen nieder, als sei sie erschrocken über ihre Dreistigkeit, und wandte sich an Hartmann, ausschließlich. »Greifen Sie doch zu.«
    »Eine der Mitarbeiterinnen ist spurlos verschwunden«, erklärte er, »und es gibt eine Aussage, dass Ihr Mann ihr zu nahe getreten ist, sie sogar in den Urlaub eingeladen hat.« Hartmann spürte die Verlegenheit, an der es Patrizia mangelte. Dieses Gespräch schien ihm fehl am Platze, die versteckte Anschuldigung so absurd wie die ganze Situation. Er nahm ein Plätzchen und biss mit mehr Vehemenz hinein als vonnöten. »Oh«, sagte er nach einem Augenblick, »das ist ja – himmlisch?« Kein Wort, das normalerweise zu seinem Wortschatz gehörte, aber er konnte nicht anders. »Verraten Sie mir das Rezept, bitte?«
    »Vielleicht? Irgendwann einmal.« Ein winziges Lächeln zog an ihrem rechten Mundwinkel.
    Patrizia verdrehte die Augen. »Tritt er gerne mal Frauen zu nahe?«, fragte sie. »Speziell jungen Frauen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Ach ja, ich vergaß, Sie verlassen ja kaum das Haus. Dafür er umso mehr, nicht wahr? Wissen Sie, was er dann tut? Sind seine Abwesenheiten wirklich immer berufsbedingt? So etwas merkt man doch. Tun Sie doch nicht so …«, sie stockte, »so weltfremd, so überaus harmlos, so Rühr-mich-nicht-an.«
    »Was Sie meinen, ist ungerührt. Von Rühr-mich-nicht-an kann überhaupt nicht die Rede sein.« Keiner von ihnen hatte Gentner kommen gehört, nicht einmal der Hund, wie es schien, außer der war in diesem Fall aufs Weghören trainiert.
    »Kriminalhauptkommissar Hartmann«, stellte sich dieser vor, stand auf und versuchte so, Patrizia die Zeit zu geben, dass ihr Gesicht wieder eine halbwegs normale Farbe annahm, so weit das möglich war. Sie hatte eine Narbe, die wie ein Stimmungsbarometer funktionierte, und obwohl sie dies Gespräch gründlich in den Sand gesetzt hatte, tat sie ihm leid.
    Gentner ignorierte Hartmanns ausgestreckte Hand, beugte sich über seine Frau, legte ihr die Hände auf die Schultern und küsste sie auf den Scheitel. »Nicht wahr, Schatz? Immerhin haben wir drei Kinder.«
    »Na, wenn sich daraus auf den letzten ehelichen Beischlaf schließen lässt, ist das aber verdammt lang her.«
    Gut gekontert, aber professionell ist anders. Hartmann überlegte, ob er Patrizia rausschicken und fortan zum Innendienst verdonnern oder ihr applaudieren sollte.
    »Ach«, entgegnete Gentner, »und dafür gibt es neuerdings Punkte in Flensburg? Ha, ha!«
    Gentners Brauen erreichten nahezu den Haaransatz, den zurückweichenden, wie Hartmann mit Genugtuung bemerkte. Nein, ein Frauentyp war er eigentlich nicht, jedenfalls soweit er das beurteilen konnte. Er war zwar groß, trug aber drei Kilo zu viel Bauch mit sich herum und zu viel Bräune, die ihm etwas Öliges verlieh. Zusammen mit der eine Idee zu hohen Stimme und dem spöttischen Blick nicht sehr angenehm, nein, und der Blick war nicht allein spöttisch, er war eindeutig ausziehend.
    »Dafür nicht.« Patrizia ließ nicht locker. »Auch nicht für außereheliche Aktivitäten, die Sie ja durchaus anstreben, nicht wahr? Es geht um den Verbleib von Franziska Eising. Und wir sind von der Kriminalpolizei, wir arbeiten nicht mit Punkten.«
    »Franziska Eising?« Gentner neigte den Kopf, als grabe er tief in seiner Erinnerung, und legte gar einen Finger auf die steile Falte in der Mitte seiner Stirn. »Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich komme einfach nicht drauf.«
    »Eine Mitarbeiterin in der örtlichen Buchhandlung.« Hartmann wollte das Theater abkürzen.
    »Ach ja, genau, die kleine Widerspenstige, jetzt, wo Sie’s

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