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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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sein«, wiederholte Zinkel. »Wir suchen nach Parallelen, um dem Täter auf die Spur zu kommen. Das Problem ist allerdings, dass das andere überlebende Opfer sich bis jetzt an kaum etwas erinnern kann. Wir sind nicht sicher, ob die derzeit verschwundene Frau tatsächlich vom selben Täter entführt wurde, aber es wäre möglich. Und die Zeit drängt natürlich.«
    »Aber Inka ist doch gar nicht hier entführt worden«, wandte Amelung ein.
    »Das wissen wir. Ich bin extra aus Wiesbaden hergekommen, um mehr zu erfahren und nichts unversucht zu lassen.«
    »Ich kann und werde nichts über Inkas Therapieverlauf sagen. Nur so viel: Sie beginnt, sich zu erinnern. Wir nennen das Flashbacks. Ob sie die Lücke je ganz ausfüllen kann, weiß ich nicht. Sie werden selbst mit ihr sprechen müssen. Wissen Sie, aus welcher Situation heraus sie entführt worden ist?«
    »Sie war auf einer Fortbildung«, sagte Zinkel.
    »Darüber sollten Sie sich unbedingt näher informieren.«
    »Okay. Danke.«
    »Gut. Wenn Frau Morgenroth möchte, dass ich bei dem Gespräch dabei bin, ist das kein Problem. Melden Sie sich einfach bei mir.«
    »Geht in Ordnung.«
    Sie verabschiedeten sich und verließen die Praxis durch den Seiteneingang.
    »Lust auf einen Kaffee?«, bot Lübben an.
    »Ja, unbedingt. Aber ich dachte, ihr trinkt hier Tee?«
    »Für Besucher machen wir gern eine Ausnahme. Komm, wir laufen, kriegst du noch was zu sehen. Am Wasser ist ein Café mit schöner Aussicht. Unter anderem auf Inkas Haus. Und dann versuchen wir es noch einmal bei ihr.«
    ***
    Es wurde schon dunkler, obendrein senkte sich Nebel über die Stadt, noch nicht mehr als ein feiner, durchsichtiger Schleier, aber bald würde es unmöglich werden, etwas zu erkennen. Ein großer schlanker Mann in Blouson und Baseballkappe näherte sich dem Haus. Fast hätte sie meinen können, Christian sei auf dem Weg hierher, aber solch eine Mütze würde er niemals aufsetzen. Der Typ hielt zur Tarnung ein paar Umschläge im Arm, aber das durchschaute sie natürlich. Die UPS-Leute trugen so ein grässliches Braun, und von der Post war er auch nicht. Jetzt verschwand er aus ihrem Blickfeld. Sie eilte zur Wohnungstür, öffnete sie und lauschte. Nichts. Gar nichts. Sie zählte bis zwanzig, lief zurück ans Fenster und sah gerade noch, wie er zum Nachbarhaus ging und dort einen Umschlag einwarf. War er wohl doch echt.
    Sie vergewisserte sich, dass niemand sonst sich hier herumtrieb. Was für ein Glück, dass das Wetter so mies war, sonst wären Scharen von Touristen unterwegs. Ihr Blick schweifte mal hierhin, mal dorthin, alles ruhig, nahezu unbewegt, streifte die Nesse-Brücke, wich ab und glitt wieder zurück. Die zwei Männer von heute Mittag schlenderten ach so gemächlich herüber. Wer, bitte schön, würde bei der Kälte schlendern? Sie gaben vor, in ein Gespräch vertieft zu sein, um über die Tatsache hinwegzutäuschen, dass sie ein ganz klares Ziel hatten.
    Waren sie es, die die Visitenkarte in ihrem Briefkasten hinterlassen hatten? Polizei angeblich. Sie traute ihnen nicht. Jeder, wirklich jeder konnte so eine Karte selbst drucken, darauf würde sie nicht hereinfallen. Sie nicht.
    Sie hatte kein Licht eingeschaltet und trat dennoch zwei Schritte zurück, verharrte reglos, bis sie wiederum aus ihrem Blickfeld verschwunden waren und sich dem Eingang nähern mussten. Obgleich erwartet, fuhr sie zusammen, als die Klingel ertönte. Haut ab, es ist niemand zu Hause, dachte sie. Sie nahm das Telefon in die Hand, lief zur Tür und öffnete sie. Sobald sie im Hausflur waren, würde sie die Polizei anrufen. Nein, das wäre zu früh, man würde ihr nicht glauben – wenn sogar ihre Therapeutin den Realitätsgehalt ihrer Angst anzweifelte, brauchte sie sich da überhaupt keine Hoffnung zu machen. Nein, sie musste warten, bis sie sich an ihrer Wohnungstür zu schaffen machten. Wie lange würde die standhalten?
    Sie zitterte erbärmlich. Woher kam der Luftzug? Waren sie bereits im Haus, und sie hatte nur nicht gehört, wie sie hereingekommen waren? War sie zu langsam gewesen? Sie hielt sich das Telefon direkt vor das Gesicht, drückte die 110, Gott, wie sie zitterte, und legte den Daumen auf die Taste mit dem grünen Hörer, sodass es nicht mehr als einen Reflex brauchte, um Hilfe herbeizurufen. Und die ganze Zeit behielt sie den Treppenaufgang im Auge, erwartete fast, dass sie dort schon lauerten, jeden Moment aus dem Schatten springen würden.
    Sie schaffte das nicht. Es war blödsinnig,

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