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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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überhaupt die Tür geöffnet zu haben. Sie würde erstarren wie das Kaninchen vor der Schlange, egal, ob sie von der Treppe her kämen oder der Fahrstuhl sich näherte, sie wäre niemals schnell genug wieder drinnen, um ausreichend Zeit zu schinden.
    Sie schlich langsam und vorsichtig rückwärts, tastete mit der Rechten nach der Tür, da, nur kein Geräusch verursachen, sie unterdrückte den Drang, sie einfach zuzuschlagen, so sehr, dass ihre Finger verkrampften, aber sie schaffte es, schob sie Zentimeter um Zentimeter und lautlos zu. Drehte den innen steckenden Schlüssel langsam, ganz sachte herum. Der Riegel sprang mit einem Klicken ins Schloss. Hatten sie das gehört? Sie sank zu Boden und versuchte, nicht zu weinen.
    ***
    »Wir haben ihn verloren?«
    Patrizia klang fragend, kleinlaut. Völlig zu recht, verdammt. »Wie konnte das passieren?«, bellte Hartmann und wollte es eigentlich gar nicht wissen.
    »Er muss uns bemerkt haben, was ich mir nicht erklären kann, denn wir waren, wie du gesagt hast, in zwei Fahrzeugen unterwegs und abwechselnd an ihm dran. Er hat den Golf genommen, was mich schon gewundert hat, ist nach Frankfurt gefahren und in einer Tiefgarage verschwunden. Es gab keine Parkplätze, wir waren also nicht so dicht dran, als der Golf eine halbe Stunde später wieder rauskam. Wir sind ihm natürlich gefolgt. Zu einer Disco. Es war der Sohn, der ältere. Er hat uns ausgetrickst.«
    »Scheiße!« Er schaute auf die Uhr auf dem Display, zwanzig Uhr dreißig, Petersen war noch immer nicht aufgekreuzt, und er nahm nicht an, dass er das in absehbarer Zeit tun würde. An einem Freitagabend kam man entweder früh nach Hause, um dann auszugehen, oder eben überhaupt nicht. Wenn er nicht automatisch angenommen hätte, dass Petersen beim Finanzamt Wiesbaden beschäftigt war, wüsste er jetzt vielleicht, wo er sich herumtrieb. Aber er arbeitete beim Finanzamt Rheingau-Taunus in Bad Schwalbach – Hartmann hatte also seine Zeit mit nutzloser Warterei am falschen Ort vergeudet. Was er bestimmt nicht rauslassen würde.
    »Macht Feierabend«, entschied er. »Ich fahre zu Gentners. Vielleicht weiß seine Frau, wo er steckt. Ich melde mich, wenn ich dich brauche.« Er drückte grußlos das Gespräch weg, ließ den Wagen an und fuhr los.
    Die Heizung blies ihm kalte Luft ins Gesicht, die sich erst allmählich erwärmte und dann schnell zu heiß war. Das Telefon klingelte schon wieder. Der Mann, den er auf Martens angesetzt hatte. Nichts los. Garage war dicht, er war im Haus, hatte auch im Laden herumgestanden. Man schaute fern, anscheinend. Jauch, mutmaßte der Mann. Er schickte auch ihn heim, mit besten Wünschen für eine gute Nacht und der Vorgabe, am nächsten Morgen pünktlich um sieben wieder zu übernehmen.
    Er erreichte Gentners Haus, stellte den Wagen ab und stiefelte zum Eingang, sich die Hände vor Kälte reibend. Der verdammte Köter verteidigte sein Revier, bevor er auch nur geklingelt hatte. Constanze Gentner öffnete die Tür, eine Hand am Halsband der Kreatur. Sie war die personifizierte graue Maus, befand er wieder einmal, alles andere hatte er sich eingebildet.
    »Sitz!«, sagte sie anstelle einer Begrüßung. »So bald hatte ich gar nicht mit Ihnen gerechnet. Kommen Sie herein, ich suche das Rezept heraus.«
    Hartmann blieb demonstrativ stehen. »Ich möchte zu Ihrem Mann.«
    »Der ist auf Geschäftsreise«, erklärte sie.
    »Am Wochenende?« Er legte ausreichend Skepsis in seine Stimme, dass kein Gedanke an Vertraulichkeit aufkommen konnte.
    »Ja. Ja, schon, das hat er gesagt.«
    »Hat er vielleicht auch verlauten lassen, wo ihn die Reise hinführt?«
    »Nein, das heißt, schon möglich, aber ich habe es vergessen. Oder ich habe nicht so genau zugehört«, fügte sie hinzu, und beinahe hätte er das kurz über ihr Gesicht huschende Grinsen übersehen.
    »Ist Ihre Tochter zu Hause?«, erkundigte er sich.
    Sie kniff die Augen zusammen, als hätte er die Frage schriftlich vorgelegt, und wich einen Schritt zurück, was Pawlow mit einem leichten Knurren registrierte. »Was wollen Sie denn von ihr?«
    »Gar nichts«, beschwichtigte er, »ich wollte wissen, ob Sie allein sind, ob wir reden können, meine ich, und das wollte ich nicht so direkt –« Er brach verlegen ab, aus dem Satz kam er nicht mit Anstand heraus.
    Sie kräuselte zögernd die Lippen, noch so etwas, das er überhaupt nicht wahrnehmen sollte, und schien sich an seinem Unbehagen zu weiden. »Jetzt kommen Sie schon herein«, sagte sie

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