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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Wohneigentum ist preiswert hier. Die Ems, die Nähe zur Nordsee, die zentrale Lage. Und unseren unwiderstehlichen Charme natürlich nicht zu vergessen.«
    »Natürlich.« Zinkel grinste. Er hatte das Gefühl, dass Lübben im Kreis fuhr, aber er würde schon wissen, was er tat. Nahm er an.
    »So«, Lübben bog auf einen Parkplatz, »da wären wir.« Sie stiegen aus und gingen zum Zebrastreifen. Plötzlich griff Lübben nach Zinkels Arm und zerrte ihn zurück, haarscharf, bevor er mit einem forschen Radler kollidiert wäre. »Autos halten, Radfahrer aber nicht«, erklärte er. »Sie dürfen die Radwege nur in Fahrtrichtung benutzen, aber das ist bloße Theorie. Lieber gucken.«
    Wo er herkam, fuhren die Räder auf der Straße. Daran, dass hier die Bürgersteige zweigeteilt waren, musste er sich erst gewöhnen, doch Zinkel nickte nur und hielt sich einen Schritt hinter Lübben, bis sie die Praxis erreichten.
    Lübben klingelte, ein Summen ertönte, und sie betraten den Warteraum. Dicker grauer Teppichboden, eine dunkelblaue Sitzgarnitur und diverse Bilder verbreiteten wie zum Hohn eine Behaglichkeit, die die Patienten vermutlich nicht empfanden. Der Empfangstresen war verwaist und bar einer Klingel. Lübben deutete wortlos auf ein Schild, das besagte, die Psychologin befände sich in einem Gespräch und stünde, wie die verstellbaren Zeiger einer Uhr anzeigten, um sechzehn Uhr wieder zur Verfügung. Zehn Minuten noch. Sie setzten sich und fixierten einvernehmlich die auf einem Tisch stehende Kleenex-Schachtel.
    Sie sprangen auf, als exakt zum angegebenen Zeitpunkt die Tür gegenüber geöffnet wurde und eine rundliche, ziemlich klein geratene Frau – daran änderten auch die hochhackigen Stiefel nichts – von Anfang sechzig das Wartezimmer betrat. Sie trug schwarze Pluderhosen, darüber ein wild gemustertes, grellfarbiges weites Oberteil, das trapezförmig abstand und ihr etwas von einem Clown verlieh. Ihre Frisur wirkte zu brav, fast streng dagegen, ein dunkelblonder, kinnlanger Helm.
    »Was kann ich für Sie tun, meine Herren?«
    Tolle Stimme, fand Zinkel, und so was von sanft.
    »Kripo.« Lübben zückte seinen Ausweis.
    »Ja, das dachte ich mir schon«, sagte Amelung.
    »Ach ja?« Lübben richtete sich zu voller Größe auf, als ginge ihm irgendetwas an ihr gegen den Strich.
    »Zwei Männer etwa gleichen Alters suchen mich nur höchst selten zusammen auf«, erklärte sie. »Ihnen ist aber klar, dass ich über meine Klienten nicht mit Ihnen rede, oder?«
    Hätte Zinkel nicht gewusst, dass das unmöglich war, hätte er gemeint, sie wachse vor ihren Augen. »Eine junge Frau wird vermisst«, versuchte er, die erwartete Hürde zu nehmen, »und es gibt Parallelen zu dem, was eine Ihrer Patientinnen erlebt hat.«
    »Klientin«, korrigierte Amelung in einem Ton, der nahelegte, dass sie dies zwanzig Mal am Tag machte.
    »Inka Morgenroth«, sagte Lübben.
    »Woher wollen Sie wissen, dass sie bei mir in Behandlung ist?«
    »Ehrlich gesagt, hoffen wir es nur.« Zinkel breitete entwaffnend harmlos beide Arme aus. »Genauso, wie wir hoffen, dass sie sich inzwischen an mehr erinnern kann. Irgendetwas, das uns weiterhelfen könnte.«
    Amelung schüttelte unwirsch den Kopf. »Ich muss auf jeden Fall zuerst mit ihr sprechen.« Sie beugte sich, ein Bein nach hinten gestreckt wie eine eingerostete Balletttänzerin, zum Telefon, reichte aber nicht heran und musste den Tresen umrunden.
    »Sie geht nicht ran.« Lübben klang ungeduldig.
    »Sie hat einen Anrufbeantworter.«
    »Ausgeschaltet. Und an die Tür geht sie auch nicht.«
    »Vielleicht ist sie bei ihrem Freund. Ich habe ihr dazu geraten.«
    »Ist sie nicht, da waren wir schon.«
    »Oje. Das hört sich nicht so gut an.«
    »Inwiefern?«
    »Sie glaubt, dass sie verfolgt wird.«
    »Vielleicht wird sie das ja tatsächlich.« Lübben schnaubte. »Wollen Sie es verantworten, wenn ihr etwas zustößt?«
    Amelung kniff die Augen zusammen. »Jetzt hören Sie schon auf«, beschwerte sie sich, »ich bin kein Kriegsdienstverweigerer, den man mit dieser uralten moralischen Keule überlisten kann, ja?«
    Zu Zinkels Überraschung lachte Lübben laut auf.
    »Sie haben völlig recht.« Er grinste reumütig. »Also noch mal von vorn. Inwieweit können Sie uns helfen, ohne Ihr Berufsethos zu verletzen?«
    »Setzen Sie sich.« Amelung wies mit einem Nicken auf die Sitzgruppe und schaffte es fast, ihr Siegerlächeln zu unterdrücken.
    »Wie schon gesagt, könnte Inkas Entführung Teil einer Serie

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