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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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könnte?
    Dann erkannten wir vor uns zwei Streifenwagen, die links am Fahrbahnrand parkten. Hier musste es sein. Jan, mein Kollege, stellte den Motor ab. Ich öffnete die Beifahrertür, lehnte mich noch einmal im Sitz zurück, atmete tief durch, dann stieg ich aus.
    Das Haus stand mit der Giebelseite zur Straße. Um den Eingang zu finden, mussten wir einmal halb um das Gebäude herum. Erst da erkannten wir, dass es ein Reihenhaus war. Trotz seiner zwei Geschosse wirkte es neben den hohen Bäumen wie geduckt. Ich zählte fünf Eingänge, am zweiten erwartete uns ein Schutzpolizist.
    Auf dem Fliesenboden im Flur die ersten Blutspuren. Wir balancierten um sie herum, erreichten die nächste Tür. Dahinter befand sich eine offene Küche, die linkerhand ins Wohnzimmer überging. Auch hier Blutantragungen auf dem Boden. Wie Wegmarkierungen führten sie uns direkt zur Leiche. Eine junge Frau, sie lag rücklings auf der Couch – vollkommen nackt. Ihr Körper war so zierlich, dass man ihn fast für den eines magersüchtigen Teenagers hätte halten können.
    Der Kopf der Frau war nach links gedreht, das Gesicht zeigte zur Wand. Von ihren Armen sah man kaum etwas, sie waren an den Handgelenken hinter dem Rücken gefesselt. Das linke Bein lag ausgestreckt auf der Couch, das rechte war leicht abgewinkelt, der Unterschenkel hing herunter, so dass der Fuß den Boden berührte.
    Ich blieb in einer Ecke des Zimmers stehen und beobachtete, was Jan machte. Dabei war ich so konzentriert, dass ich gar nicht dazu kam, darüber nachzudenken, wie die ganze Situation auf mich wirkte. Ob es mich belastete, eine Leiche in ihrem privaten Umfeld zu sehen? Zumal inmitten all der Spuren, die unmissverständlich darauf hindeuteten, dass die Frau gewaltsam zu Tode gekommen war?
    Es war wie eine Lehrstunde, nur viel intensiver. Gebannt und mit allen Sinnen sog ich auf, was sich vor meinen Augen abspielte. Womit waren die Kriminalbeamten beschäftigt? Worüber tauschten sie sich aus, untereinander, aber auch mit meinem Kollegen? Wie verhielt man sich als Rechtsmediziner an einem Tatort? Was hatte man zu tun, und in welcher Reihenfolge erledigte man diese Aufgaben sinnvollerweise? Und so weiter. Natürlich wusste ich, wie es in den Lehrbüchern stand. Die Frage war, ob es sich vor Ort genauso umsetzen ließ.
    Selbst scheinbare Nebensächlichkeiten prägte ich mir ein. Etwa dass Jan die Erkenntnisse, die er bei der Leichenbesichtigung gewann, nicht in ein Diktiergerät sprach, sondern auf einer Kladde notierte. Ebenso die Ergebnisse der ersten Untersuchungen, die er anstellte, um etwas zum möglichen Todeszeitpunkt zu erfahren. So habe ich es mir dann auch angewöhnt. Dagegen benutze ich im Sektionssaal ein Diktiergerät, allerdings nur bei der äußeren Leichenschau. Bei der inneren, der eigentlichen Obduktion, macht sich das schlecht, da hat man – im wahrsten Sinne – beide Hände voll zu tun. Zwischendurch notiere ich mir einiges, aber das meiste merke ich mir auch so. Erst hinterher greife ich dann wieder zum Diktiergerät.
    Dass wir es hier mit einem Tatort zu tun hatten, daran bestand nun kein Zweifel mehr. Das gesamte Haus galt als Tatort. Wie es im Obergeschoss aussah, weiß ich nicht, da kamen wir nicht hin. Aber in der Küche war ein Stuhl umgestürzt, und auf dem Boden im Wohnzimmer lagen wild verstreut mehrere Kleidungsstücke. Der Größe nach dürften sie dem Opfer gehört haben, was angesichts der Tatsache, dass es unbekleidet gefunden wurde, nahelag – und sich später auch bestätigen sollte.
    Mitten in der Unordnung fand sich ein Slip, zerrissen in mehrere Stücke. Offenbar hatte sich die Wut des Täters daran besonders entladen. Ob vor der Tat oder danach – das würde man wohl nur erfahren, wenn es der Täter verriet.
     
    Die Kriminalbeamten hatten bereits einiges über den Tathergang in Erfahrung gebracht. Vor allem dank eines Rentners, der mit seiner Frau und zwei Katzen einen Eingang weiter wohnte. Er hatte gegen zwanzig Uhr die Polizei alarmiert. Dass sich die jungen Leute nebenan gestritten hatten, war für das Ehepaar nichts Ungewöhnliches gewesen. Das sei häufiger vorgekommen, meinte der Mann, zuletzt beinahe täglich. Die junge Frau habe ihnen leidgetan, anscheinend wurde sie von diesem Unhold – so nannte er ihn – manchmal sogar verprügelt. Erst letztens hätten sie sie beim Einkaufen im Supermarkt gesehen, furchtbar zugerichtet sei ihr Gesicht gewesen, wie nach einem schlimmen Boxkampf: die Lippe dick

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