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Spurlos in der Nacht

Spurlos in der Nacht

Titel: Spurlos in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unni Lindell
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den Kopf in den Nacken und lachte. Der Nieselregen ließ die Wimperntusche auf seinen Wangen zerlaufen.

71
    Plötzlich stand Cato Isaksen vor dem Bekleidungshaus Dressman auf Carl Johan. Auf irgendeine Weise konnte er sich an den vielen Menschen vorbeidrängen. Eine Frau in schwerer Tracht sah ihn wütend an. Er wusste nicht so recht, wie das passiert war, aber plötzlich stand er vorn, in der ersten Reihe. Irgendwer rief ihm etwas zu. Irgendwer stieß ihn an. Er wollte schon die Straße überqueren, wurde von einem Polizisten jedoch zurückgehalten. Und dann sah er sie. Plötzlich sah er sie live. Die Kronprinzessin, die im Wagen saß und winkte und winkte. Der Wagen fuhr langsam an ihm vorbei. Das Ganze dauerte zwei Sekunden, dann war das Auto verschwunden.
    Er suchte in seiner Erinnerung nach einem Bild. Als er damals Moen nach Vestmarka gefolgt war, war der plötzlich verschwunden. Cato Isaksen versuchte, dieses Bild noch einmal vor sich zu sehen. Er hatte sich im hohen Gras hingehockt und gelauscht. Er hatte Stimmen gehört, dann waren zwei Radfahrerinnen um die Kurve gebogen. Als er sich dann aufgerichtet hatte und weitergegangen war, hatte die Landschaft sich ausgeweitet. Er hatte in der Ferne zwei Häuser und eine Frau in einem mittelblauen Mantel gesehen. «Verdammt.» Cato Isaksen fluchte abermals. Was hatten ältere Frauen im Mantel draußen im Wald zu suchen? Das war Moen gewesen, natürlich war er das. Plötzlich hatte er Gewissheit. Kathrine wurde irgendwo dort draußen im Wald gefangen gehalten.
    Irgendwie musste er sich zum Verteidigungsministerium durchschlagen. Er musste sich Zugang zu Alf Boris Moens Büro verschaffen, vielleicht würde er dort etwas finden. Eine Karte, eine Beschreibung, irgendetwas, das ihm einen Hinweis darauf geben könnte, ob er auf der richtigen Spur war. 
    Im Laufen versuchte Cato Isaksen Asle Tengs anzurufen, der seines Wissens nach Dienst hatte. Eine Stimme in der Zentrale bat ihn, einen Moment zu warten. Er wartete und wartete, dann drückte er auf den roten Knopf.
    Die Menschenmenge löste sich jetzt auf. Jetzt herrschte ein fast noch größeres Chaos. Die Leute verteilten sich in den Nebenstraßen und strebten verwirrt in alle Richtungen. Cato Isaksen warf wieder einen Blick auf die Uhr. Es war zehn nach sechs Uhr. Wie sollte er die richtigen Instanzen zu fassen bekommen, die ihm Zugang zu Moens Büro verschaffen würden? Das Verteidigungsministerium war so gut gesichert wie eine Ritterburg.
    Er wählte Ellens Nummer. Ellen meldete sich sofort. Er fragte, ob sie kommen könnte. Seine Stimme war kurz vor dem Brechen. Ellen fragte, worum es gehe, und er versuchte so gut er konnte, es ihr zu erklären. Aber er merkte ja, wie verwirrt er sich anhörte. Er berichtete von seinem grotesken Fund im Keller in der John-Colletts-Allee. Und dass er glaube, im Fall Moen kurz vor der Aufklärung zu stehen. Er plapperte über die ältere Dame im Wald, über die Essensportionen, über das Versteck, das er irgendwo draußen in Baerum vermutete. Er konnte Ellens Stimme anhören, dass er nicht zu ihr durchgedrungen war.   
    «Aber Frauenkleider», sagte sie ruhig. «Das muss doch nichts bedeuten. Vielleicht hast du Brenda Moens Garderobe entdeckt. Wo sie doch so verrückt nach diesem ganzen Königskram war.,»
    Er hatte keine Zeit, sich diese Einwände anzuhören. «Ich gehe jetzt zum Verteidigungsministerium und versuche mir Zutritt zu seinem Büro zu verschaffen», fiel er ihr ins Wort. «Kannst du kommen und mir helfen oder nicht?» Die Verzweiflung darüber, dass sie ihn nicht verstand, entmutigte ihn fast.
    «Aber da unten ist doch heute sicher geschlossen», sagte Ellen ruhig.
    «Das weiß ich, verdammt noch mal», sagte er. «Aber ich muss da rein!»
    «Aber wie kann ich dir denn eigentlich helfen?»
    «Ich bin fast sicher, dass Moen Kathrine irgendwo in der Gegend gefangen hält, wo ich ihn in Frauenkleidern gesehen habe», sagte er verzweifelt. Und die ganze Zeit lief er dabei weiter.
    «Aber woher willst du das wissen?»
    «Glotzt du auch diese blöde Hochzeit im Fernsehen oder was?»
    «Ja», sagte Ellen Grue sauer. «Ist das etwa verboten?»
    «Na gut», sagte Cato Isaksen gereizt. «Vergiss es. Ich schaff das schon.» Er beendete das Gespräch und steckte das Telefon wieder in die Tasche.
    Er hatte das hellgelbe Gebäude mit den beiden Kanonen erreicht. Er bückte sich kurz und legte die Hände auf die Knie, um wieder zu Atem zu kommen. Das schwere Portal war natürlich

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