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Spurlos in der Nacht

Spurlos in der Nacht

Titel: Spurlos in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unni Lindell
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an. Niemand meldete sich. Er beschloss, in den nächsten Tagen endlich für seinen Sohn ein Handy zu kaufen. Randi Johansen lächelte und sagte, sie müsse an die beiden alten Damen denken. «Ich hoffe, ich werde nicht so», sagte sie.   
    «Das wirst du bestimmt», erwiderte Cato Isaksen und lächelte.

9
    Der nächste Tag verlief chaotisch. Es kam zu keinen Vernehmungen, es gab nur eine Menge von Hinweisen, von denen keiner eine wirkliche Antwort brachte. Immer wieder setzten ihm die anderen zu, wollten seinen Rat einholen, seine Meinung erfragen. Am Ende ging er auf die Toilette und spülte sich das Gesicht mit kaltem Wasser ab. Er hielt sich den ganzen Tag ununterbrochen auf der Wache auf.
    Sein ältester Sohn, Gard, und dessen Freundin Tone hatten ihn und Bente für diesen Abend um halb acht zum Essen eingeladen, zusammen mit Tones Eltern. Die beiden Elternpaare waren sich noch nie begegnet. Eigentlich kam diese Einladung ungelegen. Er hätte vielmehr den ganzen Abend über dem Fall Moen brüten müssen. Rasch schaute er auf die Uhr. Die zeigte zehn vor sieben. Wenn er sich beeilte, konnte er noch beim Frogner-Heim vorbeischauen. Er hatte seine Mutter seit drei oder vier Wochen nicht mehr besucht.
    Es war schon nach sieben, und er wusste, dass das Personal sich ärgerte, wenn die Besucher noch so spät eintrafen, aber das war ihm jetzt egal. Seine Mutter saß schließlich nicht im Gefängnis. Diese vielen Besuchszeiten und Regeln! Es ging hier immerhin um seine Mutter. Er wollte sie besuchen, wenn es ihm passte!
    Er musste klingeln, um eingelassen zu werden. Eine Krankenpflegerin schaute ihn durch die Glastür verwundert an. Er sagte kurz, warum er gekommen war.
    «Aber ich glaube, Frau Isaksen ist schon zu Bett gegangen», sagte die Weißgekleidete. Er spürte, wie die Wut in ihm aufstieg. Es war kurz nach sieben, und sie hatten seine Mutter bereits ins Bett gesteckt.
    «Aber das will sie doch so», sagte die Krankenpflegerin, als sie seine Reaktion sah. «Sie ist im Moment immer sehr müde. Frühjahrsmüdigkeit, nehme ich an.» Sie machte sich an der Uhr zu schaffen, die an ihrer weißen Brusttasche befestigt war.
    Cato Isaksen fuhr mit dem Fahrstuhl in den ersten Stock und lief mit energischen Schritten über den stillen Gang. Und wirklich, seine Mutter schlief. Vermutlich haben sie sie mit Schlaftabletten vollgepumpt, dachte er, und trat dicht an ihr Bett heran. Sie war jetzt alt, sehr alt. Ihre dünnen Hände lagen auf der Decke. Sie atmete gleichmäßig. Eine kleine Lampe stand auf einem Tisch in der Ecke. Das Licht fiel wie ein warmes Dreieck über ihre Hände und einen Teil der Decke. Er betrachtete die Fotos an der Wand, es waren Familienbilder. Das Hochzeitsbild von ihm und Bente, von ihrer ersten Hochzeit. Er glaubte nicht, dass seine Mutter wirklich begriff, welches Chaos er in den vergangenen Jahren angerichtet hatte. Die Kinderbilder von Gard und Vetle waren niedlich. Wie schnell die Zeit im Grunde verging. Alles änderte sich, aber das Alte war doch immer noch vorhanden.
    Plötzlich fiel ihm auf, dass frische Blumen auf dem Nachttisch standen. Ein bunter Tulpenstrauß. Von wem sie die wohl hatte? Die Antwort kannte er natürlich. Von Sigrid und Hamza. Die waren so umsichtig, es war zum Kotzen!
    Irgendwer hatte eine von Georg angefertigte Zeichnung an die Wand über dem Bett geklebt. Cato Isaksen lächelte. Er erkannte den humoristischen Strich seines Jüngsten. Ein lila Drache spie aus weit aufgerissenem Mund Feuer. Der Junge machte im Moment eine Phase durch, in der er sich vor großen, unbekannten Tieren fürchtete.
    Cato Isaksen bückte sich und nahm vorsichtig die Hände seiner Mutter. Sie merkte das nicht, sondern schlief ruhig weiter. Er blieb stehen und sah sie noch einen Moment an, dann ging er zurück zu seinem Wagen und fuhr weiter nach Asker.
    Das Ermittlungsteam versammelte sich im üblichen Besprechungszimmer. Der Abend bei Gard und seiner Freundin war nett gewesen. Sie hatten in ihrer kleinen Wohnung den Tisch hübsch gedeckt und die beiden Elternpaare, die sich zum ersten Mal trafen, stolz und ein wenig nervös empfangen. Alles war gut gelaufen. Cato Isaksen, der eigentlich ziemlich erschöpft und nach seinem Besuch im Frogner-Heim ziemlich deprimiert gewesen war, war aufgetaut und hatte sich mit Tones Vater angeregt unterhalten. Bente und Tones Mutter hatten sich ebenfalls verstanden. Vor zwei Jahren war die Lage nicht so rosig gewesen. Card war in eine Clique abgerutscht, in

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