Spurlos in der Nacht
das sein könnte.
«Sie haben Kathrine nicht gekannt», sagte sie leise. Randi Johansen registrierte traurig, dass sie die Vergangenheitsform benutzte.
«Sie war dickköpfig und frech. Und konnte ungeheuer selbstsicher auftreten. Das hat ihn provoziert. Das hier hat sie sich nur aus den Fingern gesogen. Was wissen Sie überhaupt über Mädchen in diesem Alter?»
Randi Johansen wusste nicht so recht, was sie antworten sollte.
«Wussten Sie, dass Kenneth und sein Freund Pornos bestellt und an Ihren Bekannten geschickt haben?» Cato Isaksen verschränkte die Arme.
«Nein», sagte Helena Bjerke. «Ich weiß, dass er Pornos hat, aber das stört mich nicht. Was das angeht, bin ich nicht so eine Emanze.»
«Kathrine wusste auch davon», sagte Cato Isaksen, ohne Maiken Stenberg zu erwähnen.
«Das kann ich mir denken. Ich weiß auch, dass sie mit Kenneth Sex hatte. Eine Mutter weiß das einfach. Vierzehn Jahre alt, eine unschuldige Konfirmandin!» Die Mutter schnaubte. «Aber das musste ja so kommen.» Sie fing Randi Johansens Blick auf. «Haben Sie Kinder?»
Randi Johansen nickte. «Eine kleine Tochter», sagte sie.
Helena Bjerke lächelte ironisch. «Sie Arme», sagte sie.
Randi wollte schon widersprechen, wollte erklären, dass ihr Kind nicht so werden würde, riss sich aber zusammen. Es war ihr unangenehm, dass hier eine Mutter solche Dinge über ihre Tochter sagte. Randi Johansen stellte fest, dass die Trauer der Mutter in Zorn umgeschlagen war. Eine rötliche Herbstsonne fiel durch einige schmale Dachfenster und malte längliche Streifen auf dem abgenutzten Linoleum.
«Tage Wolter streitet alles ab», sagte Cato Isaksen später am Tag bei der nächsten Besprechungsrunde.
«Das Schlimmste ist, dass sein Schwager, Alf Boris, und auch Helena zu ihm halten. Helena Bjerke bezeichnet die Sache als puren Unsinn. Sie sagt, Kathrine habe eine lebhafte Fantasie gehabt. Alf Boris Moen ist da ganz ihrer Ansicht. Ich habe eben erst mit ihm telefoniert. Und damit sind wir so schlau wie vorher.»
«Wir müssen Geduld haben.» Randi schlug die Beine übereinander. «Wäre es möglich, dass Kathrine ihrer Großmutter irgendetwas erzählt hat, vielleicht, dass ihr Stiefvater ihr beim Duschen zuschaut. Kann Brenda Moen dann den Stiefvater angerufen und ihm gedroht haben, es Kathrines Mutter zu erzählen?»
Cato Isaksen sah Randi Johansen an. «Doch», sagte er. «Das könnte möglich sein.»
«Vielleicht weiß Maiken Stenberg ja auch nicht alles. Vielleicht hat er noch viel schlimmere Sachen gemacht als ihr nur beim Duschen zuzusehen.» Randi Johansen beugte sich vor. «Kenneth hat doch zugegeben, dass er und Kathrine oft im Boot des Stiefvaters waren. Und darüber stand nichts in den Protokollen aus Folio.»
«Was ist mit diesem Kenneth?», fragte Preben Ulriksen, der eben das Zimmer betreten hatte. «Vielleicht hat Kathrine ihm das ja auch über den Stiefvater erzählt.»
«Ja», sagte Cato Isaksen. «Wir wissen, dass sie das getan hat, aber warum hätte Kenneth deshalb die Großmutter ermorden sollen? Falls du das gemeint hast.»
Roger Høibakk ließ sich in seinem Stuhl zurücksinken, schob ihn ein Stück vom Tisch zurück und hielt sich an der Tischkante fest. «Das ergibt doch alles keinen Sinn.»
Die Tür wurde geöffnet und Ellen Grue und Ingeborg Myklebust kamen herein. Roger Høibakk wippte noch immer auf seinem Stuhl hin und her. «Lass das bitte», sagte Ingeborg Myklebust mit scharfer Stimme und nickte zu ihm herüber. Roger ließ den Stuhl auf den Boden knallen.
Ingeborg Myklebust schien guter Stimmung zu sein. Cato Isaksen war jetzt wachsam. Vielleicht, weil er wusste, dass sie auf irgendeine Weise seine Gedanken erraten konnte. Sie durchschaute ihn ganz einfach. Er hatte fast das Gefühl, dass sie wusste, wenn er sich nachts mit Bente geliebt hatte, und dass sie ihm seine Empfindungen für Ellen Grue am Gesicht ablesen konnte.
Die Besprechung konnte beginnen. Alle wussten, dass Ingeborg Myklebust versuchen würde, ihre Bemühungen negativ darzustellen.
«Wir wissen nur, welche Geschosse verwendet worden sind», sagte Ellen Grue.
«Vergiss nicht, dass der Sohn der Verstorbenen im Verteidigungsministerium arbeitet», sagte Roger Høibakk.
«Er hat keinen Waffenschein», sagte Randi Johansen. «Und er arbeitet im Archiv. Sortiert Dokumente ein und so. Kopiert sie und schreibt Briefe. Er hat absolut keinen Zugang zu Waffen. Ich habe mehrere Personen überprüft, die mit Brenda Moen und Kathrine Bjerke
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