Spurlos in der Nacht
hat?»
«In den letzten Tagen kam sie mir vielleicht ein bisschen traurig vor. Aber sie hat nichts gesagt.»
«Wieso kommst du dann auf diesen Gedanken?»
«Sie hatte sich doch das Bein gebrochen. Und kein Geld für diese Hose bekommen. Die war ein bisschen weit, wissen Sie. Und deshalb hätte sie sie über den Gips ziehen können.»
«Wie hat sie sich denn umher bewegt? Ich meine, mit den Krücken?»
«Lars hat sie fast überall hingefahren. Aber sie konnte sich auch mit Krücken ziemlich gut bewegen. Das ist gar nicht so schwer, wissen Sie, wenn man es erst einmal gelernt hat.»
«Das mit dem T-Shirt und dem Blut kannst du übrigens vergessen», sagte Cato Isaksen und erzählte ihr von dem Hühnerblut. Maiken Stenberg brach in Tränen aus. Sie sei erleichtert, sagte sie, und gab zu, dass Kathrine und Kenneth ab und zu allein im Gartenhaus gewesen waren, und dass alle gewusst hatten, was dort vor sich ging. «Sicher hat Kenneth vergessen, das T-Shirt wieder anzuziehen», sagte sie leichthin. «Bestimmt war das so, und dann hat Alexander es gefunden und damit seine Schweinerei aufgewischt.»
Als Maiken Stenberg gegangen war, wanderte Cato Isaksen mit der Kaffeetasse in der Hand über den Flur zu Roger Høibakks Büro. Er hatte gerade in einer Zeitung eine Untersuchung darüber gelesen, dass die Jugend sexuell viel experimentierfreudiger war als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Außerdem war dabei herausgekommen, dass Mädchen sich von Jungen oft zu Dingen gedrängt fühlten, zu denen sie gar keine Lust hatten. Das alles machte ihm in Bezug auf Kathrine durchaus Gedanken.
Er klopfte leicht an die Tür und ging dann hinein. Roger Høibakk hatte den Artikel auch gelesen, fand es aber nicht weiter interessant, dass Kenneth Hansen Pornos bezogen hatte. «Das kommt vielleicht ziemlich häufig vor», sagte er.
«Aber sie unter falschem Namen für Tage Wolter zu bestellen», sagte Cato Isaksen.
«Das ist etwas anderes», sagte Roger Høibakk. «Kathrine Bjerke ist zwar erst vierzehn, aber offenbar leben wir in unmoralischen Zeiten. Offenbar haben heute alle Sex, egal, wie alt sie sind.» Roger Høibakk wollte gerade einen Witz über Ellen Grue reißen, nahm sich dann aber zusammen.
Cato Isaksen dachte an den siebzehnjährigen Vetle. Er glaubte nicht, dass der Junge schon mal mit einem Mädchen geschlafen hatte. Und wer hätte dieses Mädchen auch sein sollen? Soweit der Vater wusste, hatte Vetle noch nie eine Freundin gehabt.
«Maiken hat zugegeben, dass Kenneth und Kathrine manchmal allein im Gartenhaus waren, und auch in Tage Wolters Boot. Alle wussten, was da ablief. Vermutlich hat Kenneth nach so einer Runde das T-Shirt vergessen. Er hatte sicher einen Pullover darüber. Und dann lag das T-Shirt einfach herum, bis Maikens Bruder es dafür benutzte, das Blut eines Huhns, das er umgebracht hatte, wegzuwischen.»
«Das ist doch einfach albern», sagte Roger Høibakk. «Da glauben wir, den Fall schon halb gelöst zu haben, und dann war es bloß ein verdammtes Huhn.»
«Aber ich habe eine andere interessante Neuigkeit.» Cato Isaksen ließ sich auf einen Stuhl fallen. «Kathrines Stiefvater hat sie beim Duschen belauert.»
Roger Høibakk schaute seinen Chef ungläubig an. «Ach was», sagte er nur.
«Das ist doch vielleicht etwas», meinte Cato Isaksen und fuhr sich nervös mit der Hand durch die Haare.
«Von wem weißt du das? Von Maiken Stenberg?»
Cato Isaksen nickte. «Ich habe kein so gutes Gefühl, was Tage Wolter angeht», sagte er.
«Du glaubst, dass er etwas mit dem Verschwinden zu tun hat?»
«Ich weiß nicht. Aber dass es eine Verbindung zwischen dem Tod der Großmutter und Kathrines Verschwinden gibt. Da bin ich mir ganz sicher.»
«Du warst in letzter Zeit doch immer wieder in Drøbak», sagte Roger Høibakk.
Cato Isaksen nickte. «Ich werde noch einmal versuchen, mit Brenda Moens Freundinnen zu reden. Versuchen, die Dinge aus einem etwas anderen Blickwinkel zu sehen. Die Perspektive zu verschieben, vielleicht. Aber die alten Damen scheinen viel unterwegs zu sein», fügte er hinzu. «Ich muss sie anrufen und eine Uhrzeit ausmachen.»
Roger Høibakk versprach, sich um Anders Ovesen und die Jungs aus Folio zu kümmern. «Die kommen heute Nachmittag, um die bisherigen Ergebnisse zusammenzufassen. Sie finden offenbar, dass wir zu sehr die Führung an uns gerissen haben. Myklebust ist sauer. Aber jetzt hast du ja immerhin eine Kleinigkeit, mit der du auf den Tisch hauen kannst. Ich meine
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