Spurlos in der Nacht
empfunden?»
Nils Bergman drehte sich halbwegs zu ihm um. «Soll das heißen, dass ich unter Verdacht stehe? Wollen Sie das andeuten? Aber dann sind Sie wirklich auf dem Holzweg. Was machen Sie hier eigentlich für eine Ermittlungsarbeit? Mir kommt es so vor, als ob Sie vollständig im Dunklen tappen.»
Cato Isaksen sackte ein wenig in sich zusammen. Gut, dass Nils Bergman nicht ahnen konnte, wie Recht er hatte. Für einen Moment hatte er gewaltige Lust, dem anderen zuzustimmen. Aber das tat er nicht. Er hatte nur zu deutlich das Gefühl, dass Nils Bergman erleichtert war, als er ging.
30
Die Ermittler trafen sich zum Essen in der Kantine. Sie arbeiteten in Zweier- oder Dreiergruppen miteinander. Einige waren jetzt mit anderen Fällen betraut worden. Auch die Zeitungen verloren jetzt das Interesse. Cato Isaksen redete vor allem mit Roger und Randi, aber auch mit Preben und Asle Tengs.
«Ich glaube, ich schaue noch einmal in Brenda Moens Wohnung vorbei», sagte Cato Isaksen, als Ellen Grue sich an ihren Tisch setzte. Sie war eben erst von einer kurzen Hochzeitsreise zurückgekehrt und ihm war es wichtig, diese nicht zu erwähnen und nicht daran zu denken. Aber seine Gedanken hatte er nun einmal nicht immer im Griff.
«Dann musst du dich an Alf Boris Moen wenden, der hat doch den Schlüssel», sagte Ellen und biss in ihr Käsecroissant. «Weißt du jetzt eigentlich, was neulich mit ihrer Wohnung war? Das, was dir einfach nicht einfallen wollte, meine ich?» Sie musterte ihn mit unergründlicher Miene.
Er schaute sie an und schüttelte den Kopf. «Nein», sagte er und dachte an ihre Haut, an ihre kleinen festen Brüste, die Oberschenkel, das weiche Hinterteil.
Ihre dunklen Augen musterten ihn forschend. Sie hielt seinen Blick fest. «Du fragst gar nicht, wie meine Reise war.» Ellen Grue lächelte resigniert. «Du bist so verdammt feige», fügte sie mit harter Stimme hinzu.
Er blickte sie empört an. «Mir kann es ja wohl egal sein, ob du dich auf deiner Hochzeitsreise amüsiert hat. Du bist immer so kühl ... so weit weg.»
«Ja», sagte sie rasch. «Ich war weit weg. Ich war auf den Malediven. Es war toll da», fügte sie hinzu. «Einfach entspannen und es sich nett machen. Ich habe immer auf zuviele Menschen Rücksicht nehmen müssen.»
«Deine Brüder», sagte Cato Isaksen und registrierte, dass sie «es sich nett machen» gesagt hatte. Das klang ja nicht gerade spannend, dachte er und war erleichtert.
«Ja», sagte sie leise und seufzte. «Sie haben doch nur mich, auch wenn sie jetzt erwachsen sind. Und du würdest doch meinetwegen keine von deinen beiden Frauen verlassen, weder Sigrid noch Bente. Ich glaube, dass du Bente liebst, die Sicherheit, die sie dir gibt. Als Mutter deiner Kinder und überhaupt.»
Cato Isaksen senkte beschämt den Kopf. Er wusste, dass sie Recht hatte, aber er war nun mal verliebt. Er war glühend und schmerzhaft in Ellen verliebt. Es hatte so lange keine Rolle gespielt, wie sie keinen Mann gehabt hatte. Er hatte gern an sie gedacht und von ihr geträumt, war ab und an zu ihr gefahren, hatte auf dem Gang mit ihr geflirtet, hatte Blicke getauscht. Es war die Pest, es war doch fast idiotisch, wenn ein Erwachsener mit den Gefühlen eines Teenagers herumlief. Er war über sich selbst verzweifelt.
Ehe ihm dieser Gedanke wirklich bewusst geworden war, kam sie ihm zuvor. «Du verliebst dich in das Unerreichbare, siehst du das nicht selbst? Siehst du das Muster nicht? Du möchtest dich vor Entscheidungen drücken.»
Das stritt er energisch ab. «Ich bin doch zu Bente zurückgekehrt», sagte er mit harter Stimme.
Plötzlich stand Roger Høibakk am Tisch und musterte sie beide. Und beide schauten irritiert zurück. Ellen Grue stellte die leeren Teller und Tassen aufeinander. Dann erhob sie sich.
«Tu's», sagte sie. Cato Isaksen blickte sie verständnislos an.
«Sieh dir noch einmal Brenda Moens Wohnung an», sagte sie laut.
Roger Høibakk ließ sich auf den freien Stuhl fallen. Ellen Grue verließ die Kantine mit raschem Schritt.
«Wie ist sie eigentlich?» Roger blickte ihn mit neckendem Blick an.
«Lass den Quatsch, bitte.»
«Aber alle wissen doch, was ihr so treibt.»
Cato Isaksen wandte sich ab und starrte die Wand an.
Roger nahm den Kamm aus der Tasche und zog ihn durch seine Haare. Dann steckte er ihn wieder zurück und trank zweimal ausgiebig an seiner Milch. «Ellen ist eine tolle Frau, das schon, aber ein ziemlicher Feger. Wie ist sie nun eigentlich?», fragte
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