Spurlos in der Nacht
Bjerkes Verschwinden in Verbindung gebracht.»
«Natürlich nicht», meinte Preben Ulriksen. «Wir wissen das ja selbst erst seit ein paar Minuten. Tolle Frisur übrigens», fügte er hinzu und zwinkerte ihr zu.
Ingeborg Myklebust ignorierte diese Schmeichelei. Alle wussten, dass sie Komplimente hasste. Sie ließ sich auf einem freien Stuhl nieder.
«Alte Damen werden hier in der Stadt ja vielleicht nicht jeden Tag erschossen», sagte sie.
«Dass Jugendliche verschwinden», sagte Roger Høibakk und gähnte, «kommt dagegen häufiger vor.»
«Sie ist erst vierzehn», sagte Ingeborg Myklebust. «Das ist also sehr ernst.»
Das fanden die anderen auch. Natürlich hatten sie den Fall schon verfolgt. Die Polizei des Bezirks Folio war zusammen mit der Kripo für die Ermittlungen im Fall Kathrine zuständig. Dass ihr Verschwinden etwas mit dem Mord an einer alten Frau in Ullevål Hageby zu tun haben sollte, wirkte unbegreiflich, aber zweifellos interessant.
«Das Spiel der Zufälle ist oft der pure Wahnsinn», sagte Preben Ulriksen und gähnte ebenfalls.
Die Abteilungschefin nickte mit ernster Miene.
«Ich finde, du solltest sofort mal mit ihrer Mutter sprechen», sagte sie zu Cato Isaksen.
«Sie wohnt in Drøbak», sagte Roger Høibakk. «Ich komme mit. Wir fahren, sowie die Kollegen aus Folio hier gewesen sind. Die können jeden Moment eintreffen.»
«Jetzt?» Cato Isaksen schaute auf die Uhr.
«Wir müssen so schnell wie möglich ans Werk gehen», sagte Roger Høibakk mit müdem Lächeln. «Anders Ovesen von der Kripo hat sich ebenfalls angesagt. Die sind seit einer Woche an der Sache dran.»
Cato Isaksen spürte, wie der Missmut in ihm aufstieg. So war es immer zu Beginn eines neuen Falles. Er wusste, dass er von nun an viele Stunden im Dienst sein würde. Aber heute durfte er nicht vergessen, Georg, seinen jüngsten Sohn, aus dem Kindergarten zu holen. Der Junge war das Resultat einer kurzen Liason mit Sigrid Velde, mit der er fünf Jahre zuvor zusammen gewesen war. In dieser Beziehung hatte es sehr viel Hin und Her und viele Verletzungen gegeben. Nachdem er fast zwei Jahre mit der Mutter des Kleinen zusammengelebt hatte, war er zu seiner Exfrau Bente zurückgekehrt und sie hatten ein zweites Mal geheiratet. Er fuhr sich rasch über das Gesicht. Er musste sich von seinen Kollegen allerlei Witze über sein Privatleben anhören. Das war an sich nicht weiter schlimm. Eigentlich waren die Sprüche ja meistens ziemlich harmlos. Er war jedoch froh darüber, dass die anderen keine Ahnung von ihm und Ellen hatten. Dass Ellen jetzt heiraten wollte, war vielleicht gar nicht so schlimm, denn für ihn bedeutete es schließlich ein Problem weniger.
Thorsen und Billington hatten ebenfalls die ganze Nacht gearbeitet. Asle Tengs dagegen war munter und ausgeruht. Preben, Roger und der junge Kollege gähnten um die Wette.
Randi Johansen wurde beauftragt, festzustellen, welche gewalttätigen Vorbestraften sich derzeit auf freiem Fuß befanden. Psychopathen, Gewalttäter, alle Typen.
«Ich nehme mir die Drogensüchtigen vor», kündigte Asle Tengs mit ruhiger Stimme an. «Auch wenn ihre Tasche noch da lag, so hatte er es ja vielleicht doch darauf abgesehen.»
Eine halbe Stunde später trafen die beiden Kollegen aus Folio ein. Cato Isaksen begrüßte sie und sammelte das ganze Team im größten Besprechungszimmer. Fünf Minuten darauf klopfte Anders Ovesen von der Kripo an die Tür. Nach zwei Minuten unverbindlichen Geplauders machten sie sich an die Arbeit. Die beiden Kollegen aus Folio legten ihr Material über den Fall Kathrine vor, Fotos und Berichte über alles, was sie bisher unternommen hatten. Es gab eine gründliche Übersicht über alle Instanzen, die sich an der Suche beteiligt hatten. Heimwehr, Rotes Kreuz und andere Freiwillige. Wann und wo sie gesucht hatten, alles war genau notiert. Im Hafenbecken hatten sie ein Mini-U-Boot und Taucher von der Marine eingesetzt, um festzustellen, ob Kathrine vielleicht ins Wasser gefallen war. Vierzehn Jahre alte Mädchen, die verschwanden, standen automatisch hoch auf der Liste der Prioritäten. Sie hatten alles unternommen, um sie zu finden. Kathrine Bjerke war ein Scheidungskind. Sie hatte einen Stiefvater, aber mit dem schien sie sich nicht sonderlich gut zu verstehen. Aber nichts in ihrer engsten Familie oder ihrem Bekanntenkreis wirkte unnormal. Sie traf ihren biologischen Vater regelmäßig und hatte ein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter. Die Polizei hatte mit
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