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Spurlos in der Nacht

Spurlos in der Nacht

Titel: Spurlos in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unni Lindell
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kann nicht mehr.»
    Cato Isaksen sagte, die Polizei habe allerlei unterschiedliche Theorien. «Es tut mir Leid, dass ich Sie so quälen muss», fügte er hinzu.
    «Das verstehe ich ja, aber ich kann mich wirklich nicht erinnern.» Plötzlich lag ein scharfer Unterton in Helena Bjerkes Stimme.
    Cato Isaksen beendete das Gespräch und legte das Telefon neben sich auf den Sitz. Die Theorie, Tage Wolter könne Kathrines Leiche im Boot versteckt und am nächsten Tag auf dem offenen Meer über Bord geworfen haben, war nicht ganz unwahrscheinlich. Aber dann hätte irgendwer ihn sehen müssen. Auf der Wache würde er überprüfen, welchen Bereich das Mini-U-Boot abgesucht hatte. Aber die Strömung hätte die Leiche ja auch weit aufs Meer hinaus treiben können. Er glaubte, sich zu erinnern, dass nur im Hafenbecken Taucher eingesetzt worden waren. Wenn Wolter sie aber auf dem Meer über Bord geworfen hatte, dann wäre es unmöglich, sie zu finden. Dazu war zuviel Zeit vergangen.
    Das Hoffnungslose an der ganzen Situation war, dass er einen Großteil seines Teams an zwei neue Fälle hatte setzen müssen. Er selbst befasste sich noch immer mit dem Fall Bjerke-Moen, ohne die anderen genau darüber zu informieren. Es ärgerte ihn unendlich, dass er nicht weiterkam. Im Moment war einfach alles zuviel. Alle nervten herum. Bente nervte, weil sie sich eine neue Stelle suchen wollte. Vetle quengelte, weil der Kater verschwunden war. Gard machte ihm ein schlechtes Gewissen. Er hatte ihm einen Kinobesuch versprochen, nur sie beide. Aber wann sollte er dazu die Zeit finden? Und mit Ellen hatte er seit drei Tagen nicht mehr geredet. Das Einzige, was Tage Wolters Überwachung bisher erbracht hatte, war die Bestätigung, dass Alf Boris Moen wirklich ein fester Kaffeegast im Haus seiner Schwester war. Ab und zu war er sogar mit seinem Schwager mit dem Boot unterwegs.
    Zwei Tage darauf saß Cato Isaksen wieder im Auto und wartete auf Wolter. Der kam durch die Hintertür und ging zu seinem Wagen. Stieg ein und fuhr los. Cato Isaksen hielt sich wie immer ein Stück hinter ihm. Wolter fuhr nicht nach Hause, sondern in den Hafen.
    Cato Isaksen bog ab und stellte den Wagen in der Hauptstraße ab. Dann schlenderte er zum Wasser und setzte sich auf eine der Bänke an dem kleinen Fußweg, der am Bootshafen entlangführte. Er setzte sich so weit weg, wie das nur möglich war. Er betrachtete Tage Wolter, der Eimer und Putzleder hervorholte. Der Ermittler sah neugierig zu. Er hatte keine Angst vor einer Entdeckung, Tage Wolter konzentrierte sich immer ausschließlich auf seine derzeitige Aufgabe. Cato Isaksen fühlte sich plötzlich müde. Er schloss im Sonnenschein die Augen. Alles, was sie über Wolter hatten, waren Indizien. Und Tage Wolter war sicher ein hochintelligenter Mann, plötzlich, während sein Gesicht in der Hitze glühte, ging ihm auf, dass Wolter vielleicht gar nicht dazu neigte, Leichen auf dem Meer zu entsorgen. Er war Schlachter. Dieser Schlachter, so hatte Kathrines Großmutter ihn genannt. Und sie hatte das auf eine ganz besondere Weise getan. Er beherrschte die Kunst, zu zerschneiden, zu zerlegen. Ein kalter Hauch wanderte Cato Isaksens Rückgrat hoch. Er öffnete die Augen. Die Boote dümpelten friedlich auf dem Wasser. Tage Wolter war verschwunden.

38
    Die schwere Tür ging auf und das Auge fing das Bild eines scharfen Gegenstandes ein. Sie hatte keine Zeit, sich zu furchten. Kathrine setzte sich auf und zog sich mit den Armen zur Wand zurück. Sie hielt den Atem an, während ihr Herz dumpf in ihrer Brust schlug. Die Hand mit der großen Schere näherte sich. Das einzige Licht im Raum war das, das durch die Tür fiel. Plötzlich spürte sie das kalte Metall der Schere an ihrer Haut. Unten beim Knöchel, wo der Gipsverband saß. Drei harte Schneidebewegungen, dann fiel er herunter. Der Gips lag schmutzig und flach neben ihr auf dem Steinboden. Ihr Fuß stank, es war ein fauliger, modriger Geruch. Sie legte beide Hände auf den Knöchel, strich mit den Fingern über die gelbliche Haut und registrierte fast nicht, dass die schwere Tür geschlossen wurde. Sie empfand eine gewisse Art der Erleichterung darüber, dass der Gips verschwunden war, aber sie war so müde. Sie rollte sich wieder auf der Matratze in sich zusammen und ließ ihren Gedanken freien Lauf.   
    Sie dachte an den Hund, den sie sich immer gewünscht hatte. Sie erzählte den grauen Mauern von diesem Hund. Beschrieb ihn. Die Farbe seines Fells, gelb oder braun. Die

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