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Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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können.“
    Shane hatte schon öfter in seiner Laufbahn mit Mitgliedern der Hell’s Angels zu tun gehabt, die sich biederer als der langweiligste Buchhalter gegeben hatten. Noch bevor sie die massive Haustür erreicht hatten, wurde sie von innen aufgerissen. Ein Typ mit wildem Bart und strähnigem, bis auf die Schultern fallenden Haar stand breitbeinig im Eingang. Es hätte Shane nicht gewundert, wenn er ein Gewehr auf sie gerichtet hätte. Er musterte sie aus eng stehenden Augen, über denen buschige Brauen wuchsen.
    „Eddie Colak?“, fragte Costarelli, obwohl der Mann genau so aussah wie auf dem Foto in der Akte. War das sein Herausforderer? Shane konnte sich nicht erinnern, ihn jemals getroffen zu haben. Aber vielleicht gab es andere Kontaktpunkte. In mehr als zwanzig Jahren im Polizeidienst hatte er einen Haufen Leute mit dubiosem Ruf kennen gelernt – und verärgert.
    Der Blick des Mannes wanderte von Costarelli zu Shane. In seinem Gehirn arbeitete es , man konnte es geradezu hören. Natürlich wusste er, dass die zwei Besucher Polizisten waren, aber er fragte sich, was sie ihm anhängen wollten. Shane kannte diesen Blick. Argwohn vermischt mit schlechtem Gewissen, Angst, Trotz, Verachtung und Aggression.
    „Ja?“, kam es undeutlich und nicht besonders laut unter dem Bart hervor.
    „Darwin Police, Detective Costarelli“ Costarelli zog mit einer raschen, hunderttausendfach geübten Handbewegung den Ausweis aus seiner Gesäßtasche. Zwei Sekunden später steckte er ihn mit derselben, nur rückwärts laufenden Bewegung wieder ein. Oft genug wirkte diese perfekt einstudierte Geste einschüchternd: ohne weiteres hätte Costarelli mit derselben Schnelligkeit auch eine Waffe oder die Handschellen zücken können.
    „… und Detective Shane O’Connor“, fügte Costarelli hinzu, „na, klingelt’s? Kommt dir der Name bekannt?“
    Colak nuschelte ein trotziges Nah, was so viel wie No bedeutete, in seinen Bart.
    „Natürlich nicht.“ Costarelli grinste breit. Colak stand noch immer unbeweglich und ohne mit der Wimper zu zucken im Eingang.
    „Wir würden uns gern ein bisschen mit Ihnen unterhalten, Mister Colak“, sagte Shane.
    „Ich hab’ `ne Menge zu tun.“ Noch immer bewegte er sich nicht, stand felsenfest im Eingang, seine Beine wie zur Abwehr gespreizt.
    „Das trifft sich gut, Mister Colak“, sagte Shane, „wir auch. Bringen wir die Sache also hinter uns.“
    Colak ließ seinen Blick zwischen ihm und Costarelli hin- und herwandern, versuchte wohl herauszufinden, was die beiden von ihm wollten – oder was sie bereits über ihn wussten.
    „Also?“
    Shane hielt ihm das Foto der toten Valerie Tate direkt vors Gesicht und ließ sein Gegenüber dabei nicht aus den Augen. Er glaubte ein leichtes Zucken bemerkt zu haben.
    Eddie Colak schaute nur kurz auf das Foto. Zu kurz, fand Shane, für einen Unschuldigen.
    „Sieht ziem lich tot aus.“
    „Sie ist tot, Eddie“, sagte Costarellli. „Und du wolltest sie umbringen. Du erinnerst dich doch?“
    Der Blick des Hell’s Angel wurde hasserfüllt . „He, wollt ihr mir was anhängen?“
    „Es war schlimm im Gefängnis, was?“ Costarelli warf die Zigarette auf den Boden. In Eddie Colak kochte es, seine Augen verengten sich und die Knöchel der Hand, die er gegen den Türrahmen gepresst hatte, um auf diese Weise demonstrativ den Eingang zu versperren, traten weiß hervor.
    „Was s oll der Scheiß?“
    Costarelli grinste wieder. Er genoss es offensichtlich, den Hell’s Angel zu provozieren.
    „Wo waren Sie vorgestern, Eddie?“
    „Hier“, sagte der ohne zu Zögern.
    „Zeugen?“ Costarelli hob die Augenbrauen.
    „Ach, leck’ mich! Ich sag’ nichts mehr ohne meinen Anwalt.“
    „Das ist schade, Eddie“, sagte Costarelli sanft. Mit dieser Tour könnte er den Langmütigsten zum Ausrasten bringen. „Wirklich schade, denn dann müssen wir Sie ins Präsidium bitten.“
    Colak schwieg einen Augenblick und sagte dann:
    „Zack Foulton war hier.“
    „Zack, unser alter Freund? Sieh’ mal an! Na, das war sicher ein schöner Männerabend!“ Costarelli zeigte auf den Schuppen, vor dem die Harley parkte. „Sag’ mal, hast du auch ein Auto?“
    Eddie Colak schüttelte den Kopf.
    „Und Zack?“
    „Mann, der hat `ne Maschine.“
    „Zeig’ mir doch mal, was du da in der Garage hast.“
    „Ohne Durchsuchungsbefehl zeige ich Ihnen gar nichts.“
    „Ha!“ Costarelli zündete sich eine Zigarette an. „Jetzt pass mal gut auf, Eddie. Wenn ich will, dann

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