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Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Schuhe aus. „Er war also krank?“
    Er sagte, fast ein bisschen scharf: „Finden Sie es etwa normal einer Frau die Kehle aufzuschneiden, sie ausbluten zu lassen und dann auch noch die Gedärme und alle Organe rauszureißen!“
    Jetzt hatte sie ihn aus der Reserve gelockt – seine Gleichgültigkeit als vorgetäuscht entlarvt.
    „Es muss schrecklich für Sie gewesen sein, von ihrem Tod zu erfahren.“
    Er antwortete nicht, sondern ließ seinen Blick über das Gelände wandern, als suche er etwas.
    „Welchen Ort s ehen Sie sich als nächsten an?“, fragte er dann.
    „ Ich fahre weiter nach Westen. Sie glauben gar nicht, an wie vielen Orten Tote gefunden wurden.“ Wieder eine Lüge.
    „Sie sollten alle Tatorte auf einer Karte eintragen. Vielleicht stoßen sie dann auf Gemeinsamkeiten, wie: unterirdische Wasserläufe, elektrische Spannungen …“
    „Glauben Sie, solche Dinge spielen eine Rolle?“
    Er lächelte jetzt kurz. „Ich dachte, das sei klar für Sie. Wenn Sie über die Bes onderheit von Orten schreiben. Haben Sie noch nie einen Wünschelrutengänger engagiert?“
    „Nein.“
    „Wirklich nicht? Und warum schreiben Sie dann über so ein Thema?“ Wieder sein prüfender Blick.
    Das hast du jetzt von deinem Instinkt, dachte sie. „Mein Redakteur meinte, so was sei gefragt.“
    Er nickte nur.
    „Ha t Ihr Mann nicht Angst um Sie, wenn Sie so allein durchs Land fahren?“
    „W oher wollen Sie wissen, dass ich verheiratet bin?“
    Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. „Habe ich angenommen.“
    „ Aha. Und was ist mit Ihnen? “
    „Ich bin nicht verheiratet“, wieder ließ er seinen Blick über das Land wandern. Seine Antwort hatte sie mit einer gewissen Befriedigung erfüllt.
    „ Haben Sie jetzt genug gesehen?“ fragte er.
    Sie sah sich um, sog die würzige Luft ein . So schnell wollte sie noch nicht wieder fahren.
    „Sind Sie hier aufgewachsen?“
    „Nein. Mein Vater hat hier irgendwann mal ein Haus gekauft, und ich hab’s vor ein paar Jahren geerbt.“
    „Denken Sie manchmal noch an Patty?“
    „ Nein. Es ist schon so lange her. Ich kannte sie auch nicht besonders gut. Sie war Steves Freundin.“ Er warf einen Blick auf die Armbanduhr. „Ich muss los.“
    Sie sah ihn lange an, wollte ihn unsympathisch finden, aber es gelang ihr nicht.
    „ Vielen Dank für Ihre Hilfe, und wenn ich noch eine Frage haben sollte, darf ich Sie dann anrufen?“
    „Ich stehe im Telefonbuch.“
    Tamara hob die Hand zum Gruß und stieg ein. Sie fuhr auf die asphaltierte Straße zurück. Im Rückspiegel sah sie, dass er die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen hatte. Sie schaltete das Radio ein. Bilder und Erinnerungen tauchten auf. Ellen, zusammengekrümmt auf dem Bett, der letzte Sommer in der Highschool in Adelaide …
    Hör’ endlich auf!, befahl sie sich und drehte die Musik lauter.

7
    Jeannie Reid brachte nur mit Mühe das Lächeln zu Stande, das ihr sonst so leicht fiel, mit dem sie den Perlenschmuck für die Kundschaft aus der Vitrine nahm, um ihn dann mit zärtlicher Geste auf ein Samttuch oder der Kundin um den Hals zu legen.
    Mehr als eine halbe Stunde hatte sie am vergangenen Abend an einem der Tische unten vor den Restaurants der Stoke’s Hill Wharf gewartet. Doch er war nicht gekommen. Dabei hätte er sie nicht übersehen können – trug sie doch ihr dunkelrotes Kleid. Von weitem hätte er sie erkennen müssen. Alle möglichen Entschuldigungen hätte sie gelten lassen – sogar wenn er erst nach einer halben Stunde erschienen wäre. Es gab immer Unvorhergesehenes im Leben. Aber er kam nicht. Schlecht gelaunt, enttäuscht, niedergeschlagen und sich ihrer Einsamkeit schmerzlich bewusst, war sie schließlich aufgestanden und heimgefahren, hatte mehrere Gläser Rotwein hinuntergeschüttet und sich dann schlafen gelegt.
    „Vergiss’ ihn einfach!“, raunte ihr ihre Kollegin Wendy zu, als Jeannie gerade ein paar Perlenohrringe in die Vitrine an der Wand zurückhängte.
    „Es bleibt mir nichts anderes übrig, was?“ Jeannie seufzte, zog den Vitrinenschlüssel ab und ließ den Schlüsselbund zurück in die Hosentasche gleiten.
    „Bist du schon mal versetzt worden?“ Sie war noch immer verärgert. Nein, nicht nur verärgert – auch wütend und verletzt.
    Wendy winkte ab, „aber klar!“ Sie lächelte verschmitzt. „Aber ich hab’ auch schon mal einen versetzt.“
    „Wirklich?“
    Wendy nickte. „Ja, ich hatte auf eine Kontaktanzeige geantwortet. Doch plötzlich hab’ ich Schiss

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