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Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Langstreckenläufer. Sie spürte einen angenehme Schauer, und schon meldete ihr Körper, dass sie seit vielen Monaten keinen Sex mehr gehabt hatte …
    „Sie sind Journalistin?“ Er schaute sie interessiert an.
    „Ja.“ Das hatte sie dem Wirt erzählt. „Ich schreibe etwas über Orte, an denen ein Mord passiert ist. Welche Wirkung üben sie auf uns aus, welchen Einfluss hat die Erinnerung an eine Geschichte, die Wirkung eines Ortes auf uns…“ Sie hasste es zu lügen, abgesehen davon, war sie noch nicht einmal besonders gut darin.
    „U nd was machen Sie, Todd?“
    „ Ich bin Ingenieur.“ Sein Blick ließ sie nicht los. Nahm er ihr die Journalistin nicht ab?
    „ Arbeiten Sie in der Gegend?“
    Er rieb über sein Kinn, als prüfte er seine Rasur.
    „Nein, ich wohne hier. Jedenfalls hin und wieder.“ Ein kurzes Lächeln flog über sein Gesicht. Die sehnigen Arme mit den Sommersprossen lagen auf der Tischplatte, mit einer Hand hielt er sein Glas fest, in dem sich entweder Mineralwasser oder Zitronenlimonade befand. Ungewöhnlich für einen Mann hier draußen. War er Alkoholiker? Trockener Alkoholiker? Er wartete und sah dabei ins Glas.
    „Was für ein Zufall, dass ich Sie jetzt gerade treffe!“ Die Überraschung musste sie noch nicht einmal spielen. „Haben Sie heute hier zu tun?“
    Er sah auf und lächelte müde.
    „Nein. Ich hatte ein paar anstrengende Tage und wollte mich hier draußen ausruhen.“
    „Sie haben Patty Benson tatsächlich noch kurz vor ihrem Tod lebendig gesehen?“, fragte sie und ging im Geist die Namen der im Protokoll aufgeführten Zeugen durch. War Todd Hoffman nicht einer der Freunde von Pattys Exfreund gewesen? Sie war sich nicht sicher, ob eine Journalistin das wissen durfte.
    Todd Hoffman nickte nur.
    „Wo?“
    „In Brisbane, in einem Pub. Sie war mal mit einem meiner Freunde zusammen. Sie war die Exfreundin eines Freundes. Sie kam einfach reingeplatzt, es war Boxing Day.“
    Sie erinnerte sich an die Stelle im Protokoll. Der Freund hieß Steve, und Patty war ins Pub gekommen, um dort eine Flasche Champagner zu kaufen. Sie hatte Steve provoziert. Ein Freund war mit ihr hinausgegangen, um ihr ein Taxi zu rufen. Und dieser Freund hieß Todd Hoffman.
    „Und – was war sie für ein Mensch?“
    „Sie war schön.“ Er sagte es schnell, so als sei er verlegen.
    Seit wann ist schön eine Charaktereigenschaft, hätte sie am liebsten gefragt, unterließ es aber. Sie wollte es sich nicht gleich mit ihm verderben. Ihr Exmann hätte auch eine solche Antwort gegeben.
    „ Ja“, er sah über sie hinweg zum Fenster. „Sie redete mit jedem und war immer gut drauf. Das hat Steve manchmal ziemlich wütend gemacht.“
    „Es muss schlimm für Sie gewesen sein, von ihrem Tod zu erfahren.“
    Er vertiefte sich erneut in den Anblick seines Glases. Schließlich sah er auf. Sie versuchte seinen Ausdruck einzuordnen: Trauer? Erschöpfung? Niedergeschlagenheit? Obwohl sie sich dagegen wehrte, rührte er sie.
    „Ich kenne mich in der Gegend nicht aus …“, begann sie , „Könnten Sie mir sagen, wie ich von hier dorthin komme?“
    „Sie werden die Stelle nicht finden.“
    Er strich sich mehrmals mit einer Hand über d ie kurz geschorenen Haare.
    „Und warum nicht?“
    „Es steht kein Schild dran.“
    „Das denke ich mir. Aber an diesem Platz sollen zwei große Felsbrocken …“
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die sieht man von der Straße so gut wie nicht.“
    I hre Geduld war am Ende. Sie wollte aufstehen, als er sagte:
    „Ich kann Ihnen den Platz zeigen. “
    Er sah nach draußen. Sie sah einen Kombi mit beschrifteter Tür auf dem Parkplatz stehen. Er schob den Stuhl zurück.
    „Wollen Sie nicht erst noch austrinken?“ , fragte sie.
    Doch er war schon aufgestanden. Der Wirt fing ihren irritierten Blick auf und hob leicht die Schultern, als wolle er sagen, machen Sie sich nichts draus, Todd Hoffman ist nun einmal so.

6
    Kaum fünfzehn Minuten später bog sie hinter seinem roten Kombi auf einen holprigen Weg ein, der sich zwischen dürren, grauen Eukalyptusbüschen zu verlieren schien. Zwanzig Meter weiter blieb sie hinter seinem Wagen stehen. Er stieg aus, sie öffnete die Tür.
    „Hier?“
    Er zeigte über das Wagendach hinweg. Er hatte Recht. Von der Straße waren die beiden Felsbrocken nicht zu erkennen. Sie stieg aus, strich ihren Rock glatt und zog ihre Bluse zurecht, die beim Sitzen hoch gerutscht war und reckte den Hals: Die abgerundeten Felsen lagen zwischen

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