ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
dich.«
Vretha erlaubte sich einen leisen Seufzer. Sie hatte einen Kampf erwartet – aber nicht, dass dieser in ihrer eigenen Partei ausgetragen werden würde. Wäre sie in der Erwartung völliger Rückendeckung in die Klausur gegangen, hätte das das schnelle Ende ihrer politischen Karriere bedeutet. Th’Tethis hatte ihr das Wissen gegeben, das sie brauchte, um eine Überlebenschance zu haben, und dafür war sie ihm dankbar.
Der alte
thaan
tätschelte ihr den Arm. »Kämpfe wohl«, riet er ihr mit sanfter, heiserer Stimme. »Dann werden dir andere zur Seite stehen. Ah, da wären wir.«
Wann immer sie den Vorraum der Heldenkammer betrat, des ältesten Raums auf dem gesamten andorianischen Parlamentsgelände, überkam Vretha die Ehrfurcht. Sie dachte an die vielen Großen, die vor ihr gekommen waren, den graufleckigen Steinboden mit ihren Sandalen glattgeschliffen und sich mit Wasser und Öl symbolisch reingewaschen hatten, bevor sie der heiligen Aufgabe gefolgt waren, Andor zu regieren. Von vieren der acht Seitenwände musterten die steinernen Gesichter der mythologischen Hüter jene, die sich der Großen Kammer näherten und urteilten, ob sie würdig genug waren. Vor dem gewölbeartigen Bogengang, der zur Kammer führte, entledigten sich Vretha und th’Tethis ihrer Schuhe und wuschen sich die Stirnen und Handflächen im ebenfalls steinernen rituellen Becken, in das Wasser einer unterirdischen Quelle strömte. Danach tauchten sie die Fingerspitzen in kunstvoll verzierte Gefäße mit süßlich riechendem Öl und berührten ihre Lider, Nasen, Zungen, Ohren und Antennen. Auf diese Weise versiegelten sie ihre Sinnesorgane, auf dass ihnen keinerlei Täuschung etwas anhaben mochte. Zuletzt zogen sie sich ihre Kapuzen über und traten auf den Eingang zu.
Vier
chan
-Krieger, gewandet in die dunklen Rüstungen der alten Imperialen Garde, standen im Bogengang, die zeremoniellen Klingen zum Schutz der Klausur erhoben. Vretha erklärte ihre Absicht, der Versammlung beizuwohnen, und prompt traten die Wächter beiseite und senkten ihre Waffen. Jenseits der Schwelle erwartete Vretha die Große Kammer, ein komplett aus dunklem, beinahe schwarzem Granit gehauener Raum. Wie von ihr befürchtet, hatte sich bereits die gesamte Gruppe um den diamantförmigen Brunnen in der Kammermitte versammelt. Progressivführer aus vierundsechzig Wahlprovinzen Andors knieten am Rand der Bodensenke, die Gesichter ihr zugewandt. Zwei Lücken zwischen ihnen galten Vretha selbst und th’Tethis.
Kurz bevor sie sich ihnen anschloss, hielt Vretha inne und verneigte sich vor dem Leeren Thron, der zwischen dem Gewölbegang und der Gruppe stand. Juristisch betrachtet, war Andor noch immer eine konstitutionelle Monarchie, wenngleich Jahrhunderte seit der letzten Regentschaft vergangen waren. Thalisar die Letzte, die Vrethas Volk vor Generationen geeint hatte, war mit Absicht kinderlos gestorben – aber nicht, ohne vorher das von ihr selbst erschaffene Parlament zu etablieren, das Andor seitdem lenkte. Zu Ehren von Thalisars Leistungen stand der Leere Thron noch immer, anders als sein Namensvetter aus den Legenden von Uzaveh, hatte Thalisar doch binnen einer einzigen Lebensspanne die Klankriege beendet, die Andor lange Zeit entzweit hatten. Charivretha fragte sich, ob sich die Regentin die Probleme hatte vorstellen können, die inzwischen an die Stelle jener Kriege getreten waren.
Den Blick höflich gesenkt, kniete sie drei Plätze neben dem Vorsitzenden ch’Shelos nieder. Th’Tethis begab sich zu seinem Platz auf der anderen Brunnenseite. Auf ein Zeichen des Vorsitzenden hin setzten sich die derart Versammelten und ließen ihre Beine über den Rand baumeln. Vretha warf ihren Nachbarn heimliche Blicke zu. Wie viele Freunde sie wohl noch unter ihnen hatte?
»Ich entschuldige mich für diese abrupte Zusammenkunft, Charivretha«, begann ch’Shelos, »doch die Parteiführung hielt es für unerlässlich, dass wir vor Ihrer Pressekonferenz miteinander sprechen.«
»Ihr habt mich herzitiert, damit ich meinen Rücktritt ankündige«, sagte Vretha. Sie wollte die Oberhand gewinnen und gönnte ch’Shelos das Privileg nicht, ihr zuvorzukommen. »Lasst es mich deutlich sagen: Das werde ich nicht. In diesen Tagen braucht Andor eine erfahrene Stimme innerhalb der Föderation, und niemand kennt unsere Bedürfnisse besser als ich.« Sie verzichtete darauf, sich an der offensichtlichen Überraschung des Vorsitzenden zu weiden.
Er erholte sich schnell von ihrer
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