St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
Entschuldigungen.«
»Das geht mir genauso. Aber mir fehlt es wohl auch an der entsprechenden Praxis«, erwiderte die junge Frau, »bin ich es doch gewöhnt, immer Recht zu haben.«
»Großartig. Ich ahne, dass wir gut miteinander auskommen werden.«
Zum ersten Mal flackerte so etwas wie Humor in seinen Augen auf, und diese unerwartete Regung berührte sie mehr als alles andere. »Aus irgendeinem Grund scheint Mr. Fitzleger zu glauben, wir beide seien füreinander geschaffen«, bemerkte Madeline.
Überraschenderweise nickte Anatole grimmig. »Ja, der Brautsucher wird für seine Weisheit in solchen Dingen gerühmt.«
»Welcher Brautsucher?«
»Fitzleger.«
»Und warum nennt Ihr ihn so?«
»Weil das seine besondere Begabung ist. Deswegen habe ich ihn schließlich nach London geschickt, um mir eine Braut zu suchen.«
»Ihr sprecht so, als handele es sich dabei um einen Titel.«
»Nun ja...« St. Leger rieb sich das Kinn. »Es gibt da wohl einige Dinge, die Ihr über Fitzleger erfahren solltet. Und auch über mich.«
Als er es dabei erst einmal beließ, drängte die junge Frau: »Nämlich?«
Seine Hand fuhr an die Narbe. »Ist nicht so wichtig. Das können wir ein anderes Mal nachholen.« Die Hand sank wieder herab, und er fragte: »Mögt Ihr Pferde?«
Der Themenwechsel verwirrte Madeline, aber noch viel mehr die Frage selbst. Im ersten Moment war sie versucht zu lügen. Aber zwischen ihnen war es schon zu so vielen Missverständnissen gekommen, dass jetzt nur noch die Wahrheit weiterhelfen konnte. »Nein. Eigentlich habe ich sogar Angst vor ihnen.«
»Aber Ihr könnt doch reiten, oder?«
»Nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt.«
Seine Stirn legte sich in tiefe Falten.
»Mögt Ihr Bücher?«, übernahm sie jetzt die Initiative.
»Bücher? Was für Bücher?«
»Zum Beispiel das, welches Ihr als Stütze für den Sessel verwendet. Lest Ihr?«
»Nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt.« Anatole erholte sich als erster von seiner Enttäuschung. »Macht ja nichts. Wir wollen ja sowieso keine Busenfreunde werden, sondern nur Ehemann und Ehefrau.«
»Ja, nur Gatte und Gattin«, bestätigte sie traurig. Eine Vernunftehe. Das hätte ihr vielleicht ausgereicht, wenn sie sich nur nicht vorher so viel erträumt hätte. Anatole streckte beiden Hände aus. »Dann tretet näher. Wir wollen uns Euch noch einmal anschauen.« Die junge Frau erschrak, gehorchte aber und legte vorsichtig ihre Hände auf die seinen. Seine Hände schlössen die ihren zur Gänze ein, fühlten sich rau an und erfüllten ihre kalten Finger mit Wärme. Nur auf Armeslänge voneinander getrennt, durchfuhr sie ein Schaudern. »Zieht Ihr Euch immer so an? Ihr habt Euch herausgeputzt, als solltet Ihr dem König vorgestellt werden.« Madeline war nicht so töricht, das als Kompliment anzusehen. »Für den König hätte ich mir sicher nicht solche Mühe gegeben.«
»Wie, habt Ihr das etwa für mich getan?«
»Ja.«
»Das war reine Zeit-und Geldverschwendung.«
»Mittlerweile ist mir das auch bewusst geworden.«
»Wenn wir in Zukunft einigermaßen miteinander auskommen wollen, müsst Ihr auf Extravaganzen in der Bekleidung verzichten.« Er zeigte auf ihren Kopf. »Kann man das abnehmen?«
»Was? Meinen Schädel?«
»Nein, dieses gepuderte Ungetüm darüber.«
»Ja, natürlich, das ist doch bloß eine Perücke.«
»Gut. Dann fort damit.«
»Wie? Hier und jetzt?«
»Natürlich.«
Madeline hätte am liebsten rundweg abgelehnt. Aber in Anatoles Augen glühte dunkle Ungeduld, die sie befürchten ließ, im Fall ihrer Weigerung würde er ihr selbst die Perücke abnehmen, und das vermutlich in seiner gewohnten groben Art.
Mit einem Seufzer machte die junge Frau sich an dem »Ungetüm« zu schaffen. Kein einfaches Unterfangen: Das eng geschnürte Kleid ließ ihren Armen nach oben wenig Spielraum, Puder und Haarnadeln flogen hierhin und dorthin, und als sie das verdammte Ding endlich vom Kopf hatte, musste sie heftig niesen.
St. Leger nahm ihr die Perücke ab, hielt sie von sich, als handele es sich dabei um eine tote Ratte, und schleuderte sie ins Feuer.
Madeline wollte sofort protestieren, weil ihr solche Vergeudung gegen den Strich ging, aber dann wurde ihr bewusst, dass sie diese Perücke eigentlich gar nicht mehr aufsetzen wollte. Doch damit war jetzt ihr Haar in seiner ganzen flammendroten Pracht vor ihm ausgebreitet. Vorhin hatte der Burgherr bereits merkwürdig darauf reagiert. Was würde er wohl jetzt tun?
Die junge Frau entfernte
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