ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
nicht einmal einen Kleiderschrank.
McCoy stand auf und schüttelte seine Kleider aus den drei Kissenbezügen. Nacheinander faltete er die Hemden und Hosen, die Unterwäsche und Socken und legte sie in die Kommodenschubladen. Als er eines seiner letzten Hemden zusammenfaltete, hörte er ein zaghaftes Klopfen an der Tür. Er sah hinüber und erblickte Mrs. Hartwell, die ihren Kopf hereinsteckte.
»Mister McCoy«, sagte die alte Frau mit ihrer hohen Stimme. Sie war übergewichtig und langsam und besaß einen beeindruckenden Schopf weißer Locken.
»Ja, Mrs. Hartwell, kommen Sie herein«, sagte McCoy. »Ich packe gerade meine Sachen aus und räume sie ein.«
»Nun, ich störe nur ungern«, meinte sie, »aber Sie haben Besuch.«
»Besuch?«, wiederholte McCoy überrascht. Er war erst vor ein paar Minuten in Mrs. Hartwells Pension gezogen. Wie konnte ihn jetzt schon jemand besuchen kommen?
Mrs. Hartwells Kopf verschwand, die Tür öffnete sich vollständig, und Lynn Dickinson trat über die Schwelle. »Willkommen zu Hause«, sagte sie.
»Lynn«, entfuhr es McCoy. »Was machst du denn hier?« McCoy war direkt von den Dickinsons zu Mrs. Hartwell gegangen. Er hatte sich erst vor einer halben Stunde von Lynn verabschiedet.
»Ich brauchte ein paar Dinge aus der Stadt«, erklärte sie. »Ich musste zu Robinsons und zur Bank, und da haben Phil und ich beschlossen, dass ich mal vorbeischauen könnte.«
»Nachdem ich dich noch vor ein paar Minuten gesehen habe?«, fragte McCoy verwirrt.
»Eigentlich haben wir das bereits gestern beschlossen«, sagte sie und trat weiter in den Raum herein. In der rechten Hand, die sie bis dahin hinter dem Türrahmen verborgen hatte, hielt sie eine Topfpflanze. Mehrere dünne Stängel ragten in die Höhe und trugen ein halbes Dutzend goldorangefarbener schwertförmiger Blütenblätter. Diese waren etwa fünf Zentimeter lang und mit roten Tupfen versehen. »Wir wollten dir ein Geschenk zum Einzug geben.«
»Danke«, sagte McCoy, den die Geste sehr rührte. Er nahm den Topf von Lynn entgegen und sah sich im Raum nach einem Platz dafür um. Da sich nicht viele Möglichkeiten boten, stellte er sie fürs Erste auf die Kommode. »Und sag Phil auch danke. Das ist wirklich nett.«
»Es ist eine Leopardenblume«, sagte Lynn. Dann sah sie sich im Raum um und fragte: »Also, wie ist dein neues Zuhause so?«
»Neu«, erwiderte McCoy.
Lynn lehnte sich vor und flüsterte: »Es ist recht klein.«
McCoy lächelte. »Das ist schon in Ordnung«, meinte er. »Ich brauche nicht viel Platz.«
»Bist du wirklich sicher, dass du das tun willst?«, fragte sie und wiederholte damit, was er in der letzten Woche sehr oft gehört hatte. Als er Lynn und Phil eröffnet hatte, dass er mit Mrs. Hartwell darüber gesprochen hatte, ein Zimmer in ihrer Pension zu mieten, hatten sie ihn beide eingeladen, noch länger bei ihnen zu bleiben. Doch so freundlich sie ihm gegenüber während seines Aufenthalts in ihrem Haus auch gewesen waren, konnte er doch erkennen, dass er ihr Leben beeinträchtigte, insbesondere dadurch, dass er ihnen ihre Privatsphäre raubte. Und selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hatte McCoy das Gefühl, dass er sich ihnen lange genug aufgedrängt hatte.
»Lynn, wir haben doch darüber gesprochen«, sagte McCoy. »Ich habe wirklich gern bei dir und Phil gewohnt, aber ich habe mich in euer Leben gedrängt.«
»Das hast du nicht. Wirklich«, beharrte Lynn.
»Ich weiß zu schätzen, dass du das sagst«, meinte McCoy. »Aber ihr werdet dieses Zimmer eines Tages für ein Baby brauchen.«
Lynn lächelte. »Dein Wort in Gottes Ohr«, sagte sie und wandte den Blick kurz nach oben.
»Ich bin mir sicher, dass es schon bald so weit sein wird«, sagte McCoy. »Jedenfalls werde ich euch beide noch genauso oft sehen wie vorher, wenn nicht sogar noch öfter, nun da die Erntezeit vor der Tür steht.« Im September und Oktober mussten Lynn und Phil die Baumwolle ernten, die sie angepflanzt hatten. Für diese Arbeit heuerten sie normalerweise ein paar ansässige und umherziehende Helfer an, je nachdem, wer in der Stadt gerade Arbeit brauchte und wie viele Wanderarbeiter durch Hayden kamen. Obwohl er halbtags im Saatgut- und Futtermittelgeschäft arbeiten musste, hatte Leonard ihr Angebot angenommen, während der restlichen Zeit für sie zu arbeiten.
»Du wirst uns vielleicht nicht mehr sehen wollen, sobald die Ernte losgeht«, warnte Lynn.
Die Arbeit würde zermürbend sein, das wusste McCoy. Er
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