ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
einen Mann. Böden wischen, Säcke schleppen, saubermachen. Ich mache das nur, wenn Billy nicht auftaucht und weil mir der Laden gehört. Verdammt, ich zahle ihm nur fünf Cent die Stunde, und er arbeitet nur halbtags für mich.«
»Gregg«, sagte Lenny und stellte sein fast leeres Glas auf den Tresen. »Es ist ehrliche Arbeit, und mehr kann ein Mann nicht verlangen. An vielen Orten in diesem Land haben die Leute momentan Schwierigkeiten, überhaupt Arbeit zu finden.«
Anderson sah Lenny über den Rand seines Glases hinweg an. »Sie wollen das wirklich machen?«, fragte er und dachte ernsthaft darüber nach.
»Nun, ich will nicht, dass Sie Billy Fuster feuern, damit Sie mich einstellen können«, sagte Lenny. »Aber wenn Sie ihn rauswerfen, stehe ich auf jeden Fall zur Verfügung.«
Anderson überlegte eine Weile und entschied, dass es zur Abwechslung mal nett wäre, wenn jemand für ihn arbeitete, der tatsächlich pünktlich erschien, seine Sache ordentlich machte und keine Widerworte gab. »Also gut«, sagte er. Er stellte sein Glas ab, rieb sich die Hände an seiner Hose trocken und streckte eine aus. »Sie sind eingestellt.«
»Danke Gregg«, sagte Lenny.
»Wie ein guter Freund von mir immer zu sagen pflegte: ‚Ist keine große Sache‘«, meinte Anderson. Lenny packte seine Hand mit einem festen, selbstbewussten Griff und schüttelte sie. Schon jetzt wusste Anderson, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
McCoy ließ die drei vollgestopften Kissenbezüge von seiner Schulter gleiten und aufs Bett fallen. Er hatte so wenig brauchbare Kleidung besessen, nachdem er im Juni aus dem Zug gesprungen war, dass es ihn überraschte, wie viel er jetzt, nur zwei Monate später, sein Eigen nannte. Lynn und Phil waren sehr großzügig gewesen, so viel stand fest. Phil hatte sich von so vielen seiner alten Sachen getrennt und McCoy sogar einige Kleidungstücke geschenkt, die keineswegs abgetragen waren und die Phil sicher selbst noch angezogen hätte. Und Lynn hatte trotz der langen Arbeitstage auf dem Hof sogar noch die Zeit gefunden, ihm zwei neue eigene Hemden zu nähen.
McCoy drehte sich um und setzte sich aufs Bett, das unter ihm knarrte. Mit einem Mal musste er an seine Sternenflottenuniform denken. Damals in New York, nachdem Edith ihm Kleidung gegeben hatte, die er tragen konnte, hatte er seine alte Uniform noch eine Weile behalten und sie unter der Pritsche im Hinterzimmer der Mission aufbewahrt. Irgendwann war ihm jedoch klar geworden, wie töricht es war, sie zu behalten. Er würde sie in dieser Zeit ohnehin niemals tragen, und sie in seinem Besitz zu haben, mochte ihm nur ungewollte Aufmerksamkeit einbringen. Als er eines Tages zum Aufräumen in den Keller der Mission gegangen war, hatte er die Uniform dorthin mitgenommen und sie im Heizofen verbrannt.
In letzter Zeit hatte McCoy nicht mehr oft an sein »altes Leben«, wie er es nun nannte, gedacht. Seit seiner Ankunft in dieser Zeit waren mittlerweile zweieinhalb Jahre vergangen, und er hatte jegliche Hoffnung, je wieder ins dreiundzwanzigste Jahrhundert zurückzukehren, so gut wie aufgegeben. Die Zeit, die er in Hayden verbracht hatte, erschien ihm seltsam angenehm, und er fühlte sich dort schon fast zu Hause. Auch wenn ihm einige Leute immer noch mit offensichtlichem Misstrauen begegneten, hatten ihn die meisten mehr oder weniger akzeptiert. Er wusste, dass er das in erster Linie der Behauptung der Dickinsons zu verdanken hatte, er sei Phils Cousin zweiten Grades. Obwohl McCoy getan hatte, was er konnte, um ihnen auf dem Hof zu helfen, und seine Stunden im Saatgut- und Futtermittelgeschäft sowie die anderen Gelegenheitsarbeiten, die er annahm, es ihm erlaubten, Lynn und Phil die zwei Dollar zurückzuzahlen, die sie ihm für Doktor Lyles gegeben hatten, würde er sich nie angemessen für ihre Freundlichkeit und Großzügigkeit revanchieren können.
McCoy lehnte sich auf der dünnen, mit einer Steppdecke versehenen Matratze zurück und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Er war kleiner als das Zimmer, in dem er bei Lynn und Phil gewohnt hatte, und wies so gut wie keine Annehmlichkeiten auf. Eine schmale Kommode mit drei Schubladen nahm die Wand neben der Tür ein, und ein hölzerner Stuhl stand am Fußende des Betts. Ein ovaler blau-roter Teppich lag in der Mitte des Holzfußbodens und biss sich schrecklich mit der gelben Tapete, auf der hellgrüne Blumen prangten. Einfache braune Vorhänge umrahmten das einzelne Fenster, und es gab
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