ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
Dach des Bauernhauses hin. Der Anblick versetzte ihn in die Zeit zurück, die er hier als kleiner Junge verbracht hatte. Oft war er mit seinem Vater und seinem Bruder bei der Arbeit auf den Feldern gewesen. Er erinnerte sich an die klaren kühlen Nächte in Iowa, in denen er und sein Vater – manchmal auch seine Mutter oder Sam, aber meist sein Vater – nach draußen gegangen waren, um die stecknadelkopfgroßen Lichtpunkte am Nachthimmel zu betrachten, die Jim, wie es schien, stets zu sich gerufen hatten.
Warum bin ich so lange nicht mehr hier gewesen?
, fragte sich Kirk, obwohl er die vielen Gründe dafür kannte. Seine Eltern lebten schon lange nicht mehr, und selbst Sam war jetzt bereits seit dreizehn Jahren tot. An diesen Ort zurückzukehren, an dem er und sein Bruder aufgewachsen waren, brachte nicht einfach nur Erinnerungen mit sich, sondern rief auch ein Gefühl des Verlusts hervor, das ihn stets begleitete. Er hatte diesen Ort so lange Zeit verlassen wollen – nicht weil es ihm hier nicht gefiel, sondern weil ihn seine Fantasie ins All rief. Nun zurückzukehren, ohne dass seine Familie noch hier war, ließ seine damalige Abreise wie einen Verrat wirken.
Als Kirk sich dem Bauernhaus näherte, erinnerte er sich an das erste Mal als er Riverside verlassen hatte und mit einem Transporter gereist war. Er war damals fünf Jahre alt gewesen und hatte an der Beerdigung seines Großvaters teilgenommen. Obwohl Jim seinen Großvater kaum gekannt hatte, waren ihm dennoch einige Erinnerungen an ihn sehr lebhaft im Gedächtnis geblieben. Vor allem erinnerte er sich noch an das eindrucksvolle Äußere und die dröhnende Stimme des alten Mannes. Dieser Eindruck war sicher zum Teil der Tatsache zu verdanken, dass Kirk zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung gewesen war, doch es musste zumindest ein Körnchen Wahrheit daran sein. Heute hingen die stärksten Erinnerungen, die Kirk an seinen Großvater hatte, mit dessen Beerdigung zusammen. Er sah immer noch vor sich, wie der alte Mann in einem offenen Sarg lag, der von Blumen und Kränzen umgeben war. Trauernde standen am Rand und vervollständigten das Bild. Selbst in dieser Erinnerung erschien er überlebensgroß, als ob er im nächsten Augenblick aufspringen und verkünden würde, dass er am Leben und wohlauf sei. Doch Kirks Großvater war vor vier Jahrzehnten nicht aus seinem Sarg gesprungen, und er tat es auch jetzt in Kirks Erinnerung nicht. Das Detail, das der fünfjährige Junge damals so vermisst hatte und das sich Kirk auch jetzt nicht mehr ins Gedächtnis rufen konnte, war die Stimme des alten Mannes, klar und laut und alles übertönend.
Er erreichte den Pfad, der von der Lehmstraße weg und zum Bauernhaus führte. Es freute ihn, zu sehen, dass die ausgedehnte, gepflegte Rasenfläche, die zwischen der Straße und dem Haus lag, auch weiterhin instand gehalten worden war. Zusammen mit den vielen Büschen und den beiden großen Silber-Ahornbäumen bildete sie den üppigen Eingangsbereich des Hauses. Kirk dachte kurz daran dem Pfad zu folgen, der durch den Vorgarten führte. Vielleicht würde er sogar an die Vordertür klopfen und erklären, dass er einst hier gelebt hatte und das Haus gerne noch einmal sehen würde. Stattdessen stand er fürs Erste einfach nur da und erinnerte sich an seinen Großvater.
Vor zweiundvierzig Jahren hatte sich Kirk davor gefürchtet, wie die Beerdigung des alten Mannes wohl sein würde. Er war zuvor noch nie auf solch einer Veranstaltung gewesen und hatte die Tage davor damit verbracht, sich mit all den Möglichkeiten zu beschäftigen, die sich nur der unerfahrene Verstand eines Kindes ausdenken konnte. Er hatte unruhig geschlafen und war oft von Albträumen heimgesucht worden, die ihn in den frühen Morgenstunden wach im Bett liegen ließen, weil er weder wieder einschlafen konnte noch nach Sam oder seinen Eltern rufen wollte.
Jedoch hatte er zu dieser Zeit auch große Vorfreude verspürt: Der junge Jim Kirk fieberte seiner ersten Reise per Transporter aufgeregt entgegen. Sein Vater tat alles, um die Bedeutung dieser Art zu Reisen herunterzuspielen, aber Jim war ganz wild darauf, es endlich am eigenen Leib zu erfahren. Diese Tatsache führte dazu, dass er für ein Kind untypische Schuldgefühle empfand. Er glaubte, dass er sich nicht so sehr darauf freuen sollte, zur Beerdigung seines Großvaters zu reisen.
Am Abend vor der Gedenkfeier konnte er wieder nicht schlafen. Diesmal waren jedoch nicht Albträume der Grund, sondern die
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