ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
hast?«
Natürlich hatte er auch sie verloren, jedoch schon lange bevor er in der Zeit zurückgereist war. Da waren Jocelyn und Nancy, und auch Tonia hätte auf dieser Liste gestanden, wenn er je auf die
Enterprise
zurückgekehrt wäre. »Ja«, antwortete McCoy.
In Lynns Stimme klang Mitgefühl und Unglauben mit. »Sie sind alle gestorben?«
»Was?«, entfuhr es McCoy. »Nein, aber ich habe sie dennoch verloren.«
Lynn runzelte die Stirn. Sie ließ seine Arme los und ging durch den Raum. »Sie haben dich verlassen«, sagte sie.
»Sie … na ja, jede meiner Beziehungen ging in die Brüche.«
»
Du
hast
sie
verlassen?«, fragte sie.
McCoy konnte nicht fassen, dass sich die Unterhaltung in diese Richtung entwickelt hatte. »Spielt das eine Rolle?«, entgegnete er und fühlte sich plötzlich erschöpft.
»Leonard, ich liebe dich, aber deswegen bin ich nicht blind oder dumm«, sagte Lynn. »Als du damals nach Hayden kamst, warst du vor irgendetwas auf der Flucht. Seit ich dir mitgeteilt habe, was ich für dich empfinde – vielleicht sogar schon länger –, läufst du vor mir davon. Und nun erzählst du mir, dass du auch vor anderen Frauen weggelaufen bist, die dir wichtig waren. Was soll ich denn davon halten?«
»Ich weiß es nicht«, gestand McCoy. »Ich weiß selbst nicht mehr, was ich denken soll.«
Wieder kam sie zu ihm und nahm dieses Mal seine Hand in ihre. »Erzähl es mir«, bat sie. »Warum hast du sie verlassen?«
»Weil«, stieß McCoy hervor, und Verärgerung ließ seine Stimme lauter werden. Er zog seine Hand aus Lynns, entfernte sich ein paar Schritte von ihr und wandte sich schließlich ab. »Weil es einfach nicht funktioniert hat«, sagte er, sah sie dabei aber nicht an. »So ist das manchmal eben.«
Hinter ihm sagte sie ruhig: »Du bist verärgert, einsam und verbittert. Es klingt nicht so, als hätte es ‚einfach nicht funktioniert‘.« McCoy wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, und überlegte, dass es wohl besser wäre, wenn er jetzt ging. »Haben sie dich verletzt, Leonard?«, fragte Lynn. »Hast du sie verlassen, bevor sie dich verlassen konnten? Hast du geglaubt, sie würden dich im Stich lassen?«
»Warum nicht? Das tun sie doch alle«, sagte McCoy, ohne nachzudenken.
»Das tun sie
alle
?«, fragte Lynn. »Wen meinst du mit
alle
?«
»Ach nur … das wollte ich eigentlich gar nicht sagen.«
Er hörte, wie sie näher kam und spürte dann ihre Hand auf seinem Rücken. »Wen meinst du mit
alle
?«, fragte Lynn wieder. »Leonard, meinst du etwa deine Mutter?« Selbst mit einem Schwertstich durchs Herz hätte sie ihn nicht schlimmer verletzen können. »Du hast einmal vor sehr langer Zeit von ihr gesprochen«, erinnerte sie ihn. »Warum erzählst du mir nicht, was du über sie weißt?«
McCoy wollte davonlaufen. Er wollte weg – wollte aus Lynns Haus rennen, aus ihrem Leben, aus Hayden. Er wollte weit weg sein und irgendwo anders ein neues Leben anfangen.
Doch das tat er nicht.
Er wusste nicht, warum er blieb – vielleicht war es ihre Hand auf seinem Rücken oder das Schuldgefühl, weil er ihre Zeitlinie zerstört hatte oder etwas völlig anderes –, aber er tat es. Er drehte sich um und sah sie an. »Ich weiß nur, dass sie bei meiner Geburt starb«, sagte er leise.
»Du musst doch noch mehr wissen«, meinte Lynn. »Dein Vater muss dir von ihr erzählt haben.«
McCoy stieß ein heiseres Lachen aus, das in keiner Weise fröhlich klang. »Er hat mir nicht einmal ein Bild von ihr gezeigt«, sagte er. Er sah Lynn nicht an, sondern schaute an ihr vorbei und schien den leeren Blick in seine eigene Vergangenheit gerichtet zu haben. »Ich musste selbst eines finden. Und als er herausfand, dass es mir gelungen war, da …« Lynn wartete schweigend ab, und er schaute in ihre klaren blauen Augen. »Da hasste er mich dafür«, beendete er den Satz.
»Nein«, sagte Lynn. »Das kann nicht wahr sein. Dein Vater kann dich dafür nicht gehasst haben.«
»Hat er aber«, beharrte McCoy und sprach damit laut aus, was er sich bisher selbst kaum eingestanden hatte. »Aber eigentlich hasste er mich dafür, dass ich meine Mutter umgebracht hatte. Weil ich die Liebe seines Lebens getötet hatte.«
»Nein«, sagte Lynn wieder, doch dieses Mal fehlte es ihrer Stimme an Überzeugung. Stattdessen klang in diesem einen Wort große Trauer mit. »Das ist nicht wahr. Du hast nichts getan. Manchmal passieren solche Dinge eben.«
»Er gab mir die Schuld dafür. Ich weiß nicht, ob er es
Weitere Kostenlose Bücher