ST - TOS 102: Feuertaufe: Spock - Das Feuer und die Rose
unter Captain Kirks Kommando war Spock dann endlich mit sich selbst ins Reine gekommen. Er hatte sogar Freundschaften geschlossen – besonders mit Captain Kirk und Dr. McCoy. Erst gegen Ende dieser Zeit, als Jims scheinbarer Tod Spock dazu gezwungen hatte, sich mit seiner Reue auseinanderzusetzen, die er aufgrund des Verrats an seinem Captain – seinem Freund – empfand, hatte er schließlich beschlossen, nach Vulkan zurückzukehren und sich dem
Kolinahr
zu unterziehen. Als er dann jedoch zur Sternenflotte zurückgekehrt war und wieder gemeinsam mit seinen Freunden auf der
Enterprise
weilte, hatte er den einzigen Ort wiedergefunden, der ihm je wirklich Zuflucht geboten hatte.
Nun, neunzehn Standardjahre nach dem Tod seines Freundes, fünfzehn Jahre nach seiner erfolgreichen Vollendung des
Kolinahrs
und ein Jahr nach dem Shuttleunfall, bei dem seine Mutter ums Leben gekommen war, hatte er andere Zufluchtsorte gefunden. Er verbrachte die Tage in seinem Büro und seinem Labor in der Vulkanischen Akademie der Wissenschaften, in seiner Wohnung hier in T’Paal und manchmal auch im Haus seines Vaters in ShiKahr. Er empfand kein Bedauern darüber, dass er nicht versucht hatte, eine Möglichkeit zu finden, um Edith Keelers Tod zu verhindern, damit Jim mit ihr glücklich werden konnte. Er empfand keine Trauer über den Tod seines Freundes. Er empfand keinen Gram wegen des Verlusts, den sein Vater erdulden musste. Und er empfand keinen Schmerz über den Tod seiner Mutter.
Er empfand nichts.
Doch er wollte etwas empfinden.
Spock öffnete die Augen. Vor ihm auf dem Tisch brannten immer noch die Kerzen und ein dünner Rauchfaden stieg von dem Gefäß mit den Räucherstäbchen auf. Aus Gewohnheit starrte er ins Zentrum der Flamme und versuchte so, einen meditativen Zustand zu erreichen.
Wie kann ich etwas empfinden
wollen?, fragte er sich.
Setzt das nicht ein Verlangen voraus, also etwas, das ich aufgrund meines
Kolinahrs
gar nicht verspüren dürfte?
Es wirkte vollkommen irrational, doch Spock konnte es nicht verleugnen. Er
wollte
um seine Mutter trauern. Er wollte um Jim trauern. Er wollte sogar das Bedauern verspüren, das ihn einst geplagt hatte, weil es seine eigenen Gefühle waren.
Plötzlich erinnerte sich Spock an etwas, das der Captain einst gesagt hatte, als Sybok seinen Schmerz lindern wollte, um ihm die negativen Emotionen zu nehmen, die sich im Laufe seines Lebens in seinem Inneren angesammelt hatten.
Gegen Schmerz und Schuldgefühl helfen keine billigen Tricks. Sie machen uns erst zu dem, was wir geworden sind
, hatte Jim gesagt.
Verlieren wir sie, verlieren wir uns
.
Hatte er damit womöglich recht gehabt? Und hatte Spock sich selbst verloren, indem er
noch
vulkanischer wurde und sich von seiner Logik und seinem Stoizismus
zu sehr
vereinnahmen ließ? Er erinnerte sich, dass nicht nur Amanda, sondern auch Sarek der Meinung gewesen war, dass er sich nicht dem
Kolinahr
unterziehen sollte. Sein Vater hatte sogar behauptet, dass Spock den Kampf, der zwischen seiner vulkanischen und seiner menschlichen Seite stattfand, bereits gewonnen hatte. Spock lehnte sich vor und blies alle Kerzenflammen auf einmal aus. Dann löschte er die Räucherstäbchen, stand auf und ging schnell in sein Labor hinüber. Dort aktivierte er die Computerkonsole in der Mitte des Raumes und sagte: »Computer.«
»Bereit«
, erklang eine männliche Stimme.
»Greife auf Vulkans kulturelle Datenbank zu«, befahl Spock.
Ein tickendes Geräusch wies darauf hin, dass der Computer die Anfrage bearbeitete.
»Zugriff erfolgt«
, meldete er nach ein paar Sekunden.
»Gibt es irgendwelche vulkanischen Rituale, die dazu dienen, die Auswirkungen eines erfolgreichen
Kolinahrs
rückgängig zu machen?«, wollte Spock wissen. Er hatte noch nie davon gehört und konnte sich auch nicht vorstellen, dass die vulkanischen Meister ein solches Ritual durchführen würden.
Wieder tickte der Computer.
»Bestätigt«
, sagte er.
»Wie viele?«
»Eins: das Lot-San-Kol.«
»Wird das
Lot-San-Kol
von den vulkanischen Meistern oder Ältesten oder unter ihrer Anleitung durchgeführt?«, fragte Spock.
»Negativ.«
Spock kehrte in sein Büro zurück, holte seine persönliche Datentafel und schloss sie an den Computer im Labor an. »Computer«, sagte er, »übertrage sämtliche verfügbaren Informationen über das
Lot-San-Kol
.«
Nachdem die Übertragung abgeschlossen war, nahm Spock die Datentafel wieder mit in sein Büro und las sich alles genau durch. Er
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