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Stadt Aus Blut

Stadt Aus Blut

Titel: Stadt Aus Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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mein Geschäft zu verrichten.
    – Was ist los, Mann? Ich muss pissen.
    – Piss in deinen Schuh, Sportsfreund.
    Er will gerade seinen Mund öffnen, als ich mich vor ihm aufbaue. Ich bin über einsneunzig und wiege mehr als hundert Kilo. Er stellt sich in die Schlange vor der Damentoilette. In diesem Augenblick kommt Philip auf der Suche nach seiner Verehrerin um die Ecke stolziert. Er trägt ein rotes Rayonhemd, das mit lauter schwarzen Katzen bedruckt ist. Ich packe es, zerre ihn daran in die Toilette und trete die Tür hinter mir zu. Er hat seinen Scotch verschüttet und schaut auf die Pfütze am Boden.
    – Was soll der Scheiß?
    Dann blickt er auf und erkennt mich.
    – Ach, du bist’s, Joe. Himmel, was ist denn mit deinem Gesicht passiert?
    Ich packe ihn am Genick und überlege, ob ich ihm nicht doch den Kopf abreißen sollte.
     
    Aber es ist eine Heidenarbeit, jemand den Kopf abzureißen. Also muss ich mich damit begnügen, ihn mit dem Gesicht voraus in die Toilettenschüssel zu tunken und ein paarmal runterzuspülen. Er schnappt nach Luft.
    – Meine Frisur, Mann! Meine Frisur!
    Ich schleudere ihn gegen die Wand.
    – Deine Frisur? Ist das das Einzige, worüber du dir Gedanken machst?
    – Worüber sollte ich mir sonst Gedanken machen? Du kennst mich doch. Ich denke nicht gerne nach. Das bringt nur Ärger.
    – Da hast du verdammt recht, mein Freund. Habe ich mich schon für deinen Anruf bedankt?
    Er glotzt mich verwundert an.
    – Äh, ähm, nein, hast du nicht.
    – Ja, also, das war aber wirklich unhöflich von mir.
    Ich stopfe ein paar Geldscheine in seine Brusttasche.
    – Dankeschön, Joe. Das wäre echt nicht nötig gewesen.
    Reflexartig zieht er einen Kamm aus der Gesäßtasche seiner bedruckten Jeans und versucht, sein Haar wieder in den ursprünglichen Zustand zu bringen.
    – Nein, nein, ich schulde dir was. Zum Glück hast du so gut aufgepasst und mich rechtzeitig gewarnt, dass die Kacke am Dampfen ist. Nur dumm, dass Uptown ein paar Sekunden nach dir angerufen hat.
    Seine Hände, mit denen er durch das klebrige Ding auf seinem Kopf fährt, wirken wie von einem Autopiloten gesteuert.
    – Wirklich? Tut mir leid, dass ich dir da keinen Hinweis gehen konnte.
    – Weißt du, was der Haken an der ganzen Sache ist, Phil?
    – Mann, nenn mich nicht Phil. Du weißt doch, dass ich das nicht leiden kann.
    – Natürlich, Philip. Tut mir leid. Also, Philip, weißt du, was der Haken an der ganzen Sache ist?
    Er stützt mit einer Hand seine Tolle, während er mit der anderen in den Hosentaschen nach seiner Pomadendose sucht. Er hat die Augen gen Himmel gerichtet, um während seiner Wiederbelebungsversuche die Tolle betrachten zu können.
    – Nö, keine Ahnung. Was ist der Haken?
    Ich packe seinen fettigen Haarschopf und ziehe daran, bis er auf den Zehenspitzen steht.
    – Der Haken daran ist, dass ich am helllichten Tag nach Uptown kriechen musste. Dass Dexter Predo Bescheid wusste, obwohl ich nur dir von dem Überträger erzählt hab. Dass du mich sofort angerufen hast, so als wüsstest du bereits, dass ich da mit drinstecke. Und da habe ich mich gefragt, ob du mir vielleicht nachspionierst. Womöglich sogar im Auftrag von Predo und der beschissenen Koalition?
    Ich lasse ihn fallen. Seine Frisur ist komplett ruiniert, und ich muss mir die Pomade von den Händen waschen. Philip sitzt auf dem Boden und scheint sein Haar für den Moment vergessen zu haben.
    – Herrgott nochmal. Joe, hast du den Verstand verloren? Ich soll für die Koalition spionieren? Selbst wenn ich das wollte, würden mich diese Knicker doch nie auf ihre Gehaltsliste setzen. Das weißt du genauso gut wie ich. Klar, ab und zu verdiene ich mir bei ihnen ein bisschen was dazu. Manchmal weiß ich was, das sie nicht wissen, oder die wollen irgendeinen Scheißjob erledigt haben. Aber spionieren? Mann, dafür haben die richtige Profis. Angenommen, ich hätte Interesse, für die Scheißkoalition herumzuschnüffeln, und weiter angenommen, sie würden mich tatsächlich damit beauftragen, dann würde ich doch niemals dich ausspionieren, Joe. Würde ich nie machen. Das weißt du, Joe. Das weißt du doch, oder?
    Ich wische mir die Hände an einem Papierhandtuch ab.
    – Willst du etwa behaupten, ich lüge, Phil?
    – Aber nein, Mann, nein. Wenn du sagst, Mr. Predo weiß was, dann ist das wohl so. Aber glaub mir, von mir hat er das nicht. Ich hab ihn nicht angerufen. Noch nie. Ich hab mit dir telefoniert und bin dann gleich losgezogen. Ich hab mir

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