Stadt Aus Blut
Die Jungs hießen Joey Boyles und Zack Blake. Das Mädchen war Whitney Vale. Ihr gilt mein Interesse.
Sie war neunzehn Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Nyack. Ihre Mutter sagt, sie sei mit achtzehn ausgezogen. Danach hat sie noch ein paarmal vorbeigeschaut, um sie anzupumpen. Ihr Vater hat sich seit ihrer Geburt nicht mehr blicken lassen. Sie hatte einen Nebenjob in einem der Second-Hand-Plattenläden in St. Marks. Der Inhaber sagt, dass er sie seit ein oder zwei Wochen nicht mehr gesehen hat. Das alles erfahre ich aus dem Internet, auf den Seiten der Times, der News und der Post . Wenn ich ihren Namen google, erhalte ich neben den offiziellen Pressemitteilungen und den Artikeln, die ich schon gelesen habe, nur die Adresse eines Spinners, der Nacktfotos von ihr verkaufen will.
Es ist elf nach neun. Draußen ist es dunkel genug, ich kann mich auf den Weg machen. Ich ziehe ein T-Shirt an und die Lederjacke drüber, obwohl es draußen ziemlich heiß ist. Aber irgendwie muss ich den Revolver in meinem Hosenbund verbergen.
Mein Kopf dröhnt immer noch von der Ladung, die mir Horde verpasst hat. Ich öffne die Schranktür und starre auf den Minikühlschrank neben dem Safe, in dem ich meine Waffen aufbewahre. Mein letztes Blut hatte ich am Samstag. Normalerweise hätte ich mir am Montag etwas genehmigt, aber Evie war da, dann musste ich Horde treffen und danach war alles weg.
Vielleicht haben sie ja was dagelassen.
Ich könnte den Kühlschrank aufmachen und nachsehen, aber ich weiß, dass er leer ist. Das Vyrus macht sich bemerkbar und erinnert mich daran, wie ich mich in den nächsten vierundzwanzig Stunden fühlen werde, wenn ich es nicht füttere.
Ich drehe mich um und gehe die Treppe hinauf.
Es ist Dienstag, noch ziemlich früh am Abend. Die richtigen St.-Marks-Freaks sind noch nicht aus ihren Löchern gekrochen. Trotzdem gibt es einiges zu sehen. Penner, die das billige Bier trinken, das sie sich am Nachmittag erbettelt haben. In die Jahre gekommene Hippies, die noch immer in derselben Sozialwohnung wie in den Sechzigern hausen. Kids aus Jersey, die den Gehweg verstopfen und nach billigen Sonnenbrillen suchen oder sich irgendwelche beschissenen Tattoos stechen lassen. Das deprimiert mich. Früher war diese Straße mal richtig gefährlich. Jetzt ist sie eine Einkaufsmeile.
Das Sounds liegt auf der St. Marks zwischen der Second und Third im ersten Stock eines alten Backsteingebäudes. Es ist einfach nur ein großer Raum, der mit Kisten voller CDs und Schallplatten zugestellt ist. Ein Typ steht neben einem Kämmerchen am Eingang, in dem die Kunden ihre Taschen ablegen können. Er ist weiß, trägt Nikes mit offenen Schnürsenkeln, eine ausgebeulte Jeans, ein Kobe-Bryant-Trikot und ein Lakers-Käppi schief auf dem Kopf. Um die Kunden besser beobachten zu können, steht er auf einer Holzkiste. Ich stelle mich neben ihn. Er beobachtet ein Mädchen in einem Camouflage-Minikleid, das die Trance-Abteilung durchwühlt.
– Tschuldigung.
Er wirft mir einen kurzen Blick zu, dann wendet er sich wieder dem Mädchen zu.
– Yo?
– Ist der Inhaber da?
Er schüttelt den Kopf.
– Wann kommt er?
Er zuckt mit den Achseln.
– Wir brauchen niemanden.
– Aha. Arbeitest du schon lange hier?
Das Mädchen hat eine CD gefunden und geht zur Kasse. Der Typ nutzt seine erhöhte Position, um einen Blick in ihren Ausschnitt zu ergattern, während sie bei einem Studenten an der Kasse bezahlt.
– Ich habe gefragt, ob du schon lange hier arbeitest.
Das Mädchen reicht dem Typen eine abgegriffene Spielkarte. Er durchsucht die Spinde und zieht eine tibetanische Handtasche hervor, an die die gleiche Karte angeheftet ist. Während er ihr die Tasche gibt, starrt er ungeniert auf ihre Titten, die aus dem Tank Top herausragen.
– Was hast du gekauft?
Sie geht zum Ausgang und steckt ihre CD in die Tasche.
– Eine CD, Arschloch.
Er sieht ihr hinterher.
– Du mich auch, Schlampe.
Er wendet sich mir zu.
– Was willst du?
– Noch mal: Arbeitest du schon länger hier?
– Was geht’s dich an?
– Gar nichts. Kennst du zufällig Whitney Vale?
Er grinst.
– Heilige Scheiße, Mann.
Er dreht sich zu dem Typen an der Kasse um.
– Yo, Homie! Der Penner da will was über Whitney wissen.
Der Student macht sich nicht die Mühe, von seinem Skinny-Puppy -Booklet aufzusehen.
– Soll sich hinten anstellen.
Der Typ auf der Kiste dreht sich wieder zu mir um. Er grinst immer noch.
– Hast du gehört, Penner? Hinten
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