Stadt Aus Blut
anstellen.
– Hab ich gehört. Darfst du hier eigentlich mal Pause machen?
– Klar. Was geht’s dich an?
– Nichts. Wollte nur sichergehen, dass die Mitarbeiter hier gut behandelt werden.
Ich gehe.
– Ja, hau ab, du Freak. Geh zu deinen Gruftiekumpels.
Das Gute an St. Marks ist, dass man sich dort prima die Zeit vertreiben kann. Einfach nur abhängen, die Straße auf und ab gehen – es fällt niemandem auf. Ich kaufe mir auf der anderen Straßenseite in einem Kiosk ein paar Schachteln Luckies. Das hier könnte länger dauern. Ich stelle mich an die Straßenecke, rauche und warte ab.
Der Typ kommt ein paarmal nach draußen, um ebenfalls eine zu rauchen, aber es dauert fast zwei Stunden, bis er richtig Pause macht. Er überquert die Straße und kommt in meine Richtung. Ich drehe mich um und bin ganz interessiert an dem Müll, der in einem kleinen Stand vor mir verkauft wird. Der Typ geht an mir vorbei, gibt dem Türsteher vom Continental die Hand und verschwindet im McDonald’s nebenan. Ich beobachte ihn, wie er sich sein Essen einpacken lässt. Er will gerade in den Laden zurückgehen, als ich ihm von hinten unter den Arm greife.
– Hey!
– Was?
Ich drehe ihn herum und führe ihn in Richtung Ninth. Jetzt grinse ich.
– Mann, Homie! Gibt’s dich auch noch? Was machst du denn so?
– Was zum Henker...
Er will seinen Arm freibekommen. Ich packe ihn und beuge mich zu ihm vor.
– Du tust, was ich sage, sonst schleppe ich dich zurück in deinen Laden, stecke dich in einen Spind und schmeiß die Karte weg. Wetten, dass dich niemand zurückhaben will?
Er gehorcht. Ich führe ihn um die Ecke und einen halben Block entlang, bevor ich ihn loslasse. Er hat Angst und plappert mich voll.
– Hey, hey, Mann. War nicht so gemeint, das von vorhin. Jetzt sei doch kein Arschloch. Also, nein, natürlich bist du kein Arschloch.
– Halts Maul.
– Was willst du, Homie? Scheiße, ich muss wieder in den Laden.
Ich starre ihn an. Er fängt an zu nicken.
– Richtig, Homie. Genau. Du wolltest was über Whitney wissen.
– Wann hast du sie zum letzten Mal gesehen?
– Keine Ahnung, Mann. Vor zwei, drei Wochen vielleicht. Sie hat auch im Laden gearbeitet.
– Hat sie gekündigt?
– Nee, Mann, so einen Job kündigt man nicht. Man geht einfach nicht mehr hin.
– Hat sie einen Freund? War irgendjemand bei ihr?
Er lächelt.
– Alter, die war nicht normal genug für einen Freund. Die war ein kranker Freak. Superirre.
– Hast du sie mal mit einem Typen gesehen, so um die fünfzig und stinkreich?
– Bestimmt nicht. Die hatte nie Kohle, war immer nur am schnorren.
– Hast du die Fotos in der Zeitung gesehen? Die von den anderen Jungs, mit denen sie unterwegs war?
– Klar. Wer nicht?
– Hast du die mal zusammen mit ihr gesehen?
– Nie. Willst du sonst noch was wissen, Mann? Meine McNuggets werden nämlich kalt.
– Nein. Das ist alles.
Ich hole einen Zwanziger aus der Tasche.
– Hier. Das Essen geht auf mich.
– Toll.
Als er das Geld nehmen will, fällt mir etwas ein. Ich halte den Schein fest.
– Weißt du was über den Typen, der Nacktfotos von ihr im Internet verkauft?
– Scheiße, keine Ahnung. Wie gesagt, die war völlig abgedreht. Aber sie hat sich bestimmt was nebenher verdient. Für so einen Typen hat sie ziemlich abgefahrene Scheiße gemacht.
– Was für einen Typen?
Er zieht an dem Zwanziger. Ich lasse los.
– Er heißt Chubby Freeze. Und wenn du Chubby nicht finden kannst, ist besser, du schenkst dir deine Detektivnummer gleich ganz.
Nachdenklich starre ich ihm hinterher. Als er ungefähr zwanzig Meter entfernt ist, dreht er sich um.
– Du Arschloch! Lass dich ja nicht noch mal in meinem Laden blicken, sonst polier ich dir die Fresse!
Er zeigt mir den Finger und macht sich auf den Weg, um seinem Kumpel vor dem Continental zu erzählen, wie er es mir so richtig gegeben hat. Ich gehe in die andere Richtung, dorthin, wo Chubby Freeze wohnt. Da hat er Recht: Wenn ich nicht wüsste, wo Chubby zu finden ist. könnte ich diesen Job gleich an den Nagel hängen.
– Hallo, Chubbs.
– Joe! Was führt dich hierher?
Trotz seines Namens ist Chubby keineswegs nur ein bisschen speckig um die Hüften. Vielleicht war er das mal für die paar Minuten nach seiner Geburt. Jetzt ist er einfach nur noch unsagbar fett.
Er ist ein ziemlich kleiner Mann, buchstäblich so lang wie breit. Er sitzt hinter einem edlen, aber leider ziemlich heruntergekommenen Mahagonischreibtisch. Seine
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