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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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zwei alten Männern, Brüdern, die einander vollkommen gleichen, hat mir die Wache gesagt … Zwillingen.«
    »Das hat dir eine Wache meines Palastes erzählt?«, wiederholte der Fürst mit zusammengepressten Lippen.
    Der Tablier krümmte sich erschrocken auf dem Boden, denn er fürchtete, einen schrecklichen Fehler begangen zu haben: »Ich glaube es zumindest … aber ich weiß es nicht genau! Es könnte auch keine Wache Eures erhabenen Palastes gewesen sein … eben ein anderer Mann, der auch einen Strohhut trug … und ein blaues Gewand … und ein weißes Tuch vor dem Gesicht … Außerdem … o Herr über diese Stadt … auf Eurem Markt haben sich bestimmt tausend Leute in hundert verschiedenen Sprachen unterhalten, in Pulan, Fulfuldé, Gourma, Mandé, Moré, Tamacheq …«
    »Genug!«, unterbrach ihn der Fürst mit harter Stimme. »Erzähl mir von diesem Dorf!«
    »Ja … das ist auch der Grund … aus dem ich den Mut gefunden habe … warum ich gebeten habe, mit Euch sprechen zu dürfen … warum ich gewagt habe, vor Euch zu erscheinen … Auf meinen Reisen … habe ich, glaube ich, ein Dorf gesehen … in dem zwei alte Männer, Zwillinge, leben … das Dorf ist sehr klein … und wie die Wache sagte … ist es schwer zu finden, wenn man den Weg nicht kennt … aber ich … vielleicht … wenn es wirklich dieses Dorf ist … dann bin ich dort … etwa alle zwei Monate.«
    Es folgte ein endloser Moment des Schweigens, in dem man nichts hörte als das ständige Knacken der Dornenzweige. Schließlich fand der Tablier irgendwie den Mut dazu, den Kopf zu heben und zu dem reglosen Fürsten über ihm aufzuschauen.
    »Deshalb … habe ich all meinen Mut zusammengenommen … und habe mir gedacht … wenn der Fürst wirklich wissen will, wo dieses Dorf liegt … und ich den Weg dahin kenne …«
    »Du wirst deine Belohnung schon bekommen!«, unterbrach ihn Sanagò. »Erzähl mir von den Zwillingen. Haben sie Söhne?«
    Der Tablier holte Atem und klang etwas mutiger, als er weitersprach: »Nicht, dass ich wüsste, Hoheit. Aus dem wenigen, das man einem armen Tablier erzählt, weiß ich nur, dass der eine der Hogon , der Priester des Dorfes, ist. Und sich anscheinend nie eine Frau genommen hat. Wenn doch, ist sie tot, und er hat keine Nachkommen. Und der andere, der Geschichtensänger des Dorfes, hat nur eine Tochter.«
    »Hat die Tochter geheiratet?«
    »O ja. Und sie hat vier Söhne geboren. Aber man erzählt sich, die Enkel hätten nichts von ihrem Großvater geerbt, vielleicht werden sie Hirten oder ganz brauchbare Jäger, aber bis jetzt sind sie es nicht wert, ihm die Schuhe zuzubinden. Wie könnte das auch sein? Schließlich kennt man ihn überall, auch über sein Dorf hinaus: Es ist Matuké, der berühmte Griot .«
    »Das ist er!«, rief der Fürst laut und sprang plötzlich auf. Dabei umklammerten seine schmalen Hände mit den spitzen Fingernägeln die Armlehnen des Thrones. »Sag mir sofort, wo er sich versteckt hält!«
    Der Tablier war zwar erschrocken über diese plötzliche Wut des Fürsten, aber auch erleichtert, dass er ihm eine wichtige Information gegeben hatte, also fuhr er fort: »Wie ich schon sagte … das Dorf ist sehr klein, Hoheit … man muss die ganze Wüste an den grauen Wiesen entlanggehen bis man an die Falaise kommt, und wenn man dort ist, darf man nicht die alte Karawanenstraße nach Tamanè einschlagen, sondern muss auf die sonnenverbrannten Felsen zuhalten.«
    Der Fürst der Stadt aus Sand verließ seinen Thron und umkreiste den Tablier , der immer noch auf den Teppichen kniete und mit den Händen versuchte, den Weg zu dem Dorf in allen Einzelheiten darzustellen. Und je weiter er erzählte, desto selbstsicherer und mutiger klang er.
    Als er seine Erzählung beendet hatte, wandte der Fürst ihm den Rücken zu und blieb vor den drei schmalen, hohen Fenstern stehen. Seine reglose Gestalt mit den hinter dem Rücken verschränkten Händen erinnerte an eine Riesenfledermaus.
    Alle Personen im Zimmer waren wie zu Statuen erstarrt: der Fürst vor dem Fenster, die Wachen mit ihren Hüten aus geflochtenem Stroh an der Türschwelle …
    Und der Tablier , der sich erwartungsvoll leise räusperte.
    »Was hast du gesagt?«, fragte der Fürst endlich mit heiserer Stimme.
    »Ich habe Euch alles erklärt, was ich wusste, Hoheit … und möchte Euch jetzt nicht noch mehr Zeit rauben. Wenn … Ihr mir dann … wie Ihr gesagt habt … die Belohnung geben mögt …«
    Der

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