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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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Rokias schlechte Laune.
    »Nein, aber man hat mir erzählt, du willst fort.«
    »Das stimmt.« Die Tür öffnete sich noch etwas weiter. »Ich habe gehört, es gibt einen großen Wettstreit für Geschichtensänger in Tamanè. Daran möchte ich teilnehmen …«
    »Ein Wettstreit für Griot ?«
    »Genau. Es werden Geschichtensänger aus allen fünf Ländern kommen. Vielleicht sogar noch von weiter her.«
    Rokias Augen blitzten auf: »Das ist ja wunderbar!«
    »Der Beginn des Sigi, unseres bedeutendsten Festes.«
    »Und dabei darfst du nicht fehlen.«
    Ihr Großvater schwieg. Rokia nickte, senkte kurz den Kopf, dann schaute sie wieder auf und fragte: »Und du wirst gewinnen, richtig?«
    Er lachte. »Was meinst du?«
    »Wenn es ein Wettstreit von Geschichtensängern ist, wirst du ihn gewinnen. Niemand ist besser als du. Du musst nur dein schönstes Lied wählen. Dann wird allen die Spucke wegbleiben.«
    »Werde nicht unverschämt, Rokia!«
    »Versprich mir, dass du gewinnen wirst!«
    »Ich werde es versuchen.«
    »Wann brichst du auf?«
    »Morgen früh.«
    »Und warum hast du mir nichts davon erzählt?«
    »Weil … ich Angst hatte, du würdest mich nicht ziehen lassen.«
    Daraufhin fragte ihn Rokia nichts mehr und nahm die Antwort ihres Großvaters einfach hin.
    Sie lief schnell in den Hof und ließ ihn an der Tür stehen.
    Matuké schloss sie langsam, dann legte er sich wieder auf sein Bett. Er nahm die Kora und zupfte nachdenklich ein wenig an den Saiten. »Die Gefahr ist zu groß für ein so kleines Mädchen …«, sagte er leise. »Ich kann es nicht tun.«
    Doch worum auch immer er sich sorgte, sein entspannter Gesichtsausdruck ließ das genaue Gegenteil vermuten.

    Welches Lied?
    Welches Lied würde Großvater wählen, fragte Rokia sich, während sie in der Mitte des Hofes Holz für ein Freudenfeuer aufstapelte. Sie hatte ihrer Mutter gesagt, dass Matuké am folgenden Morgen aufbrechen wollte, und die hatte es den Ältesten erzählt, die sie besucht hatten.
    »Wenn er bei seiner Entscheidung geblieben ist«, hatten jene beschlossen, »wollen wir ihn wenigstens gebührend verabschieden.«
    Und sie hatten sich beeilt, für Matuké ein Abschiedsfest vorzubereiten, dass noch vor Sonnenuntergang stattfinden sollte, denn in ihrer Tradition war es nicht gut, nachts zu feiern. Es blieb kaum Zeit, um das Feuer anzuzünden und alles Notwendige herbeizuschaffen, und damit dies gelang, hatte sich das gesamte Dorf in Bewegung gesetzt.
    Die Sonne umarmte den Horizont und tauchte seine ferne Linie in Gold. Während sie unterging, sangen die Vögel. Dann wurde es stiller zwischen den wogenden Halmen.
    Rokia überlegte immer noch, welches Lied ihr Großvater beim Wettstreit in Tamanè singen könnte: Sie ließ sie alle einzeln Revue passieren und schloss eins nach dem anderen genauso schnell wieder aus. Eines ihrer Lieblingslieder hatte eine zu erstaunliche Handlung, deshalb würde man es vielleicht für erfunden halten, obwohl es von den Helden aus alter Zeit erzählte. Das Lied von den vier Kornspeichern war auch sehr schön, aber es ließ einen bitteren Geschmack zurück, wenn der Hirte am Ende starb. Das Gleiche galt für die Ballade vom letzten Löwen in Afrika, der nach seiner verlorenen Gefährtin suchte und dabei den Fußspuren des Fuchses folgte.
    Die anderen Frauen um sie herum eilten geschäftig durch den Hof, brachten Matten herbei, mit denen sie den Boden auslegten, und dampfende Teller mit Yassa -Huhn, Plantain und gestampftem Yamspüree, gebratenen Igname, Fleisch in einer Soße aus Akra und Bohnenblättern. Die Luft duftete intensiv nach Chili, Zitrone, Zwiebeln und Erdnusssoße, und man hörte den Schaum des frisch eingegossenen Dolo zischen.
    Rokia lehnte sich mit dem Rücken an die Hofeinfassung aus Ziegelsteinen, ließ sich zu Boden gleiten und beobachtete wie hypnotisiert durch die Beine der Leute, die den Hof betraten oder verließen, das langsam auflodernde Feuer. Als sie ein kleines Flämmchen aufzüngeln sah und die Holzscheite dazu knacken hörte, fiel ihr ein altes Lied über das Feuer ein. Großvater hatte es vor vielen Jahren gesungen, als ihre Großmutter gestorben war.
    »Ja natürlich, das ist es!«, rief sie und spürte, wie ihr Herz ganz aufgeregt zu klopfen begann.
    Dieses Lied konnte Großvater singen.
    Wie fing es noch mal an?
    Rokia versuchte, sich daran zu erinnern. Sie sah zur geschlossenen Tür der Hütte und begann die Worte zu singen, die ihr einfielen:
»Funken des Feuers, Funken des

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