Stadt aus Sand (German Edition)
Umhang aus leichtem Stoff, Schuhe aus weichem Wildschweinleder, eine sandfarbene, fallende Kopfbedeckung und einen Beutel, aus dem der lange Hals der Kora herausragte.
»Nun, bist du bereit für die Reise? Dann sag Napoleon guten Tag!«
Er zeigte auf einen Esel mit vielen kahlen Stellen im Fell, den die Dorfältesten ihm für die Reise aufgedrängt hatten.
»Kommt er mit uns? Aua! Er hat mich gebissen!«
»Ach was, er wollte dich nicht beißen: Er ist nur ganz versessen auf Salz«, scherzte der Großvater und zog aus einer Tasche seines Umhangs eine Handvoll weißer Kristalle, die der Esel zufrieden aufleckte. Dann reichte er seiner Enkelin die Zügel. »Nur Mut. Nimm du ihn. Napoleon ist eigentlich ganz friedlich.«
»Bist du sicher?«, fragte Rokia, die immer noch nicht ganz glauben konnte, was gerade mit ihr geschah.
»Absolut sicher!«, antwortete Matuké und fuhr ihr mit der Hand bewundernd durch die Zöpfe. »Was für wunderschöne Haare!«
Rokia lächelte und schaute abwechselnd ihren Großvater und das weiße Maul des Esels an. Zwei große Reisesäcke, die miteinander verbunden waren, baumelten rechts und links von seinem knochigen Rücken.
»Wie lange werden wir brauchen, bis wir nach Tamanè kommen? Und stimmt es, dass wir durch die Wüste laufen müssen?«
Zouley kam hinter der Matte hervor. In der Hand hielt sie den Korb, den sie in der Nacht gepackt hatte. Sie sah aus, als hätte sie kein Auge zugemacht. »Jetzt belästige doch den Großvater nicht mit deinen dummen Fragen«, sagte sie, ohne ihrem Vater in die Augen zu sehen.
»Mama, schau mal! Das hier ist Napoleon!«
»Brecht ihr schon auf?«
»Ja, meine Tochter«, antwortete der alte Mann. »Wir müssen versuchen, möglichst viel von der Kühle des Morgens für unsere Reise zu nutzen.«
Rokia streckte die Hand nach dem Korb aus, doch Zouley wollte ihn nicht loslassen. Sie versuchte immer noch, die Abreise zu verhindern.
Matuké lächelte ihr verständnisvoll zu. »Du kannst uns ziehen lassen, Zouley.«
»Und dein Versprechen?«
»Es wird alles gutgehen.«
Vater und Tochter wechselten einen langen Blick, in dem Sorge, Verständnis und Resignation lagen. Überwältigt von dieser Reihe widersprüchlicher Gefühle ließ Zouley den Korb los, und Rokia befestigte ihn an den anderen Gepäckstücken. Als sie einen Gurt zuzog, zwickte sie aus Versehen damit ein Stückchen Fell des Esels ein, und das Tier brüllte protestierend auf.
Inogo kam aus seiner Hütte gerannt.
»Was ist denn los?«, fragte er erschrocken. »Was soll dieses Tier hier?«
»Hallo, Inogo!«, begrüßte ihn Rokia. »Ich gehe jetzt mit Großvater.«
»Du gehst mit Großvater? Und wohin willst du?«, wiederholte Inogo überrascht. Am Vorabend waren er und seine Brüder wie viele andere vor der Bekanntgabe dieser Entscheidung eingeschlafen.
»Was denn? Das wissen doch inzwischen alle! Großvater geht nach Tamanè.«
»Und warum kommst du dann mit?«
»Inogo, leg dich wieder schlafen …«, forderte ihn seine Mutter auf.
Durch das Eselsgebrüll und die Stimmen im Hof waren auch die beiden anderen Brüder aufgewacht und kamen aus der Hütte gelaufen.
»Inogo hat recht,« sagte Ogoibélou, während er sich schlaftrunken die Augen rieb. »Eigentlich sollte ich dich begleiten, Großvater!«
»Du bist groß und kräftig, mein Enkel, und musst deinem Vater mit den Tieren helfen. Und Serou wird bei der Herstellung der Ziegelsteine gebraucht. Rokia dagegen …«
Ogoibélou gähnte und zeigte auf seine Schwester. »Falls jemand sie haben will, Großvater, dann verkauf sie auf jeden Fall, auch wenn er dir nur ein Kamel für sie bietet, in Ordnung?«
»Ich werde ordentlich verhandeln«, meinte Matuké im Spaß.
Auch Serou gähnte. »Hoffentlich wirst du geraubt«, sagte er zu Rokia und ging wieder in die Hütte.
Nur Inogo war unzufrieden.
»Und ich?«, fragte er. »Warum kann ich nicht mit dir kommen?«
Matuké kniete sich vor ihm hin und flüsterte ihm zu: »Der Priester hat mir gesagt, dass du jetzt die Aufgabe übernehmen musst, das Dorf zu verteidigen.«
»Hat er das wirklich so gesagt?«
Matuké richtete sich wieder auf. »Du kannst ihn ja fragen. Er meinte, dass du im Dorf der beste Jäger bist. Und ich glaube, dass er einen Speer für dich hat.«
»Wo, wo?«, jubelte der Junge und rannte davon, ohne sich etwas überzuziehen.
Rokia, Matuké und Zouley lachten.
So endete der Abschied.
Matuké, Rokia und Napoleon gingen langsam durch das Tor zum Baobab und
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