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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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strichen über den Platz, manchmal mehrfach und aus den fadenscheinigsten Gründen, und versuchten einige Worte zu erhaschen, wenn die Ältesten lautstark miteinander redeten. Danach diskutierten sie draußen über die Wortfetzen, die sie gehört hatten, um daraus zu erraten, welche Entscheidungen man drinnen treffen würde.
    Doch an diesem Morgen hörte man nicht eine einzige Silbe aus dem Togu-na .
    Als Rokia den Platz betrat, bemerkte sie sofort die Silhouetten der alten Männer, die auf dem Fußboden des Togu-na saßen, und die Leute des Dorfes, die ab und zu in den umliegenden Gassen erschienen. Alle warteten gespannt darauf zu erfahren, was dort passierte, und man sah ihnen allen an, wie neugierig sie waren.
    Rokia hielt nach ihrer Mutter Ausschau, und als sie sie entdeckte, ging sie zu ihr.
    »Was ist los, Mama?«, fragte sie und umfasste ihre Knie.
    Zouley zögerte ein wenig mit der Antwort.
    Dann sagte sie: »Großvater will weggehen.«

    Beide schauten zum Togu-na , wo plötzlich eine laute Stimme meinte: »Das geht nicht!«
    Dann schloss sich eine zweite an. Und als wäre ein Damm gebrochen, redeten nun alle alten Männer auf einmal los, als ließen sie sich nicht länger zurückhalten.
    Viele Bewohner des Dorfes fanden das komisch und lachten. Andere sahen in dem Streit im Togu-na ein böses Vorzeichen und verließen den Platz, darunter auch Rokia und ihre Mutter.
    »Komm, wollen wir nicht lieber zu Hause auf sie warten?«

    Im Togu-na ertönten jetzt zwanzig Stimmen gleichzeitig. Und vierzig Hände gestikulierten lebhaft, um auszudrücken, was sich mit Worten nicht mitteilen ließ. Anscheinend waren der Geschichtensänger Matuké und sein Bruder Setuké die Einzigen, die schwiegen. Sie saßen auf ihren Matten, trugen ihre Sandalen an den Füßen und warteten ab, dass jemand Ordnung in dieses Chaos brachte.
    Dafür sorgte einer der ältesten Männer, dessen weiße Locken wie Baumwollflöckchen aussahen. Er machte eine brüske Handbewegung und nutzte die folgende Stille, um das Wort zu ergreifen. Der Mann sah dem Geschichtensänger direkt ins Gesicht und meinte: »Matuké, ich glaube, du hast begriffen, was wir denken. Alle glauben mehr oder weniger, dass es falsch ist, wenn du das Dorf verlässt. Wir wollen dir natürlich nicht verbieten, an dem Wettstreit in Tamanè oder an dem Beginn des Sigi -Festes teilzunehmen, doch wir machen uns Sorgen um dich. Du bist schon recht alt. Und ich denke, niemand von uns würde sich mehr auf eine so anstrengende Reise begeben wollen.«
    Matuké nahm diese Worte mit einem Kopfnicken auf. »Und ich danke euch für eure Besorgnis.«
    Dann fuhr der alte Mann fort: »Wir besitzen nur wenig, das uns wertvoll ist. Und nichts bedeutet uns so viel wie unser Geschichtensänger. Wir haben Angst, wenn er sich von unserem Dorf entfernt und auf eine so lange Reise geht.«
    Dann zeigte der alte Mann nach Osten und sagte: »Nach Tamanè sind es anderthalb Tage Fußmarsch in Richtung der Sonne. Das bedeutet anderthalb Tage voller Gefahren für den Hinweg und anderthalb Tage voller Gefahren für den Rückweg.«
    »Deshalb werde ich auch nicht allein reisen«, verriet ihnen der alte Griot nun und löste damit eine weitere Flut von Fragen und Ratschlägen aus.
    »Wer wird dich begleiten?«
    »Nimm unbedingt einen Jäger mit!«
    »Mindestens fünf Männer!«
    »Die Besten sind aber nicht im Dorf!«
    »Es ist auf jeden Fall Wahnsinn! Er darf nicht abreisen!«
    »Ich habe gehört, es soll an der Strecke Löwen geben!«
    »In unserem Dorf haben wir doch alles, was wir brauchen.«
    »Was willst du dort überhaupt, Matuké?«
    Eine weitere Handbewegung des alten Mannes ließ die anderen wieder verstummen. »Wir können dir nur eines sagen: Geh nicht fort! Obwohl ich glaube, den Grund für deine Reise zu kennen.«
    Bei den letzten Worten erhob sich zustimmendes Gemurmel. Der weise Mann fuhr fort: »Wenn sich in Tamanè wirklich viele Geschichtensänger versammeln, dann ist doch offensichtlich, dass du dort deinen Nachfolger zu finden hoffst, da niemand in unserem Dorf dir an Weisheit gleichkommt und so gut wie du zu singen vermag. Doch ich gebe dir zu bedenken, dass auch wir das Sigi -Fest feiern und zu diesem Anlass junge Geschichtensänger hierherkommen werden. Und sollte dies nicht geschehen, sind wir bereit zu gehen und sie selbst zu suchen, ohne dass du uns dafür erst verlassen musst. Was meinst du dazu?«
    Doch Matuké schüttelte den Kopf: »Meinen Nachfolger, wie ihr ihn nennt, habe ich

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