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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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des Herzens!«
    Auf einmal klang die Musik trauriger, genau wie die Stimme des Griot , um die letzte Jagd auf den Schakal zu beschreiben, den Jäger, der die Felsen hochkletterte, den Kampf gegen das heimtückische Tier. Und dann dessen Hinterlist – der Jäger fiel, und der Löwe begleitete ihn auf seinem letzten Sprung in die Tiefe.
    Die Zuschauer schwiegen. Konnte das wirklich das Ende des Liedes sein?
    Jetzt war nur noch der tiefe, beunruhigende Klang der Kora zu hören.
    War das wirklich das Ende?
    Der Jäger lag auf der Erde, wie tot. Und dann fiel plötzlich eine Sternschnuppe auf ihn herab. Das war der Funke seiner großen Liebe. Die Seele des Jägers erkannte sie und nahm seine Bestimmung an, verließ seinen Körper. Und dann stiegen zwei Zwillingsfunken, endlich wieder vereint, langsam zum Himmel auf und schrieben dort ihre Namen, während der Löwe blieb und die Leiche des Jägers bewachte, damit der Schakal ihr niemals zu nahe kommen konnte.

    Als Matuké sein Lied beendete, hatte sich das Feuer in einen Haufen roter Glut verwandelt. Einige Dorfbewohner saßen in melancholische Träume versunken da, andere, darunter die Kleinsten, waren inzwischen eingeschlafen, ein paar weinten leise oder waren ganz mit Stolz erfüllt, wie Rokia. Dieses Lied war so schön, kein anderer Geschichtensänger würde ihrem Großvater die Stirn bieten können.
    »Das war es«, meinte Matuké schlicht. »Ich hoffe, es hat euch gefallen.«
    Der Dorfälteste erhob sich sichtlich gerührt und fragte: »Bist du immer noch fest entschlossen aufzubrechen, Matuké?«
    »Ja, das bin ich, mein Freund«, antwortete ihm der Geschichtensänger. »Und zwar schon morgen.«
    Unter den im Hof versammelten Zuhörern wurde leises Missfallen laut.
    »So ist es also«, sagte der Älteste und nickte. »Dann lasst uns noch ein letztes Mal gemeinsam essen.«
    Die Frauen standen auf und wollten gerade die Speisen an die Anwesenden austeilen, als der Älteste noch eine Frage stellte: »Und … hast du dich entschieden, wer dich begleiten wird?«
    Diesmal schien Matuké erst jemandem unter den Anwesenden zu suchen, ehe er antwortete. Er lächelte seiner Enkelin Rokia zu, doch dann setzte er seine Suche fort, bis er dem strengen Blick seiner Tochter Zouley begegnete.
    »Sicher habe ich mich entschieden«, antwortete der Geschichtensänger und legte seine Kora auf den Boden.
    Und dann nannte er den Namen der Person, die ihn begleiten sollte.

    Lange Zeit später, im Verlauf dieser Nacht, kniete sich Zouley im Vorratsraum vor einen offenen Korb und packte ein Stück Brot, Honig und eine Handvoll Datteln, Erdnüsse und getrockneter Feigen hinein. Sie bewegte sich in der vollkommenen Dunkelheit mit der Sicherheit eines Menschen, der jedes Detail in dieser Hütte kannte. Als sie fertig war, legte sie ein sauberes Tuch über den Korb und dann, als hätte sie noch einmal überlegt, hob sie es wieder an und fügte noch eine Handvoll Feigen hinzu.
    Jemand schob den Vorhang beiseite, der den Vorratsraum vom Rest des Hauses trennte, doch Zouley drehte sich nicht um. Sie breitete das Tuch wieder über den Korb und stellte ihn vor ihren Knien ab.
    »Also nimmst du sie mir doch weg …«, sagte sie leise in die kühle Nachtluft.
    »Zouley …«
    »Du hast es mit mir versucht, aber ich war nicht gut genug, richtig?«
    »Du weißt nicht, was du sagst, Zouley.«
    »Du hast recht. Ich weiß es wirklich nicht. Aber da bin ich nicht die Einzige. Ich weiß nur, dass ich dem Wunsch meines Vaters gehorchen muss, auch wenn ich ihn nicht begreife. Aber vielleicht weiß ich auch, dass ich ihn um etwas bitten kann.«
    »Natürlich kannst du das.«
    »Bring sie mir gesund und wohlbehalten wieder.«
    Matuké stand unverwandt auf der Schwelle, seine Hand umklammerte den Vorhang.
    »Vater?«
    Plötzlich erfüllte sich die kühle Nachtluft mit eisiger Kälte. Als Zouley sich umdrehte, war Matuké schon verschwunden.

DIE REISE
    Am nächsten Morgen klopfte Matuké an die Hütte, in der die zwei Frauen schliefen. Besser gesagt, er klatschte in die Hände, denn es gab keine Holztür, an die er hätte klopfen können. Nur eine schlichte Matte hing vor dem Eingang.
    Rokia schoss wie ein Blitz heraus, schon bereit zur Abreise. Sie trug ein blau-gelbes Gewand, und ihre Mutter hatte ihr die Haare zu den achtzig glückbringenden Zöpfen der Ku tari -Frisur geflochten.
    »Großvater!«, begrüßte sie ihn.
    Der Griot hatte einen Stock bei sich und trug seine Reisekleidung: einen langen

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