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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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offenen Haare erfüllte jetzt ein zarter Duft.
    Daher also der Traum vom Wasser, an den sie sich erinnerte. Als ihre Mutter sie hingelegt hatte, musste sie sie gewaschen und eingecremt haben.
    Rokia suchte sich etwas zum Anziehen und fand nur noch ein weißes Gewand mit einem Ring auf dem Rücken, an dem die Erwachsenen sie führen konnten. Dieses Kleid hatte sie getragen, als sie ein kleines Mädchen war. Sie konnte es fast nicht überziehen, da ihre Muskeln so stark schmerzten. Als der Stoff über ihre Knöchel fiel, tat es weh. Da erst sah Rokia, dass sie Dutzende schwarze Kratzer von den Büschen der Brousse zurückbehalten hatte. Das war ihr unterwegs gar nicht aufgefallen.
    Rokia ging hinaus in den Innenhof.

    Dort hatten sich einige Menschen versammelt: mehrere Frauen, ihre Brüder, ihre Mutter und ein paar alte Männer.
    »Gesundheit euren Körpern!«, grüßte sie Rokia.
    Ihre Brüder hatten lebhaft miteinander geredet, doch als sie sie bemerkten, verstummten sie auf einen Schlag. Die alten Männer drehten sich nicht einmal nach ihr um.
    Zouley jedoch löste sich aus der Gruppe ihrer Freundinnen und erwiderte ihren Gruß.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Gut«, antwortete Rokia. »Etwas müde, aber … was macht ihr denn alle hier?«
    Sie bemerkte, dass niemand zu ihr hinschaute.
    »Und Großvater?«
    Ihre Mutter zeigte auf die Hütte. »Setuké ist seit gestern bei ihm in der Hütte. Und er ist noch nicht wieder herausgekommen.«
    »Gestern? Aber wie lange … habe ich denn geschlafen?«
    Ohne ihr zu antworten, führte Zouley sie in die Mitte des Hofes zu ihren Brüdern hin. Ogoibélou sprang mit einem grimmigen Gesicht auf, als er sie kommen sah.
    »Bist du jetzt zufrieden?«, fragte er Rokia.
    »Was?«
    »Du hast wieder mal nichts als Unheil angerichtet!«, meinte ihr Bruder weiter.
    »Ich?«
    Ihr Bruder dachte überhaupt nicht daran, ihr zu antworten, sondern wandte sich an die anderen und zeigte auf die rote Stufe, die aus dem Hof führte. »Kommt mit, wir gehen.«
    »Das ist besser«, stimmte ihm Serou zu und warf Rokia ebenfalls einen grimmigen Blick zu. »Diese hässlichen großen Ohren will ich nicht mehr sehen.«
    Alle vier verließen den Hof, wobei Inogo und Eléou mit gesenktem Blick hinter ihren größeren Brüdern hertrotteten, als ob sie sich nicht trauten, sich gegen sie aufzulehnen. Ehe Inogo um die Ecke bog, warf er Rokia einen letzten Blick zu, der zu sagen schien: Es tut mir leid!
    Rokia suchte bei ihrer Mutter Trost. »Warum tun sie das?«
    Zouley schüttelte den Kopf. »Achte gar nicht auf sie. Wir machen uns eben alle Sorgen um Großvater. Und du …«
    »Ihr glaubt doch wohl nicht, dass es meine Schuld ist?«
    »Niemand glaubt das, Rokia …«, mischte sich nun einer der Dorfältesten ein. »Aber wenn jemand nicht weiß, was er sagen soll, sucht er die einfachste Lösung.«
    Der andere Alte fügte hinzu: »Und das Einfachste hier ist zu sagen, dass es schlichtweg dumm war, nur in Begleitung eines elfjährigen Mädchens nach Tamanè zu gehen.«
    »Noch dazu eines Mädchens, das Unglück bringt«, zischte eine weibliche Stimme. Rokia erkannte allerdings nicht, wem sie gehörte.
    All diese bösen Blicke jagten ihr Angst ein. Und nun raunten die Frauen einander noch mehr Bosheiten zu.
    »Sie kann ja nicht mal Wäsche waschen!«
    »Sie hat ihren Vater mit Henna vergiftet!«
    »Und jetzt ist ihr Großvater dran! Schaut doch, wie sie ihn zurückgebracht hat!«
    Rokia fühlte sich in ihrem eigenen Zuhause wie eine Fremde. Sie bekam plötzlich keine Luft mehr und schaute sich auf der Suche nach ein wenig Trost um. Da bemerkte sie ihre Freundin Yatoyé, die sich an dem Gerede nicht beteiligt hatte. Sie lehnte draußen an der Mauer und starrte sie an, als sei sie ein gefährliches Tier. Rokia ging auf sie zu.
    Doch Stocksteifer Rücken verschwand schnell mit einer gemurmelten Entschuldigung.
    Rokia konnte es nicht glauben. Sie versuchte es bei einer anderen Frau, und auch diese vermied genau wie Yatoyé, von ihr berührt zu werden.
    »Rokia … nicht …«, riet ihr die Mutter.
    Doch das Mädchen war jetzt beunruhigt. Sie sah auf ihre Hand, an ihrem Arm herunter. »Was stimmt denn nicht mit mir? Habt ihr Angst, dass ich euch berühre? Denkt ihr etwa, dass ich krank bin? Oder verflucht?«
    »Setuké muss dich erst untersuchen!«, beantwortete einer der alten Männer ihre Frage und bekräftigte damit ihren Verdacht.
    Während alle Augen auf sie gerichtet waren, sie durchbohrten wie

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