Stadt der blauen Paläste
diese ›Erleuchtung‹ über dich?«, fragte sie dann zögernd. »Hast du dich früher schon mit so etwas beschäftigt? Ich erinnere mich keinesfalls, dass es bei euch in Nürnberg irgendwo danach roch. Nach Safran, ja, nach hundert anderen Gewürzen, aber nicht nach so etwas.«
Margarete lachte.
»Natürlich nicht. Aber du kennst natürlich auch diese Säckchen, die Großmütter immer in ihre Wäscheschränke legen, du weißt schon, Lavendel. Und als ich neulich hier an einer der Buden vorbeikam, bei denen man Essenzen kaufen kann und natürlich vor allem diese Dufteier, die an carnevale überall durch die Luft fliegen, durchzuckte es mich wie ein Blitz. Verstehst du, Düfte herzustellen, wäre ein Beruf. Ein Beruf, den Frauen normalerweise gewiss nicht ausüben. Es heißt, in Paris machen es die Männer, in Südfrankreich auch. Außerdem gibt es darüber ein Buch von Kleopatra, das haben irgendwelche Leute abgeschrieben, und ich weiß, wo ich es bekommen kann.«
»Ich dachte immer, sie hätte in Eselsmilch gebadet«, sagte Crestina lachend, »von Zibet habe ich noch nie etwas gehört.«
»Nun, das hat sie auch gewiss nicht. Zwei Tropfen davon sind bereits zu viel. Aber ganz gleich, worin sie gebadet hat, ich habe auf jeden Fall mit diesem Duft bereits experimentiert. Ich wollte ihn mischen mit anderen Essenzen, die ich ohnehin besitze. Ich war natürlich kaum darauf erpicht, dass mir jemand bei meinen Experimenten zusah, und als der Faktor unerwartet in die Kammer kam, rutschte mir das Fläschchen aus der Hand. Es waren nur ein paar Tropfen, die auf dem Tisch landeten. Auf dem Tisch!« Margarete verzog das Gesicht. »Ich konnte diese kostbare doppelte Buchführung, an der ich gerade arbeitete, gerade noch retten. Und das ist die Geschichte.«
»Und was soll nun aus dieser Idee werden?«
»Ich werde sie weiterverfolgen«, erwiderte Margarete entschieden, »das dürfte klar sein. Als Erstes brauche ich natürlich einen Raum, in dem ich arbeiten kann. Dass es hier nicht geht, dürfte verständlich sein. Ich bin froh, dass meine Familie ein paar Tage über Land ist, bis dahin ist der Duft wieder verschwunden. Hoffe ich zumindest. Und ich hoffe auch, dass der Faktor, dieser Hansjörg Kramer, mich nicht verrät.«
»Könnte dein Bruder nicht noch eine weitere Kammer hier im fondaco dazukaufen? Das wäre doch gewiss am einfachsten.«
»Die Kammern sind nicht gekauft, das waren sie zu keiner Zeit. Sie waren immer nur gemietet. Und sie sind außerdem so begehrt, dass man ganz gewiss nicht von heute auf morgen welche bekommt. Es gibt Zeiten, in denen die deutschen Kaufleute auf den Gängen schlafen müssen, weil alles überfüllt ist. Und für so etwas wie diese Duftmischerei würde meine Mutter ganz gewiss keine Kammern mieten, selbst wenn dies möglich wäre. Ich soll Safransorten kennen und Bescheid wissen, wie die Nürnberger Hammermeister heißen, an die das Alt- und Sintereisen verkauft werden darf, und die Maut- und Zollgebühren bei steirischem Stahl!« Margarete verdrehte die Augen an die Decke. »Steirischer Stahl, mamma mia!«
Crestina hatte das Gefühl, dass sie jeden Abend und jeden Morgen Gott danken müsse für ihr Leben, auch wenn es ihr an manchen Tagen kompliziert erschien. »Gibt es eigentlich für solche Dinge, die du da machst, nicht diesen Faktor – oder täusche ich mich da?«
Margarete häufte die misshandelten Buchführungsblätter zornig auf einen Stapel und glättete die umgebogenen Ecken.
»Du wirst dich natürlich vermutlich neulich bereits gewundert haben, dass ich dir nichts von ihm erzählt habe«, sagte sie dann erregt, »aber ich konnte es einfach nicht. Sie haben diesen Faktor, den sie in Nürnberg für das Geschäft eingestellt haben – das sagen sie zumindest –, wegen mir ins Geschäft genommen und nicht wegen seiner Kenntnisse über die Abgaben und Zölle von Stahl und gezaintem Eisen, da bin ich ganz sicher. Und ich bin ebenfalls sicher, dass sie den Termin für die Hochzeit bereits festgelegt haben. Und dass es bei allen schon eine beschlossene Sache ist, dass ich bis in einem Jahr bereits eine Kindbetterin bin, daran besteht auch keinerlei Zweifel.«
»Eine was?«, fragte Crestina verblüfft.
»Nun, sie erwarten, dass ich mich sofort ab der so genannten Hochzeitsnacht dafür bereitmache. Und dann erwarten sie weiterhin, dass da jedes Jahr weitere Erben heranwachsen. Selbstverständlich männliche. Diese schwächlichen Mädchen, die Lukas da produziert hat mit
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