Stadt der Blumen strava3
Seidenanzug und eine umwerfende langbeinige bronzefarbene, junge Frau, die ungeschickt auf einem Küchenstuhl hockte und Remy auf dem Schoß bzw. auf ihrem Minirock sitzen hatte. Rosalind wirkte wie benommen. Vorstellen musste sie die beiden allerdings nicht. Sky erinnerte sich an die Artikel in der Pop-Zeitschrift, die er gelesen hatte, als er elf gewesen war. Er spürte, wie sich alles in ihm sträubte.
»Hallo, Sky«, sagte Warrior verlegen.
Sky konnte nichts erwidern. Was sollte er nach siebzehn Jahren auch sagen? Ins
tinktiv trat er neben Rosalind und musste daran denken, wie der Sänger seine Bitte vor drei Jahren einfach ignoriert hatte.
Loretta streckte eine vollendet manikürte Hand mit blutroten Nägeln aus und Sky drückte sie fasziniert. »Ich habe erst kürzlich gehört, dass es dich gibt«, sagte sie zu ihm. »Genauer gesagt, gestern. Es tut mir Leid. Wenn Rainbow mir etwas gesagt hätte, hätte ich dich längst mal zu uns in die Staaten eingeladen.«
»Ich wäre bestimmt nicht gekommen«, erwiderte er rasch, obwohl er ihre Offenheit schätzte. »Ich hätte Rosalind doch nicht allein gelassen.«
»Ich verstehe«, sagte Warrior. »Du willst nichts mit mir zu tun haben, und das kann ich dir auch nicht vorwerfen. Aber ich wollte doch wenigstens nicht sterben, ohne alle meine Söhne zu kennen.«
»Du stirbst also?«, fragte Sky ungerührt. »Was geht mich das an? Dich hat es ja auch nicht gekümmert, dass Rosalind krank war.«
Alle sahen ihn gleichermaßen verständnislos an. »Weißt du nicht? Als ich dir den Brief geschrieben habe?«, setzte Sky erklärend hinzu. »Und dich gebeten habe einen guten Arzt für sie aufzutreiben.«
Warrior schüttelte den Kopf. »Hab nie einen Brief gekriegt«, sagte er. »Du hast mir ja gar nie geschrieben, dass du krank warst«, wandte er sich an Rosalind.
»Es geht schon wieder besser«, sagte sie. »Es war eine Weile ganz schön hart für Sky – ich hatte CFS.« Warriors Gesicht verriet eindeutig, dass er nicht wusste, wovon sie redete. Sky spürte, wie sich in seinem Magen ein Knoten löste. Es klang, als ob Warrior und Rosalind heimlich in Kontakt geblieben waren.
»Das tut mir Leid«, sagte der Sänger. »Es tut mir Leid, dass ich den Brief nicht bekommen habe und dass deine Mutter krank war – und vor allem, dass ich so ein mieser Vater war. Aber sie hat wirklich gesagt, dass sie dich alleine großziehen wollte. Und sterben tu ich auch nicht – ich wollte dich nur mal in Fleisch und Blut sehen. All die Fotos sind ja prima, aber das ist doch nicht dasselbe.«
Er zog einen Umschlag vor und kippte einen Stapel Fotos auf den Tisch. Sky sah sein ganzes Leben in wirrer Reihenfolge vor sich ausgebreitet, angefangen von dem rundlichen braunen Baby bis zu dem hochgeschossenen Teenager. Die Bilder waren alle zerfleddert an den Rändern, vor allem die älteren, als ob sie oft herausgenommen und betrachtet worden seien. Zum ersten Mal entdeckte Sky, dass er seinem Vater ähnlich sah.
Das ganze Wochenende regnete es weiter in Giglia. Dann kam, wie durch ein Wunder, am Ostersonntagnachmittag die Sonne heraus und die Stadt begann in der Frühlingswärme zu dampfen.
»Gott sei gelobt!«, sagte der Papst, der in seiner Kutsche unterwegs nach Giglia war.
»Der Göttin sei Dank!«, sagten die Handwerker und Händler, die mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt waren. Sie arbeiteten bis spät in die Nacht, egal, ob es Ostersonntag war, trugen Tische auf die Piazza Ducale hinaus, pflückten Blumen und arrangierten sie, breiteten bunte Tücher und Fahnen der Chimici aus, schufen phantasievolle Kreationen aus Zucker und Marzipan.
Der Montag zog freundlich und klar herauf, zur Erleichterung der Stallburschen und Waffenkämmerer und aller jungen Männer, die an dem Turnier teilnehmen sollten. Sky und Nicholas trafen schon früh auf der Piazza ein und kamen mit Lucien und Georgia unter der Loggia mit den schönen Statuen zusammen. Sie wollten gute Plätze für das Turnier bekommen, auch wenn ihr Favorit, Prinz Gaetano, nicht teilnahm.
Der hatte zwei Tage zuvor seine Braut begrüßt. Sein Arm war noch in der Schlinge gewesen. Francesca hatte aufgeschrien, als sie ihn sah, aber er hatte ihr versichert, dass es ihm bis Dienstag wieder besser gehen würde und dass er sie mit zwei intakten Armen heiraten würde. Der Herzog war erbost, als er von dem Angriff der Nucci erfuhr, doch Gaetano und Beatrice hatten ihn überredet vor den Hochzeiten keine Rache zu nehmen.
»Sie
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