Stadt der Blumen strava3
halte.«
»Was um alles in der Welt ist denn mit deinem Arm passiert?«, sagte Rosalind, als sie Sky aufweckte. Sky war so erleichtert in seinem eigenen Bett aufzuwachen, dass er einige Minuten brauchte, bis er begriff, was sie mit seinem Arm meinte. Ein sehr unmodern aussehender Verband war darum gewickelt und er stellte fest, dass das Gewebe um die Wunde angeschwollen war.
»Hab beim Fechten eine Schnittwunde abgekriegt«, sagte er. Etwas Besseres fiel ihm nicht ein. »Aber warum hast du gestern Abend denn nichts gesagt?«, fragte seine Mutter. »Lass mal sehen, ob es genäht werden muss. Dann müssen wir nämlich damit ins Krankenhaus.«
»Es ist genäht worden, Mum. Mach doch kein Theater«, sagte Sky. Erfühlte sich schrecklich elend – er war todmüde und sein Arm pochte –, aber er musste herausfinden, wie es bei Nicholas stand, und irgendwie den Tag in der Schule überstehen.
»Was soll das heißen?«, fragte Rosalind. »Wann warst du denn im Krankenhaus?«
Die Antwort blieb ihm erspart, weil das Telefon läutete. Benommen setzte er sich auf und rieb sich den Arm. Remy kam und stieß ihn mit dem Kopf an. Sky hatte das Gefühl, in Tränen ausbrechen zu müssen – eine verspätete Schockreaktion, nahm er an. Ihm dämmerte allmählich, dass er in Talia hätte umgebracht werden können, erstochen wie Carlo. Er konnte das Bild des toten Prinzen nicht aus seinem Gedächtnis vertreiben.
»Also, jetzt reicht’s!«, sagte Rosalind von der Tür her. »Schluss mit dem Fechten! Da war gerade Vicky Mullholland am Telefon. Sie sagt, dass Nicholas auch verwundet ist und ihr nicht erzählen will, wie es passiert ist. Ihr geht heute beide nicht in die Schule und wir nehmen euch zum Arzt mit. Ich will, dass sich jemand anguckt, wie das genäht ist – Nick hat zu Vicky gesagt, dass er ebenfalls genäht worden ist.« Sie ließ ihn jedoch erst mal frühstücken und er hatte einen Bärenhunger. Es gelang ihm, Alice auf ihrem Handy anzurufen.
»Wie war die Hochzeit?«, fragte sie. »Schrecklich«, flüsterte er. »Uns geht es gut, aber Nick und ich sind beide verwundet worden und sein Bruder Carlo ist getötet worden.«
»Verwundet?«, sagte Alice und zog scharf die Luft ein. »Aber ist alles in Ordnung? Was ist denn passiert?«
»Es geht mir gut, aber Mum ist misstrauisch geworden. Es sind noch mehr Menschen verletzt worden – ich kann jetzt aber nicht mehr erzählen. Mum und Vicky bringen Nick und mich zum Arzt. Georgia soll dir alles erzählen und ich melde mich nach der Schule!«
Silvia sah aus dem Fenster des Waisenhauses über die dunkle Stadt. Sie machte sich inzwischen keine Sorgen mehr um Arianna; selbst Barbara schlief friedlich, nachdem ihre Wunde genäht worden war. Aber es würde eine lange Nacht werden ohne Licht in der Stadt, ohne wärmende Feuer im Ospedale und ohne Speisen. Doch auf einmal konnte sie nicht glauben, was ihre Augen erblickten, und sie blinzelte verwundert.
Fürst Jacopo stand am Bug eines großen Kahns, der von Fackeln erleuchtet und mit Vorräten beladen war. Am Heck stand eine hoch gewachsene dunkle Gestalt, die einen rotglühenden Stein emporhielt.
»Rodolfo!« Silvia eilte nach unten, ihm entgegen.
Der Kahn war zu groß, um durch das Eingangstor zu passen, also nahm man das kleine Ruderboot, das Georgia gefunden hatte, um die Leute und die Vorräte nacheinander ins Waisenhaus zu schaffen. Jacopo überließ es seinen Leuten, abzuladen, und verlangte zu seinen Töchtern gebracht zu werden. Lucia warf sich ihm in die Arme und weinte zum ersten Mal richtig. Jacopo war entsetzt über den Anblick seiner Töchter in Nonnentracht, denn es erinnerte ihn an seine Schwestern. Er wusste, dass Lucias Bräutigam tot war, doch zu seiner Erleichterung war wenigstens Alfonso am Leben und kümmerte sich um Bianca.
»Wo sind die anderen Prinzessinnen?«, fragte er Beatrice.
»Bei ihren Männern«, antwortete sie. »Ach, Onkel, wir wissen nicht, ob Luca und Gaetano die Nacht überstehen werden.«
»Wir haben Essen und Getränke und trockene Kleider und Decken mitgebracht«, sagte Jacopo. »Der Regent von Bellezza hat dabei geholfen. Ihr dürft den Mut nicht sinken lassen. Morgen sieht alles schon besser aus.«
»Für mich nicht«, sagte Lucia. »Für mich wird nie mehr etwas besser aussehen.«
Rodolfo ging von Zimmer zu Zimmer, legte seinen Feuerstein in die Kaminstellen und erwärmte damit die Säle. Er fand Arianna in unruhigem Schlaf auf dem Boden neben Barbaras Bett und legte ihr eine
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